Beim Infoabend wurden solidarische Landwirtschaft, Selbsterntegärten und Abo-Kisten vorgestellt.
Kaufen auch Sie während der Corona-Krise verstärkt regionale Produkte? "Dieser Wunsch, sich regional zu versorgen, ist noch mal gestiegen", berichtet Michael Stromer, Leiter der Umweltstation Weismain und Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege. Die regionale Produktion und Vermarktung dieser Lebensmittel, insbesondere von Obst und Gemüse, ist ein Ziel der Öko-Modellregion Obermain-Jura, die zum Infoabend vor der Katzogelhalle eingeladen hatte. Unter den rund 30 Teilnehmern fanden sich Fachkundige aus den Bereichen Landwirtschaft und Garten und viele neugierige Laien ein.
Im Vorfeld hatten Projektmanagerin Bianca Faber und ihr Team eine Umfrage unter den heimischen Landwirten gestartet und viel Interesse an einem Einstieg in den Gemüseanbau in regionaler Erzeugung, Verarbeitung und Verbrauch eruiert - unter bestimmten Bedingungen.
Wie diese aussehen könnten, stellte die Projektmanagerin in verschiedenen Modellen aus benachbarten Landkreisen vor: Bei einer solidarischen Landwirtschaft wird etwa auf einer Fläche Gemüse angebaut und die spätere Ernte regelmäßig an die Mitglieder dieser Gemeinschaft, die mit ihren monatlichen Beiträgen so den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb unterstützen, aufgeteilt. Die Erzeuger könnten kleine Bio-Betriebe mit einem entsprechenden Zweig sein, ein Zusammenschluss aus mehreren Einzelerzeugern oder Höfen sowie ein Verein, eine Genossenschaft oder eine Kooperative, die den Gärtner oder Landwirt anstellen.
Die Frage von Anton Reinhardt, dem Kreisvorsitzenden des Bundes Naturschutz, ob ein Landwirt davon leben könne, war berechtigt: Zunächst wäre dieses Modell wohl als Betriebszweig besser, so Bianca Faber. Jedoch bestehe natürlich immer Verhandlungsspielraum.
Auch die Idee des Selbsterntegartens, bei dem das Land in einzelne Parzellen aufgeteilt wird, machte das Publikum neugierig. Diese könne beispielsweise einen gemeinsamen Jungpflanzenkauf, Arbeitsteilung und gegenseitiges Voneinander-Lernen beinhalten. Auch hier jedoch regten sich die Fragen:
Die Abo-Kiste mit Obst und/oder Gemüse, mittlerweile ein beliebtes Direktvermarktungsmodell, war vielen bekannt. Miriam Gehringer, eine der Initiatorinnen für den geplanten Dorfladen in Marktzeuln, findet diese sowie die weiteren Ideen gut: "Sie sind realistisch und am Puls der Zeit." Sie weiß, dass regionale Produkte nur gute Seiten haben: "Für die Umwelt, für die heimischen Betriebe, für eine gesunde Ernährung." Bianca Faber führte weiter aus, dass mit dem Kauf regionaler Produkte die Region und ihre Struktur, ihre Systeme und die Menschen dahinter unterstützt werden. Außerdem seien die Transportwege kürzer und klimaneutraler, die Transparenz sei besser.
Regional heißt nicht immer teurer
"Regional ist immer teurer: Durch die Wegeinsparung und Saisonalität vieler regionaler Produkte können diese sogar günstiger als herkömmliche Waren sein."
Ein geeignetes Grundstück für eine dieser oder noch kommender Ideen stünde bereit: Bernd Kraus aus Wolfsloch würde einen Teil seiner Felder für den Gemüseanbau zur Verfügung stellen. Dennoch betont Michael Stromer: "Wir haben keinen Königsweg vorbereitet und erwarten kein festes Ergebnis heute." Doch der Grundstein ist gelegt: Viele Neugierige füllten am Ende des Abends eine Interessensbekundung für die eine oder andere Idee aus: als Anbauer, Abnehmer oder Ernteteiler. Aus diesen könnte ein neuer Arbeitskreis gebildet werden.
"Wir sollten die Corona-Krise nutzen, an unserem Verhalten etwas zu ändern", sagte Anton Reinhardt und befürwortete die vorgestellten Modelle: "Solche regionalen Strukturen helfen einander. Man ist nicht mehr Konkurrent, sondern Unterstützer und hilft sich gegenseitig. Wir wollen es im Kleinen anpacken und uns mit dem, was hier geschieht, identifizieren." Dabei müsse nicht gleich alles perfekt sein, plädierte er.
Auch Stefan Schnapp, der zusammen mit seinem Vater Inhaber der Milchtankstelle in Hochstadt ist, fand die vorgestellten Ideen gut, deren Umsetzung jedoch schwierig: "Mit dem Anbau von Gemüse muss man sich gut auskennen, es gibt zum Beispiel viele Krankheiten, auf die man dann reagieren muss." Er selbst baut bislang Getreide an - zusätzlich zur Direktvermarktung der Milch: "Wir wollten damals unabhängiger von den Milchhöfen werden und die Milchpreise ein Stück weit selbst bestimmen. Es läuft sehr gut!" Als einer von rund 50 Direktvermarktern sowie einer von sechs Automatenverkaufsstellenleitern im Gebiet Obermain-Jura setzt er auf regionale Qualität.
Die Öko-Modellregion Obermain-Jura kann bereits auf viele Erfolgsprojekte zurückblicken: Mit Andreas Kremer aus Roth etwa gibt es einen Nebenerwerbslandwirt und künftigen Bio-Bauern, der für einen Feldversuch seinen Acker zwischen Roth und Thelitz zur Verfügung gestellt hat: mit dem Anbau neuer Kulturformen wie Hafer, verschiedener Linsen und Ackerbohnen leistet er einen wertvollen Beitrag zum Ausbau und dem Voranbringen des ökologischen Landbaus. "Die Linsen sind gut gewachsen, werden nun gereinigt und abgepackt - in Kronach, also auch in der Region", verriet er. Bald könnten sie auch in ausgewählten regionalen Supermärkten erhältlich sein. .
Interessierte können eine erneute Veranstaltung am Dienstag, 1. September, um 18 Uhr in der kleinen Stadthalle von Lichtenfels besuchen. Um kurze Anmeldung an: Projektmanagerin Bianca Faber, Landratsamt Lichtenfels, Kronacher Straße 32, 96215 Lichtenfels, E-Mail bianca.faber@landkreis-lichtenfels.de, Telefonnummer 0173/3178470 wird gebeten.