Bemerkenswerte Unterschiede: Im Fokus der Prognos Befragung standen Väter und Geschäftsleitungen. Dabei ergaben sich an einem Punkt große Unterschiede in der Wahrnehmung. Gefragt nach einer Selbsteinschätzung der Chefs zur Väterfreundlichkeit des Betriebes sehen sich 63 Prozent als "sehr väterfreundlich". Weitere 31 Prozent stufen sich "teilweise" als väterfreundlich ein. Kein Unternehmen gab an, "überhaupt nicht väterfreundlich" zu sein. Die Einschätzung der Väter ist dagegen eine völlig andere: Sie bewerten das Unternehmen, in dem sie arbeiten, deutlich seltener als "sehr väterfreundlich". Bei ihnen sind es gerade einmal 38 Prozent. Weitere 45 Prozent sagen, dass der Betrieb "teilweise väterfreundlich" ist. 14 Prozent der Väter finden ihr Unternehmen "wenig" und drei Prozent "überhaupt nicht" väterfreundlich.
Betriebsbindung funktioniert besser bei väterfreundlichen Betrieben
Diese Wahrnehmungsunterschiede zwischen den Unternehmen und Vätern sind erklärungsbedürftig. Prognos vermutet, dass Unternehmen ihre Selbsteinschätzung aus Sicht auf die vorhandenen Angebote abgeben. Väter bewerten hingegen stärker mit Blick auf das, was ihnen fehlt und beziehen sich auf eigene Erfahrungen. Das Bild, das Väter vom Betrieb haben, hat Auswirkungen: Von den Vätern, die ihr Unternehmen als sehr väterfreundlich bewerten, gibt ein überdurchschnittlich hoher Anteil (67 Prozent) an, noch nie über einen Arbeitgeberwechsel nachgedacht zu haben.
Diejenigen, die ihr Unternehmen schlechter sehen, denken häufiger über einen Wechsel nach. Die Betriebsbindung der Väter ist also eng verknüpft mit der Wertschätzung, die sie im Betrieb als Väter erfahren. Für Unternehmen ist dies eine große Chance: Mit einer Personalpolitik, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt, können sie bei ihren Beschäftigten punkten und sie an sich binden. Gleichzeitig steigern sie damit ihre Attraktivität als Arbeitgeber im Wettbewerb mit anderen.
Aber wissen die Betriebe überhaupt um die Bedeutung des Aspekts Väterfreundlichkeit? Rund 56 Prozent der Unternehmen sind vorsichtig optimistisch, dass sie mit ihren Angeboten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf einen Vorteil im Wettbewerb haben. Und: 75 Prozent geben an, dass die Vorgesetzten den Punkt im Arbeitsalltag beachten.
Das Spiel mit den Geschlechterrollen will gekonnt sein
Traditionelle Rollenbilder von Vätern und Müttern bestehen in vielen Betrieben unverändert fort. Darüber sollte sich niemand hinwegtäuschen. Betriebe müssen dabei aufpassen, dass sie die Verschiebungen bei den Geschlechterrollen mitbekommen und darauf richtig reagieren. Sind die Seismografen stumpf, kann es ihnen so passieren wie der Supermarktkette Edeka.
Zum Muttertag hat der Supermarkt einen Spot produziert, der Frauen in ihrer "klassischen Rolle" feierte. Das in schwarz-weiß gehaltenes Werbe-Video zeigt Väter in Alltagssituationen mit ihren Kindern: Sie hören nicht zu, einer wirft einem Kind den Ball ins Gesicht, sodass es anfängt zu weinen. Einen Mixer bedienen können sie allemal nicht. Zu hören sind Kinder, die sich aus dem Off wortreich bedanken, für die Zeit, Einfühlsamkeit und das Zuhören.
Zu sehen sind jedoch Männer, die in Alltagssituationen an ihrer Aufgabe als Väter scheitern. Ganz am Ende sagt ein Kind: "Danke, Mama, dass du nicht Papa bist". Der Werbe-Spot löste im Netz einen Shitstorm aus. "Edeka, ich gehe nie wieder bei euch einkaufen. Mein Vater ist der Beste." Ein anderer User schrieb: "Als Vater bin ich entsetzt. Und Tschüss, Edeka."
Fazit
Um das Risiko des Arbeitsplatzwechsels zu mildern, können Unternehmen ihre Personalpolitik stärker auf die Erwartungen von Vätern ausrichten. Das bisherige Engagement von Unternehmen reicht dazu aber nicht aus: Zum einen überschätzen Unternehmen ihre Väterfreundlichkeit. Zum anderen sind konkrete Maßnahmen nur wirksam, wenn sie in eine entsprechende Unternehmenskultur eingebettet sind. Dazu gehört, dass die Betriebe die Anliegen der Väter thematisiert und ernst nehmen. Und traditionelle Rollenbilder überwinden.