Die 20 weltbesten Freeride-Mountainbiker kommen ab Freitag nach Nürnberg, um sich auf einen spektakulären Stadt-Parcours zu messen.
Niko Bößl wirft einen kritischen Blick auf die große Halfpipe auf dem Hauptmarkt. "Hält die Konstruktion der Belastung stand?", fragt sich der Fachmann und schaut sich die 14 Meter hohe Sprungschanze noch etwas genauer an. "Hier springen die Fahrer aus dem Rathaus-Fenster und nehmen dann über diese Schanze richtig Fahrt auf." Anschließend rasen die 20 Athleten auf eine vier Meter hohe Rampe zu, der die tollkühnen Fahrer zum großen Finale des "District Ride 2017" am Freitag und Samstag in den Nürnberger Altstadthimmel bugsieren wird.
"Die Landung wird besonders kritisch", ist sich der 45-jährige Schreiner aus Nürnberg sicher, der im Auftrag der Berliner Fachfirma "Mellowpark" spektakuläre Sportparcours in aller Welt errichtet. "Dieser Bereich muss besonders stabil sein, wenn die Sportler mit ihren Rädern hier landen", erklärt Bößl und zeigt auf die Holzplatten, die auf ein Stahlgerüst gezimmert sind. Um die Konstruktion aus Stahlträgern und Eisenschrauben kümmern sich derweil Tobi und Benni von der Nürnberger Spezialfirma "Bassline". In dieser Woche haben die beiden Kollegen gemeinsam mit ihrer Mannschaft rund 90 Tonnen Stahl verschraubt. "Das ist fast schon Millimeterarbeit. Die Gerüste werden nach den Vorgaben der Statiker nach allen Regeln der Kunst errichtet", sagt Tobi und erklärt, dass sie sich bei der 14 Meter hohen Konstruktion auf dem Hauptmarkt nur eine Toleranz von einem halben Zentimeter haben erlauben dürfen.
Altstadt gleicht einer Großbaustelle
Derweil gleicht die Nürnberger Altstadt einer Großbaustelle. Rund 100 Arbeiter sind seit Tagen pausenlos mit dem Aufbau des spektakulären Parcours für die tollkühnen Mountainbike-Fahrer beschäftigt. "Großen Respekt für diese Leistung. Hoffentlich hält das Wetter", sagt Roland und schaut sich das bunte Treiben der Handwerker an.
Von der Kaiserburg bis zum Hauptmarkt müssen die Fahrer zahlreiche kleine, große und riesengroße Hindernisse überwinden. Die Balken, die für den Bau der Rampen und Sprungschanzen verwendet werden, sind aneinandergereiht allein rund neun Kilometer lang. Tausende Schrauben halten die gezimmerten Bauwerke zusammen. Die Strecke ist mit rund 700 Metern der längste "Slopestyle"-Parcours der Welt. Mit dem englischen Begriff "Slopestyle" ist eine Hindernisstrecke gemeint, die bei einem Wettkampf in einem einzigen Lauf gemeistert werden muss. Preisrichter bewerten die Fahrt. Dabei wird darauf geachtet, welche Tricks der Fahrer mit seinem Gefährt vollführt. Je spektakulärer, desto besser lautet das Motto. Gefahren wird nicht mit einem Otto-Normal-Fahrrad. Die Profis verwenden extrem stabile und wendige Mountainbikes, um möglichst schwierige Tricks zeigen zu können . Die 20 Fahrer, die in Nürnberg an den Start gehen, werden von sieben Schiedsrichtern bewertet, die man Neu-Deutsch etwas anbiedernd "Judges" nennt. Der jüngste Fahrer ist 18, der älteste 38 Jahre alt.
Von der Kaiserburg, dem Wahrzeichen der Stadt Nürnberg, geht es atemberaubend los. Nach einem Sprung aus sechs Metern geht es darum, das richtige Tempo aufzunehmen. An der Kaiserburgmauer wird den Bikern schon zum Auftakt viel Mut und allerhöchste Präzision abverlangt. Weiter geht die wilde Fahrt über Treppen (die natürlich mehr überflogen als überfahren werden) bis zum berühmten Dürer-Denkmal. Dort wartet eine 16 Meter lange Funbox, in der die Fahrer ihr Können zeigen können. Anschließend geht es zum Sebalder Platz, wo die Athleten vor der malerischen Kulissen der Sebalduskirche erneut in die Luft gehen werden. Mit einem Aufzug fahren die Biker danach unter das Dachjuché des Rathauses. Durch ein offenes Fenster stürzen sich die Teilnehmer zum großen Finale auf die 14 Meter hohe Konstruktion aus Holz und Stahl, die Facharbeiter wie Benni, Tobi und Niko derzeit fertigstellen.
Show und Spektakel
"Die Arbeit ist anstrengend", sagt Niko Bößl und gönnt sich eine kurze Pause im Schatten. "Wir ackern hier jeden Tag von morgens bis abends. Aber wir sind eine bunte Truppe. Deshalb macht die Arbeit auch Spaß", erzählt der 45-jährige Nürnberger und erklärt stolz, dass es in Europa nicht viele Bautrupps gibt, die so eine Strecke innerhalb einer Woche aus dem Boden stampfen könnten. Besonders die Logistik sei eine Meisterleistung. Die Strecke mitten in Nürnberg gilt auch bei den Extremsportlern in der Mountainbike-Szene als einzigartig. "Das ist hier Show und Spektakel - ein moderner Zirkus", ist sich Bößl sicher. Selbst auf die Strecke wagen, würde sich der Schreiner trotz aller Akribie und Präzision beim Aufbau nicht. "Ich bin einmal BMX gefahren. Aber das hier ist zu krass für mich", findet Niko und sagt: "Ich freue mich auf meinen Urlaub mit meiner Freundin. Und auf meine Mittagspause", sagt Niko und macht sich mit seinen Kollegen auf zur Kantine. Viel Zeit werden sie sich nicht nehmen können. Am Freitag startet der große Drahtseilakt auf dem Drahtesel zwischen Burg, Rathaus und Hauptmarkt, zudem die Veranstalter rund 80.000 Zuschauer an der Strecke erwarten.
District Ride 2017Nach einer zweijährigen Pause kommt die von "Red Bull" gesponserte Sportveranstaltung am 1. und 2. September zurück in die Nürnberger Altstadt. Beim langersehnten Comeback des legendären Freeride-Events werden heuer die 20 besten Mountainbiker der Welt gegeneinander antreten. Im Zentrum der Stadt wird derzeit ein einzigartiger urbaner Freeride-Parcours aufgebaut.
Los geht es bereits am Donnerstag ab 9.30 Uhr mit dem Training. Am 1. September startet der offizielle Wettbewerb mit der Qualifikation um 14.30 Uhr. Die Finalrunden beginnen am Samstag, den 2. September, ab 15 Uhr.
Mehr Infos im NetzAlles über die besten Tricks und die besten Fahrer zu dem Sport-Event in Nürnberg findet man
hier. Im Netz kann man sich auch den spektakulären Parcours vorab in einer Animation anschauen.