In der Praxis bedeutsam dürfte auch das Entleihen von Arbeitsgeräten für handwerkliche Arbeiten daheim oder Dienstfahrzeugen für private Umzüge sein. Sichere dich vorher ab (am besten schriftlich oder per E-Mail), dass dir die Nutzung erlaubt wurde. Wichtig ist, dass eine vertretungsberechtigte Person für den Arbeitgeber erklären muss, dass du etwas privat nutzen darfst. Die Zustimmung deiner Kolleg*innen reicht nicht. Klar sein muss auch, dass du für die entliehenen Gegenstände dem Arbeitgeber gegenüber verantwortlich bist und bei Verlust oder Beschädigung Schadensersatz zu leisten hast.
Wie ist die Lage bei der Mitnahme von Essen und Getränken?
Sehr kritisch ist auch das Mitnehmen von Essen und Getränken aus den Beständen des Arbeitgebers. Darf die Bäckereifachverkäuferin einfach so die am Abend nicht verkauften Backwaren an sich nehmen? Darf der Kellner, der den ganzen Tag über in der Arbeit nichts getrunken hat, Getränke für den Feierabend einpacken?
In diesem Fall kommt es wieder genau auf die vor Ort getroffenen Regelungen an. Ohne Erlaubnis keine Mitnahme. Aus steuerlichen Erwägungen könnte der Betrieb Ärger bekommen, wenn das Finanzamt zu viel Schwund feststellt und daher die ordnungsgemäße Buchführung anzweifelt. Die fehlenden Warenbestände würden im schlimmsten Fall als verkaufte Getränke und Artikel laut Preisliste behandelt. Dein Betrieb müsste also Einnahmen versteuern, die er gar nicht hatte.
Von daher gibt es in den meisten Betrieben klare Regelungen – leider oft nicht schriftlich fixiert, was im Streitfalle zu Beweisproblemen vor dem Arbeitsgericht führt. Allerdings betrifft diese Unsicherheit auch die Arbeitgeberseite und könnte sich prozessual als Bumerang erweisen.
Grauzonen und Beweisbarkeit von Pflichtverstößen
Problematisch ist, dass in vielen Arbeitsverträgen die private Verwendung von Diensteigentum streng verboten ist – im Büroalltag jedoch bekannt ist und auch geduldet wird. Insoweit unterscheiden sich die auf Papier vereinbarten und die konkret im Miteinander gelebten Werte und Regeln, was eine Grauzone schafft, in der die Beteiligten gar nicht genau wissen, was richtig und was falsch ist. Möglicherweise könntest du dich im Streitfall auf den Rechtfertigungsgrund der Einwilligung oder mutmaßlichen Einwilligung berufen.
Kannst du beweisen, dass der Arbeitgeber beziehungsweise dessen Führungskräfte deinen unerlaubten Privatgebrauch kannten und duldeten, macht dies Sanktionen gegen dich schwieriger. Das Argument "Das tun doch alle", zieht dabei nicht: Du hast keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.
Pflichtverstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten muss immer der beweisen, der sie geltend machen will. Hier ist also dein*e Arbeitgeber*in gefordert. Fallen die Regelungen im Arbeitsvertrag und die konkrete Realität des Büroalltags auseinander, muss es dir gelingen, den entsprechenden Gegenbeweis zu führen. In Betracht kommen hier Zeugenaussagen deiner Kolleg*innen. Aber überlege selbst, wie sicher du dich darauf verlassen kannst, dass andere Beschäftigte vor Gericht gegen euren gemeinsame*n Arbeitgeber*in aussagen. Besser wäre es daher, für alle auf eine Klärung zu dringen, was im Büro erlaubt und verboten ist – und dies möglichst schriftlich fixiert zu bekommen.
Fazit: Was tun, wenn's Ärger gibt?
Bist du erwischt worden, wie du dich widerrechtlich am Eigentum des Betriebs bedient hast, sind arbeitsrechtliche Sanktionen wie Abmahnung, ordentliche und außerordentliche (fristlose) Kündigung denkbar. Ebenfalls Verlust von Privilegien, Führungsposition, Dienstwagen oder Versetzung in eine andere Filiale.
Allerdings kommt hier wieder der schon oben erwähnte Schutz der Arbeitnehmer*innen zum Tragen. Nur weil du nachweislich gegen deine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hast, bist du nicht sofort deinen Job los oder musst jede Reaktion deines Betriebs hinnehmen.
Sollte es zu Problemen mit deinem Arbeitgeber oder deiner Arbeitgeberin kommen, suchst du am besten einen Fachanwalt oder eine Fachanwältin für Arbeitsrecht auf. Als Gewerkschaftsmitglied kannst du dich im Rahmen deiner Mitgliedschaft auch dort beraten lassen.