Sammy hatte Glück. Denn eigentlich wäre er längst tot. Vor 18 Jahren war der Mini-Shetland-Hengst beim Schlachter gelandet. Doch dann hat ihn die Oberfränkin Elisabeth Göring gerettet.
Die Pferdebesitzerin sitzt wenige Meter von Sammy entfernt und beobachtet ihren Schützling. Sammy arbeitet sich Grasbüschel um Grasbüschel voran. Ab und an blickt das braun-weiß gescheckte Mini-Shetland-Pony mit der wuscheligen Mähne und den sanften, dunklen Augen kurz auf, kaut und senkt dann sein Maul auf der Suche nach dem nächsten Grasbüschel wieder gen Boden.
Sie sei damals bei einem Ausritt auf ein Pony, das beim Schlachter stehe, angesprochen worden, erzählt Elisabeth Göring. ",Was will ich denn mit einem Mini-Shetty‘, habe ich mich gefragt", erinnert sie sich an ihre erste Reaktion. Trotzdem warf Göring beim Schlachter einen Blick auf den kleinen Pony-Hengst. ,Das geht gar nicht‘, habe sie sich gedacht - und Sammy kurzerhand mitgenommen. "Jetzt ist er der Liebling der Kinder", sagt Göring und lacht.
Erlebnishof gibt Tieren Zuhause
Elisabeth Göring betreibt am Kordigast im Landkreis Lichtenfels zusammen mit ihrem Sohn einen Erlebnishof. Neben Mini-Shetty Sammy haben dort weitere Pferde und Ponys ein Zuhause gefunden. Auch Ziegen, Katzen, Hunde, "drei Hühner und eine Ente" leben auf dem Hof, der seit vielen Generationen von der Familie geführt wird. An den Wochenenden ist auch die Traditionsgaststätte "Zur Steinernen Hochzeit" geöffnet. Unter der Woche können sich Wanderer oder Radfahrer, die vorbeikommen, an einem Getränke- und einem Kaffeeautomaten versorgen.
Auch Urlaubsgäste begrüßt Elisabeth Göring auf ihrem Erlebnishof am Kordigast. "Ferienwohnungen sind eigentlich das Einzige, mit dem man noch überleben kann", sagt sie. Die Urlauber kämen "eher von auswärts", aus Großstädten wie Frankfurt, Köln oder Berlin. Vor allem für Familien mit Kindern ist der Erlebnishof ein lohnendes Ziel. "Die Eltern können sich hier entspannt hinsetzen und die Kinder sein lassen", erzählt Göring. "Die Kinder genießen das", fügt sie an.
Der Hof mit seinen tierischen Bewohnern und den Wäldern, Wiesen und Feldern ringsum - ein solches Leben kennen viele Menschen gar nicht mehr. Sie haben keinen Bezug zur Natur und auch der Respekt vor Pflanzen und Tieren fehlt ihnen, wie Göring sagt.
Eine Aufgabe für Kinder und Pferde
Auf dem Hof am Kordigast dürfen sich die Kinder etwa um die Ponys kümmern, sie führen und auf ihnen reiten. "Die Kinder merken, wie schön das Leben mit Tieren ist. Dass die Tiere, wenn man sie liebevoll behandelt, auch immer etwas zurückgeben." Gleichzeitig hätten die Pferde und Ponys, die ihren Lebensabend auf dem Hof genießen, so noch eine Aufgabe. "Das ist also beiderseitig."
Einen kurzen Fußmarsch vom Hof entfernt, am Waldrand gelegen befindet sich ein Abenteuerspielplatz für Kinder. Über Familie Mager sind wir auf diesen und den Kordigast gestoßen. Die sechsköpfige Familie lebt in Giechkröttendorf, einem 71 Einwohner zählenden Ort unweit des Kordigasts.
Ein Ort für Familien
Eine schmale, einspurige Straße führt durch Giechkröttendorf. Links und rechts von ihr reihen sich in loser Folge Häuser und Höfe aneinander. In den Wiesen und am Wegesrand brummt und zirpt es. Schmetterlinge flattern durch die Luft. Von Zeit zu Zeit kräht ein Hahn. Katzen trollen sich auf der Straße vor den Häusern. Menschen indes sind kaum zu sehen. Aus dem einen oder anderen geöffneten Fenster dringen Stimmen. In einem der Innenhöfe brummt ein Traktor.
Seit zwölf Jahren leben Iris und Peter Mager in Giechkröttendorf. Vier Kinder sind mit der Zeit dazugekommen: Julian (11), Noah (8), Milena (7) und der kleine Vince (1). Die Familie wohnt im Ort zur Miete. Mutter Iris stammt ursprünglich aus Weismain, an das Giechkröttendorf unmittelbar angrenzt. "Wir möchten nirgendwo anders wohnen", sagt sie. "Gerade mit den Kindern. Die kann man hier einfach laufen lassen." Anders als in der Stadt. Auch in der Nachbarschaft lebten einige junge Familien, erzählt Mager. "Für ein kleines Dorf gibt es hier eigentlich recht viele Kinder."
Urlaub zuhause
Kindergarten und Grundschule sind im benachbarten Weismain angesiedelt. Der älteste Sohn Julian besucht die Realschule in Burgkunstadt. Die Sommerferien haben gerade begonnen als wir Familie Mager treffen. "Endlich", freut sich Julian ungeachtet der ohnehin schon langen Corona-Pause im Frühjahr. Eigentlich hatte die Familie in diesem Sommer einen Urlaub in der Türkei geplant, wie Iris Mager erzählt. "Den haben wir aufgrund der aktuellen Situation aber storniert." Stattdessen ist Urlaub zuhause angesagt mit Ausflügen in der Region. Tochter Milena etwa freut sich schon darauf, im nahe gelegenen Baiersdorf Reiten zu gehen.
Nicht weit von der Wohnung der Familie Mager entfernt hat indes auch das kleine Giechkröttendorf eine Sehenswürdigkeit zu bieten: Ein Schloss begrüßt die Besucher am Ortseingang aus Richtung Weismain. Wie auf einer Infotafel zu lesen ist, wurde das heutige Schloss in den Jahren 1571 bis 1576 errichtet. Ursprünglich war es von einem Wassergraben umgeben. Der Vorgängerbau wurde bereits 1422 erstmals urkundlich erwähnt, wie auf der Tafel weiter zu lesen ist. Bis ins frühe 17. Jahrhundert zählte das Schloss zum Besitz des Adelsgeschlechts der Herren von Giech und dem zugehörigen Rittergut Giechkröttendorf. Heute ist das Schloss in privater Hand.
Am Dienstag berichtet Lucie Homann von ihrem Besuch in Tiefenellern.