Die Parteien stellten bereits vor Monaten ihre Listen für die Kommunalwahl im März zusammen. Wir fragten die Staffelsteiner Stadtratsfraktionen, wie schwer es ist, Kandidaten aus allen Bevölkerungsschichten zu finden.
Ist das Interesse an persönlichem Engagement in der Lokalpolitik stärker oder schwächer geworden? Das wollten wir von Mitgliedern der fünf im Staffelsteiner Stadtrat vertretenen Parteien wissen - und auch von der AfD, die erstmals mit einer Stadtratsliste antreten wird.
Auf die Frage, ob es schwierig gewesen ist, 24 Kandidaten für die Liste zur Stadtratswahl zu finden, antwortet Winfried Ernst (Freie Wähler): "Ich habe keine Schwierigkeiten gehabt, Leute zu akquirieren. Wir sind eine breit aufgestellte Gruppierung. Uns ist es wichtig, alle Ortschaften einzubinden, ein beruflich breit gestreutes Kandidatenfeld zu haben sowie Ältere und Jüngere auf die Liste zu bekommen."
Kompetente Kandidaten gesucht
Winfried Ernst räumt ein, dass es im Vergleich zur vergangenen Kommunalwahl vor sechs Jahren schon ein bisschen schwieriger geworden ist, jene Kandidaten zu bekommen, deren Mitarbeit und Fachwissen willkommen wäre. "Die, die man haben will, haben meist schon viel um die Ohren", sagt er, doch das führe nicht dazu, die Liste mit irgendwelchen Leuten aufzufüllen. Eine gewisse Überzeugungskunst sei schon erforderlich, wenn man den Ehrgeiz habe, die richtigen Leute zu finden und sie zur Kandidatur zu bewegen.
Wie viel Zeit ein Stadtrat durchschnittlich pro Monat aufwenden muss, das liege nach Winfried Ernsts Worten daran, wie aktiv er sich einbringe. Rechne man ein, dass pro Monat jeweils eine Stadtrats-, eine Fraktions- und eine Ausschusssitzung anstehen und überschlage man die Einarbeitungszeit in die Sachthemen, dann seien es mindestens acht Stunden, die aufgewendet werden müssen.
Ausgewogenheit angestrebt
"Es war genauso schwierig wie immer", antwortet Hans Josef Stich (CSU) und fügt hinzu: "Wir könnten mehrere Listen voll kriegen, aber man sollte eine gewisse Ausgewogenheit abzeichnen, was die Berufsgruppen und den Proporz zwischen Männern und Frauen betrifft." Außerdem komme es darauf an, Menschen zu finden, denen ihre Heimat etwas bedeutet, die in der Stadt gut vernetzt und sozial engagiert sind und die sich für das Wohlergehen der Bürger einsetzen: "Du sprichst keine Leut' an, die nur daheim vorm Fernseher hocken und Chipstüten leerfuttern."
Natürlich müsse man damit leben, Absagen zu bekommen, denn die Angesprochenen seien oftmals Personen, "die eh schon genug an der Backe haben". Wer sich um einen Stadtratssitz bewirbt, müsse wissen, dass es nicht nur um den Zeitaufwand im Wahlkampf gehe, sondern darum, die kommenden sechs Jahre mit Leben zu füllen. Beziehe man gesellschaftliche Veranstaltungen mit ein, bei denen die Anwesenheit der Stadträte in ihren jeweiligen Wohnorten oder in der Kernstadt gern gesehen ist, dann liege der zeitliche Aufwand im Monat bei 15 bis 20 Stunden, kalkuliert er. Nicht vergessen werden dürfe die Zeit, die ein Ratsmitglied brauche, um sich in detailreiche Sachthemen einzuarbeiten.
Wer sich einsetzt, setzt sich aus
30 Euro Pauschale gibt es für jede Stadtrats-, Ausschuss- und Fraktionssitzung. "Für Geld macht das niemand", sagt Hans Josef Stich, "das ist für keinen die Motivation." Es gehe vielmehr darum, sich für die Heimat einzusetzen und etwas zu bewegen. Nicht unterschätzt werden dürfe, dass Stadtratsmitglieder in der Öffentlichkeit stehen und als Vertreter der Stadt gesehen werden. "Man braucht schon manchmal ein dickes Fell", um die Kritik verkraften zu können, die an den Entscheidungen des Rats geübt wird. Stadträte müssten auf Gegenwind gefasst sein, denn "wer sich einsetzt, der setzt sich aus."