Mit dem Schneggla nach Lustbronn...

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Das Format ist kleiner als das seiner bisherigen Bücher. Dafür hat Ralf Nestmeyer aber viel Herz in sein jüngstes Werk gelegt: "Gefühldes Franggn". Foto: Diana Fuchs
Das Format ist kleiner als das seiner bisherigen Bücher. Dafür hat Ralf Nestmeyer aber viel Herz in sein jüngstes Werk gelegt: "Gefühldes Franggn".  Foto: Diana Fuchs

  Ralf Nestmeyer bringt fränkische Befindlichkeiten und Eigenarten auf den Punkt.

K ennen Sie die besten fränkischen Orte für ein erstes Date? Die schönsten fränkischen Kosenamen? Den bekanntesten Hochstapler Frankens? Wissen Sie, wann elf Fußballspieler aus Franken ein deutsches Länderspiel gegen Holland bestritten und auch noch gewonnen haben? Wenn nicht, dann finden Sie die Antworten hier: in Ralf Nestmeyers kleinem Buch "Gefühldes Franggn". Nestmeyer ist selbst Franke, lebt in Nürnberg. Bisher hat er vorwiegend Reiseführer und Sachbücher verfasst, jüngst auch einen Krimi. Nun hat er sich eingehend mit der fränkischen Mentalität beschäftigt.
Dazu hat er knallharte und gefühlte Fakten zusammengetragen und diese mit Humor gewürzt. Viel Text gibt es in dem kleinen, querformatigen Büchlein nicht. Dafür passt das Werk in jede Handtasche. Die Grafiken treiben so manche fränkische "Dübsache" (Typsache) auf die Spitze.


Von Gnadental über Kotzmannsreuth bis Teufelsgraben: Wer die "Top-Twenty" fränkischer Ortsnamen recherchiert hat, muss ein witziger Typ sein. Oder?
Ralf Nestmeyer: Ehrlich gesagt, ist das mein erstes Buch, in dem vorder- und hintergründiger Witz eine Hauptrolle spielt. Ich bin eigentlich eher der sachliche Recherchierer, habe zum Beispiel ein Buch über die Historie großer Hotels der Welt geschrieben.

Wie kamen Sie vom Ritz und Adlon dann zum "Gefühlden Franggn"?
Der Emons-Verlag hat bei mir angefragt, ob ich ausnahmsweise einmal wenig schreiben, aber viele Ideen liefern möchte, und zwar über die Charakterisierung der Unter-, Mittel- und Oberfranken. Das hat sich spannend angehört, zumal ich selbst unser vielseitiges Franken sehr schätze und nach meinen Reisen immer wieder gerne hierher zurückkomme. Also habe ich monatelang genau hingeschaut und hingehört. Meine Ideen hat die Kölner Grafikerin Carmen Strzelecki in übersichtliche Balken- und Tortendia-gramme gebracht.

Das Buch hat über 100 Seiten, jede beackert ein anderes Thema - mal liebevoll, mal böse. War es schwer, so viele fränkische "Dübsachen" zu finden?

Die ersten 20, 30 Ideen sind schnell aus mir herausgesprudelt. Für den Rest habe ich ein paar Monate Sammel-Zeit gebraucht.

Haben Sie dabei selbst neue Erkenntnisse gewonnen?
Oh ja, jede Menge. Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass wir so viele fränkische Orte haben, die geradezu danach schreien, als Treffpunkt für erste Dates zu dienen. Zum Beispiel Amorbach, Amorsbrunn, Burggaillenreuth, Ehe, Frauenwald, Trieb, Zänkersmühle, Freudeneck, Lustbronn...

Na, da sind ja ein paar Knaller dabei. Wie haben Sie das alles herausgefunden?
Ich habe viel online recherchiert. Sonst hätte ich wohl nie erfahren, dass am 21. April 1924 elf Spieler aus Franken die deutsche Fußballnational-Mannschaft bildeten und in Amsterdam 1:0 gegen Holland gewannen. Auch das zahlenmäßige Verhältnis von Bratwurstküchen zu Thai-Restaurants in Nürnberg wusste ich natürlich nicht - da habe ich beherzt geschätzt.

Man braucht ja auch nicht immer alles so bierernst zu nehmen - in Weinfranken tun wir das ja eh nicht...
Genau, und auch in Bierfranken nicht. Dieses Büchlein will ja vor allem eins: unterhalten. Deshalb Vorsicht: Die fränkischen Längenmaße Gottschalk-Nase, Nowitzky-Schuhlänge und Guttenberg-Tolle sind Spaß-Maße. Vieles wird einfach deshalb im Buch erwähnt, weil es skurril ist. Manches ist auch satirisch angehaucht. Beispiel Nummernschilder. Natürlich heißt "FO" nicht "Fahrender Ochse", "HAS" nicht "Hammel am Steuer" und "KG" steht nicht für "Keine Gnade". Aber manchmal passt es eben doch...

Womit hatten Sie selbst den größten Spaß beim Recherchieren?
Vor allem die "Fränkischen Philosophen" haben es mir angetan. Die markanten Sprüche reichen von Markus Söders "Wenn jemand an deinem Seil hängt und dabei ist, dich mit in den Abrund zu reißen, musst du das Seil kappen" bis hin zu Karl-Theodor von Guttenbergs Ausspruch: "Es ist wichtig, bescheiden zu bleiben, Bodenhaftung zu bewahren und die Arbeit zu machen, zu der man berufen wird."

Das zu hören, tut im Nachhinein - auf gut Fränkisch gesagt - ganz schö' arch weh!
Ja, da wird die fränkische Schmerzskala schon aktiviert. Der Karl-Theodor zu Guttenberg ist ja auch der bekannteste fränkische Hochstapler.

Sagen Sie zum Abschied noch was Nettes!
Schneggla, Waggerla, Schaddzi, Scheißerla - gibt es irgendwo schönere Kosenamen als in Franken?



ZUR PERSON: Ralf Nestmeyer

Der Historiker Ralf Nestmeyer, Jahrgang 1964, hat drei große Leidenschaften: Geschichte, Literatur und Reisen. Dutzende Bücher (Gesamtauflage 1,7 Millionen) hat er geschrieben - darunter Reiseführer über Nürnberg, Franken, England und sein Lieblingsziel, Südfrankreich. Den Mitte der 90er Jahre erstmals erschienenen "Reiseführer Franken" im Michael-Müller-Verlag gibt es mittlerweile in der 7. Auflage. Neben Sachbüchern wie "Hotelwelten" hat Nestmeyer im vergangenen Jahr den Provence-Krimi "Roter Lavendel" veröffentlicht. Ralf Nestmeyer ist verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn.