Der verurteilter Sexualmörder bekommt vom Freistaat Bayern nun doch eine Entschädigung bezahlt. Das hat ein Gericht in Nürnberg entschieden.
Der "Joggerinnen-Mörder" bekommt vom Freistaat Bayern eine Entschädigung in Höhe von 6.800 Euro zugesprochen. Das hat das Oberlandesgericht Nürnberg in zweiter Instanz für manche überraschend entschieden. "Das ist keine Paukenschlag-Entscheidung", erklärte dagegen Justizsprecher Friedrich Weitner auf Anfrage. Vielmehr sei das Gericht in Nürnberg den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EMRK) gefolgt.
Im Sommer vor 20 Jahren hatte der Mann als 19-Jähriger in Kelheim eine Joggerin erst erwürgt und sich danach an der Frauenleiche sexuell vergangen. Nachdem der heute fast 40-jährige Sexualmörder seine komplette Jugendstrafe von zehn Jahren abgesessen hatte, verhängte das Landgericht Regensburg im Jahr 2008 nachträglich eine Sicherungsverwahrung. Dagegen war der Frauenmörder bis vor den Gerichtshof für Menschenrechte gezogen.
Der Mann verweigert alle Therapie-Angebote
Die Richter in Straßburg hatten im Februar im konkreten Fall entschieden, dass eine nachträgliche Unterbringung eines Straftäters in Sicherungsverwahrung, auch wenn dieser nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde, grundsätzlich möglich ist. Schließlich hätten mehrere Gerichte und Gutachter unisono auf die fortbestehende Gefährlichkeit des "Joggerinnen-Mörders" aufgrund dessen anhaltender sexueller Gewaltfantasien hingewiesen. Der Sexualmörder soll sich im Gefängnis laut Medienberichten bislang jeder Therapie verweigert haben. Stattdessen hat er es offensichtlich vorgezogen, gegen die Anordnung der Sicherungsverwahrung juristisch vorzugehen.
Im vergangnen Sommer hatte das Landgericht Regensburg die Klage des Mörders gegen die nachträgliche Sicherungsverwahrung zunächst zurückgewiesen. Die Richter in der Oberpfalz hatten damals entschieden, dass der verurteilte Sexualmörder keinen Schadenersatz für seine nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung bekommt. Der Mann forderte eine Entschädigung in Höhe von 500 Euro pro Haftmonat. Insgesamt ging es um über 40.000 Euro, die der Verurteilte vom Freistaat vor Gericht erstreiten wollte.
Der Bundestag hat die nachträgliche Sicherungsverwahrung erst im Jahr 2004 beschlossen. Vorher musste diese bereits bei der Urteilsverkündung verkündet werden. Im Jahr 2008 hat das Nationalparlament die nachträgliche Sicherungsverwahrung auch im Jugendstrafrecht eingeführt. 2011 kippte das Bundesverfassungsgericht bereits die damals geltenden Regelungen. Daraufhin wurde das Gesetz etwas modifiziert. Deshalb verhängte das Landgericht Regensburg unter Berücksichtigung der leicht veränderten Gesetzeslage noch einmal eine Sicherungsverwahrung gegen den "Joggerinnen-Mörder".
Gegen die nachträgliche Sicherungsverwahrung von Jugendstraftätern hatte die Richter in Straßburg wie gesagt keine Einwände. Allerdings monierte der Gerichtshof für Menschenrechte, dass der Mann zunächst weiterhin in einem normalen Gefängnis und keiner speziellen Einrichtung zur Sicherungsverwahrung untergebracht gewesen sei. Die Bundesrepublik räumte ein Fehlverhalten gegenüber Artikel 5 und 7 der Menschenrechtskonvention ein und erklärte sich für den Zeitraum zwischen Mai 2011 und Juni 2013 zur Zahlung von 12.500 Euro an den Kläger bereit.
Die Nürnberger Richter folgten der Rechtsprechung des EGMR, wonach die Freiheitsentziehung einer Person wegen psychischer Krankheit rechtmäßig ist, wenn sie in einer geeigneten Einrichtung erfolgt. Da dies zwischen Juli 2008 und Mai 2011 ebenfalls nicht der Fall gewesen sei, sprachen dem Richter dem Kläger eine Entschädigung von monatlich 200 Euro zu. Mit der Summe von insgesamt 6.800 Euro blieb das Oberlandesgericht Nürnberg deutlich unter dem üblichen Entschädigungssatz von 500 Euro pro Monat.
Die Nürnberger Richter begründeten die relativ niedrige Entschädigungssumme mit dem Hinweis darauf, dass die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgericht für eine Sicherungsverwahrung während des gesamten Zeitraums der Unterbringung vorgelegen hätten. Insgesamt hatte der Sexualmörder eine Entschädigung von Höhe von 28.000 Euro gefordert.
Wenn Straftäter auch nach dem Ende ihrer Haftzeit eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen, können Gerichte eine Sicherungsverwahrung anordnen. Die Unterbringung wird regelmäßig überprüft. Sie kann jedoch immer wieder verlängert werden.
Sicherungsverwahrte dürfen nicht zusammen mit Straftätern in normalen Gefängnissen untergebracht sein. Der "Joggerinnen-Mörder" ist laut Justizsprecher Weitner auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Straubing untergebracht. Dort wurde 2014 ein neuer Gefängnisbau mit Therapie- und Freizeitbereichen für Sicherungsverwahrte gebaut. Der Neubau kostete 26 Millionen Euro und wurde in der Presse teilweise als "Luxusknast" bezeichnet. Ohne den Neubau für Sicherungsverwahrte hätte die "Freilassung hochgefährlicher Gewalt- und Sexualstraftäter" gedroht, verteidigte seinerzeit Justizministerin Beate Merk (CSU) den "freiheitsorientierten" Knast für gemeingefährliche Verbrecher.