Technische Innovationen werfen häufig neue Rechtsfragen auf. Mit den Antworten beschäftigen sich seit sieben Jahren Juristen an der Uni Würzburg.
Selbstfahrende Autos - ein Gedanke, der bei den Deutschen mehr und mehr auf Begeisterung stößt. Nach einer aktuellen Umfrage des Digitalverbands Bitkom sind 61 Prozent der Befragten bereit, sich kein eigenes Auto mehr zu kaufen, wenn es flächendeckend möglich wäre, kurzfristig - etwa per Smartphone - selbstfahrende Wagen zu rufen.
Technisch ist vieles schon möglich. Doch es bleiben Fragen. Wer übernimmt eigentlich die Verantwortung, wer haftet in einer Welt, in der Autos ohne Fahrer auskommen?
Seit 2010
An der Universität Würzburg beschäftigt sich eine Handvoll junger Juristen rund um den Strafrechtsprofessor Eric Hilgendorf mit genau solchen Fragen. Hilgendorf hat 2010 in Würzburg die Forschungsstelle Robot-Recht gegründet. Bei einer Sitzung an der Hochschule war er zuvor mit dem Robotik-Experten Klaus Schilling ins Gespräch gekommen. Der Würzburger Informatikprofessor, bundesweit bekannt durch sein Kleinsatelliten-Forschungsprojekt mit Namen UWE, hatte damals ein Problem. Sein am Lehrstuhl entwickelter Rollstuhl "Scooter", der sich automatisiert fortbewegen konnte, bekam aus rechtlichen Gründen nicht die Erlaubnis, auf Würzburgs Straßen zu fahren. Haftungsfragen mussten erst geklärt werden.
Auch in der Medizin
Aus diesem Projekt heraus kam die Idee, eine feste Forschungsstelle zu etablieren. Professor Hilgendorf und seine Mitarbeiter beschäftigen sich dabei nicht nur mit selbstfahrenden Autos. Überall dort, wo Industrieroboter Seite an Seite mit Menschen arbeiten, tauchen bei einem Unfall, bei dem ein Mensch verletzt wird, Haftungsfragen auf. Aber auch in der Medizin sind solche Fälle denkbar. Herzschrittmacher, künstliche Glieder oder künftig auch künstliche Sinnesorgane - eine Mensch-Maschine-Verbindung, die ethisch und juristisch Neuland entstehen lässt.
Angst vor dem Datensammeln
"Die Technik soll dem Menschen dienen, nicht umgekehrt. Solange dieser Grundsatz gewahrt wird, ist technische Innovation positiv zu bewerten", sagte Hilgendorf bei einer Tagung des Deutschen Verkehrssicherheitsrats in Berlin. "Man muss aufpassen, dass Errungenschaften des Rechts nicht der technischen Entwicklung geopfert werden."
Der Würzburger Professor verweist auf die Vernetzung von vollautomatisierten Fahrzeugen und die Gefahr von Hackerangriffen. Damit spricht er eine Befürchtung an, die sich auch in der jüngsten Bitkom-Umfrage zeigt: Rund 60 Prozent der Teilnehmer haben Angst vor technischen Problemen oder davor, dass die vernetzten Fahrzeuge gehackt werden könnten.
Teststrecke auf der A 9
Ende Januar hat das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verabschiedet. Danach dürfen automatisierte Systeme im Auto Fahraufgaben übernehmen. Eine Teststrecke dafür gibt es seit Mai 2015. Nicht irgendwo auf einer abgeriegelten Straße, sondern auf der A 9 zwischen Ingolstadt und Nürnberg. Die Haftungsfrage ist Experten zufolge aber noch längst nicht endgültig geklärt.