Neue Maßnahmen: Siemens will Nürnberg bei Luftreinhaltung helfen

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Ein Werk des Elektronikkonzerns Siemens, aufgenommen am 11.05.2017 in Fürth. Foto: Nicolas Armer/dpa
Ein Werk des Elektronikkonzerns Siemens, aufgenommen am 11.05.2017 in Fürth. Foto: Nicolas Armer/dpa

Siemens will den Kommunen einen Ausweg aus der Abgaskrise aufzeigen, damit Luftschadstoffe und Treibhausgase nachhaltig gesenkt werden können.

Unsere Städte drohen zu ersticken. Auch Nürnberg bildet darin keine Ausnahme. "Wir haben in Nürnberg das Glück, dass wir nur geringfügig über den Grenzwerten liegen", sagt der städtische Umweltreferent Peter Pluschke (Grüne) bei der Vorstellung der Untersuchung am Mittwoch in Nürnberg.

Anders als beispielsweise die bayerische Landeshauptstadt, die die Grenzwerte um das Doppelte überschreite, würden die Werte an den schlechtesten Stellen in Nürnberg "nur" mit 15 bis 20 Prozent nicht eingehalten. Trotzdem wolle und müsse die Frankenmetropole mehr tun, um langfristig die europäischen Grenzwerte für Luftreinhaltung einhalten zu können.


Effektiver Ausweg

Siemens will den Städten mit einem intelligenten Werkzeug, das auf den Namen "City Performance Tool" hört, einen genauso effektiven wie kostengünstigen Weg aus der urbanen Abgasfalle aufzeigen. Klaus Heidinger kennt das Dilemma der Städte, die einerseits immer weniger Geld in der Tasche hätten, andererseits aber immer größere Investitionen in eine saubere Zukunft stemmen müssten.

Auf Grundlager eines "ganzheitlichen und vielschichtigen Indikator-Ansatzes" könne das "Performance Tool" für urbane Luftreinhaltung ein komplettes Maßnahmenbündel für jede Stadt individuell erarbeiten. Dieses Maßnahmenpaket soll laut Projektleiter Florian Ansgar Jaeger "mittel- bis langfristige Steigerungen der Luftqualität in signifikantem Umfang" erlauben.

Für Nürnberg, sagt Jaeger, habe die zwölfmonatige Untersuchung drei Lösungsvorschläge hervorgebracht, die sich vor allen Dingen durch ihre Effizienz auszeichnen würden. Erstens: Einführung einer City-Maut. Zweitens: Ausweisung einer Umweltzone. Drittens: Schaffung eines extrem erschwinglichen Nahverkehr-Jahrestickets für Jedermann zum Schnäppchenpreis von 365 Euro pro Jahr.


City-Maut scheint nicht machbar

Der grüne Umweltreferent Pluschke sieht sich durch die Ergebnisse der Studie in seinen politischen Zielvorstellungen durch den Technologie-Konzern weitgehend bestätigt. Die Einführung einer City-Maut sei allerdings mit dem Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) schon deshalb nicht zu machen, weil dieser nach der Einführung einer neuen kommunalen Einnahmequelle (wie eine City-Maut) befürchten müsse, vom Bund weniger Zuschüsse (beispielsweise zum Ausbau des Nahverkehrs) zu bekommen, sagt Pluschke während nebenan Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim Deutschen Städtetag in Nürnberg versucht, die kommunalen Integrationskosten klein zu reden.

Die Einführung einer Umweltzone kann sich Pluschke dagegen schon in naher Zukunft vorstellen. Die müsste allerdings "modern" sein und auf eine neue, blaue Umweltplakette für Kraftfahrzeuge setzen. Das sei wichtig, weil die "klassischen Plaketten" wie "Euro 5" durch "die Tricks der Autobauer" keine Verbesserung der urbanen Luft versprechen könnten. Pluschke hofft darauf, dass die Industrie bald "saubere Diesel" bauen könne und die Politik in Berlin dafür bald eine neue Plakette einführen würde. Denn dann müsste Nürnberg laut Pluschke "nicht alle Diesel-Pkws" aus dem Innenstadtgürtel verbannen. "Wenn wir eine Dämpfung der Zufahrt von schlechten Diesel-Pkws erreichen, wären wir relativ rasch im grünen Bereich", ist sich Pluschke sicher.


Siemens setzt auf digitale Mautsysteme

Nicht ganz sicher ist sich Pluschke, ob und wie das mit den günstigen Tickets für den Nahverkehr zu machen sei. Schließlich säßen im fränkischen Verkehrsverbund viele Städte mit am Tisch. Und die würden sich wohl kaum ins eigene Fleisch schneiden wollen, und auf Einnahmen zum Wohle der Umwelt selbstlos verzichten. Apropos Einnahmen: Die Siemens-Studie weist die Städte auch darauf hin, dass diese mehr Radwege bauen könnten.

Wundern muss man sich allerdings nicht, wenn der Elektrokonzern den Fokus auf den Aufbau von Elektroantrieben und digitalen Mautsystemen legt. "Als globaler Infrastrukturanbieter mit einem breiten Portfolio unterstützt Siemens in der Fragestellung, wie das zunehmende Wachstum in Städten nachhaltig gelöst werden kann", stellte Klaus Heidinger vom globalen Siemens-Kompetenzzentrum für Städte klar. Radwege gehören nicht zur klassischen Produktpalette des Weltkonzerns.


Weitere Informationen

Pilotstudie: Die Studie "Nürnberg nachhaltig mobil" ist auf Basis des Siemens City Performance Tool - Air" erstellt worden zeigt Strategien auf, mit denen Nürnberg die Luftschadstoffe und Treibhausgase nachhaltig senken könnte.

Methode: Die hierin entwickelten drei Szenarien ermöglichen einen Vergleich kurzfristiger und langfristiger Maßnahmen und schaffen die Grundlagen für die Luftreinehalteplanung und Klimaplanung.

Szenario 1: Das erste Szenario "Intelligent E-Mobil" setzt auf kurz- bis mittelfristig umsetzbare Maßnahmen und verfolgt damit das Ziel, im Jahr 2020 die Stickoxidemissionen signifikant zu reduzieren. Hier wird auf eine starke Reduktion des Individualverkehrs und eine weitgehende Elektrifizierung und Erneuerung der Pkw- und Bus-Flotten gesetzt
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Szenario 2: Das zweite Szenario "Autofrei - Spaß dabei" hat zum Ziel, bis 2025 die jährlichen Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Es setzt hierzu auf einen breiten Mix an Maßnahmen, um den ÖPNV und Radverkehr attraktiver zu machen und Verkehr auf die Schiene oder das Fahrrad zu verlagern.

Szenario 3: Das dritte Szenario "Lebenswerte Stadt 2025" soll das Verkehrssystem über viele Verkehrsmanagementmaßnahmen und Infrastrukturerweiterungen bis 2025 reformieren und ein komfortables, effizientes Gesamtverkehrssystem schaffen. Das Szenario verzichtet bewusst auf City-Tolling und setzt auf Maßnahmen wie die Preissenkung des ÖPNV-Jahrestickets auf 365 Euro pro Jahr.