Ulrich Honeker ist Doktorand an der Forschungsstelle Robot-Recht in Würzburg. Der Jurist beschäftigt sich mit den Haftungsrisiken bei autonomem Fahren.
Herr Honeker, Roboter und Recht - ist das noch eine Grauzone?Ulrich Honeker: Es wird wahrscheinlich immer eine Grauzone bleiben. Roboter und Recht entwickeln sich unabhängig voneinander - leider. Das Recht ist eher festgesetzt und die Entwicklung von Robotern immer im Wandel. Wir versuchen das zusammenzuführen.
Kommen Sie da überhaupt noch nach?Es wird zunehmend schwerer.
Wie gehen Sie dann vor?Wir suchen uns immer ganz spezielle Teilbereiche heraus, von denen wir glauben, dass sie besonders relevant sind.
Welche Fragen sind aktuell relevant?Automatisiertes Fahren und sogenannte Kollisionsvermeidungsassistenten. Zum Beispiel gibt es da das Problem der Dilemmasituation. Ein Fahrzeug fährt auf eine Unfallsituation zu und hat nur folgende Möglichkeiten: entweder zwei Personen links oder eine Person rechts oder den Fahrer zu töten. Da stellt sich die Frage: Wie soll das Fahrzeug programmiert werden, wenn es keine andere Alternative gibt?
Ist diese Frage inzwischen geklärt?Die ist im Kern schon über 2000 Jahre alt und immer noch nicht geklärt. Der Fall zeigt, dass das rechtlich Erklärbare auch an seine Grenzen stoßen kann. Da bleibt nur die sozial verträglichste Lösung und der Versuch, diese Lösung mit dem geltenden Recht in Einklang zu bringen.
Wie schaut die Lösung aus?Ein Ansatz ist, eine Abstufung im Unrecht vorzunehmen. Jedes Menschenleben ist das höchste Gut, das es zu schützen und zu achten gilt. Dennoch wird eine Lösung bevorzugt, die weniger Leid im Gesamten entstehen lässt. Quasi ein Weniger im gesamten Unrecht. Also würde im Ergebnis die einzelne Person rechts getötet werden.
Jetzt geht es bei Recht und Digitalisierung nicht immer nur um Leben und Tod. Was treibt die Juristen aktuell um?Ein ganz heißes Eisen ist natürlich der Datenschutz. Zum Beispiel zielen die Hersteller von Autos auf die Datenhoheit ab. Sie wollen so viele Daten wie möglich sammeln, um sich auch gegen amerikanische Datensammler-Konkurrenten zur Wehr zu setzen. Was passiert mit diesen Daten, wem gehören diese Daten, und kann ich als Bürger etwas gegen dieses Sammeln von Daten unternehmen? Das sind Fragen, die geklärt werden müssen. In der Bevölkerung muss auch ein Verständnis dafür entstehen, dass man auf seine Daten aufpasst.
Da ist Nachholbedarf.Auf jeden Fall. Wir Juristen sehen da große Schwierigkeiten. Die gesammelten Daten sind mehr und mehr personifizierbar.
Das geplante Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes im Hinblick auf autonomes Fahren sieht in Paragraf 63 a vor, dass Daten, die das Auto gesammelt hat, herausgegeben werden müssen, wenn eine Partei glaubhaft versichert, haftungsrechtliche Ansprüche darauf aufbauen zu können. Das heißt, es kann passieren, dass das eigene Fahrzeug zur beweisrechtlichen Zeitbombe gegen einen selbst wird.
Wann glauben Sie, dass automatisiertes Fahren flächendeckend kommen wird?Da scheiden sich die Geister. Sehr optimistische Aussagen gehen von 2021 aus, realistischere von 2030 aufwärts. Der Autobahnassistent wird aber wahrscheinlich sehr bald kommen, so dass das Fahrzeug bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit selbstständig lenkt, beschleunigt und bremst und die Fahraufgabe an den Fahrer wieder überträgt, sobald man von der Autobahn abfährt. Stau- und Stop-and-go-Assistenten gibt es ja jetzt schon in neueren Modellen.
Das Gespräch führte
Matthias Litzlfelder.