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9-Euro-Ticket: Wegen vollen Zügen zu spät auf der Arbeit - selbst schuld? - Das sind deine Rechte und Pflichten

Wer mit dem Zug zur Arbeit fährt, geht in der aktuellen Zeit das Risiko ein, zu spät zu kommen. Doch wie geht man damit um, wenn man dadurch deutlich verspätet oder gar nicht zur Arbeit kommt?
Verspätungen, überfüllte Wagons, Ausfälle: Berufspendler*innen leiden unter dem gestiegenen Verkehrsaufkommen seit Einführung des 9-Euro-Tickets.
Verspätungen, überfüllte Wagons, Ausfälle: Berufspendler*innen leiden unter dem gestiegenen Verkehrsaufkommen seit Einführung des 9-Euro-Tickets. Foto: CC0 / Pixabay / Skitterphoto
  • Arbeitnehmer*innen dürfen nur in seltenen Fällen zu spät kommen
  • Verspätungen können Grund für eine Abmahnung sein
  • Sind Probleme mit der Bahn bekannt, müssen Alternativen gewählt werden

Für Berufspendler*innen bedeutet die Einführung des 9-Euro-Tickets zusätzlichen Stress. Doch sich einfach auf die Probleme der Bahn zu berufen und deshalb deutlich später oder sogar gar nicht am Arbeitsplatz zu erscheinen, geht nicht. 

9-Euro-Ticket boomt

Das 9-Euro-Ticket boomt: Wer aktuell im öffentlichen Personennahverkehr unterwegs ist, braucht daher auf manchen Strecken starke Nerven. Das Interesse am 9-Euro-Ticket ist enorm, allein in den ersten drei Wochen nach Verkaufsstart wurden 16 Millionen 9-Euro-Monatskarten verkauft. Dazu kommen noch mal rund 10 Millionen Menschen, die ohnehin ein Abo für Bus und Bahn haben. Rund ein Viertel der Bevölkerung nutzt also aktuell die Bahn als Fortbewegungsmittel.

Regionalbahnen sind dadurch vor allem am Wochenende ziemlich überlastet. Die Zahl der Menschen, die täglich mit dem Zug fahren, ist durch das 9-Euro-Ticket um 50 % gestiegen. Dabei nutzen die meisten Menschen das 9-Euro-Ticket, um Ausflüge zu unternehmen. Daher sind die Züge insbesondere am Wochenende besonders voll. Klassische Pendelstrecken sind jedoch ebenfalls betroffen, viele Menschen verzichten aktuell darauf, den Weg zur Arbeit mit dem Auto zurückzulegen.

Das günstige Ticket und die gestiegenen Spritpreise machen das Angebot attraktiv. Das führt jedoch aktuell immer wieder dazu, dass Züge ausfallen, stark überlastet sind oder verspätet ankommen. Pünktlich im Büro anzukommen, kann dadurch momentan zu einer echten Herausforderung werden.

Was tun, wenn du deshalb zu spät zur Arbeit kommst?

Als Arbeitnehmer*in bist du immer die Person, die das Wegerisiko trägt. Als Beschäftigte*r bist du selbst dafür verantwortlich, pünktlich am Arbeitsplatz anzukommen. Kommst du zu spät, riskierst du unter Umständen eine Abmahnung oder ein Ausbleiben der Lohnzahlung, sofern dein*e Arbeitgeber*in nicht rechtzeitig informiert wurde.

Wenn sich Verspätungen ankündigen und auch die Dauer einschätzbar ist, dann solltest du als Beschäftigte*r deine*n Arbeitgeber*in sofort darüber informieren und auch auf dem Laufenden halten. Ein Anruf bietet sich dafür genauso an wie eine Mail. Die Verspätung im Rahmen eines Streiks ist dagegen nur dann vertretbar, wenn es sich um eine plötzliche Arbeitsniederlegung handelt. Auch das erhöhte Verkehrsaufkommen rund um das 9-Euro-Ticket ist bekannt, weshalb eine Verspätung nicht zwingend vertretbar ist.

Weißt du im Vorhinein, dass es aufgrund eines Streiks oder hoher Auslastungen zu Verzögerungen kommen kann, dann musst du dich im Vorfeld um Alternativen kümmern und hast kein Recht darauf, zu spät zu kommen.

Bist du selbst schuld oder muss es dein*e Arbeitgeber*in akzeptieren?

Gerade wenn Verspätungen absehbar sind, darfst du dich als Pendler*in nicht einfach auf die Bahn verlassen. Alternativen sind beispielsweise das Auto, der Schienenersatzverkehr oder das Fahrrad. Als Arbeitnehmer*in muss alles unternommen werden, um rechtzeitig auf der Arbeit zu erscheinen.

Dabei kommt es natürlich auf den Einzelfall an: Eine Reinigungskraft muss nicht zwingend 200 € für ein Taxi ausgeben. Anders sieht es bei Personen in Führungsposition aus, die zum Beispiel einen Brutto-Monatslohn von 15.000 € beziehen. Hierbei ist es gerechtfertigt, zu verlangen, dass mit dem Taxi zur Arbeit gefahren wird.

Als Arbeitnehmer*in muss man immer pünktlich zur Arbeit kommen, auch bei Wind und Wetter und ebenso trotz Überlastung durch das 9-Euro-Ticket. Diese ist bekannt und kein Grund für Unpünktlichkeit. Kommt es auf der gewählten Strecke immer wieder zu Problemen, muss sich nach Alternativen umgeschaut werden. 

Welche Rechten und Pflichten hast du als Arbeitnehmer*in?

Wie du pünktlich zur Arbeit kommst, ist deine Sache als Arbeitnehmer*in. Als Ausnahmen gelten lediglich unvorhergesehene Ereignisse, wie ein Unfall, ein nicht vorhergesagter Wintereinbruch oder ein unangekündigter Streik. In diesen Fällen wird die Verspätung immer entschuldigt, die Rechtsgrundlage hierfür ist § 616 BGB. Kommst du aus anderen Gründen zu spät, kann dein*e Arbeitgeber*in den Lohn kürzen, außer im Tarifvertrag steht etwas anderes.

Theoretisch ist es sogar ein Abmahnungsgrund, wenn die Arbeit um 8 Uhr beginnt, du als Arbeitnehmer*in jedoch 5 Minuten später erscheinst. In der Praxis suchen die meisten Arbeitgeber*innen dagegen zunächst das Gespräch und drohen nicht direkt mit Abmahnungen. Dazu kommt es eher, wenn Mitarbeiter*innen öfter unentschuldigt oder sogar mehrere Stunden zu spät kommen. Bei flexiblen Arbeitszeiten hingegen kann man die verpasste Arbeitszeit als Arbeitnehmer*in einfach nacharbeiten, hier gibt es keine Grundlage für eine Abmahnung.

Vor einem Arbeitsgericht macht es jedoch definitiv einen Unterschied, ob verschlafen wurde oder aufgrund eines Unwetters der Weg versperrt war. Hat man als Mitarbeiter*in ehrlich versucht pünktlich zur Arbeit zu kommen, dann bekommt man vor Gericht in der Regel auch recht.

Fazit

Insgesamt ist eine Verspätung durch die Überlastung der Bahn im Rahmen des 9-Euro-Tickets also keine zulässige Ausrede, um zu spät auf der Arbeit zu erscheinen. Dieses Risiko ist bekannt und es muss sich frühzeitig um Alternativen gekümmert werden.