Lichtenfels, Kronach und Kulmbach kämpfen für einen IC-Halt

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Ein Regionalexpress verlässt den Lichtenfelser Bahnhof Richtung Kronach. Momentan sieht es so aus, als würden ab Ende 2017 von Lichtenfels aus nur noch Nahverkehrszüge fahren. Dagegen regt sich Protest aus Politik und Wirtschaft. Foto: Tobias Kindermann
Ein Regionalexpress verlässt den Lichtenfelser Bahnhof Richtung Kronach. Momentan sieht es so aus, als würden ab Ende 2017 von Lichtenfels aus nur noch Nahverkehrszüge fahren. Dagegen regt sich Protest aus Politik und Wirtschaft.  Foto: Tobias Kindermann

Die Region Lichtenfels/Kulmbach/Kronach kämpft um einen Fernverkehrshalt. Auf Unverständnis stoßen Bahn-Pläne, sechs Jahre lange keinen anzubieten.

Bisher wurde eher hinter den Kulissen gerungen - nun geht es massiv in die Öffentlichkeit - mit einer Resolution an Bahn und Politik, unterzeichnet von Vertretern aus Politik und Wirtschaft der drei Landkreise Lichtenfels, Kronach und Kulmbach. Es bleibt auch nicht mehr viel Zeit. Wenn zum kommenden Fahrplanwechsel im Dezember 2017 die neue ICE-Strecke in Betrieb geht, ist der ICE-Haltebahnhof Lichtenfels Geschichte. Das ist keine nostalgische Feststellung, denn bisher gibt es täglich 18 Verbindungen Richtung Berlin oder München, die vor allem für die Bahnfahrer aus Kronach, Kulmbach und Lichtenfels wichtig waren.

Für sie wird es auf absehbare Zeit keinen Ersatz geben. Mit der Umsetzung einer neuen Fernverkehrsanbindung lässt sich die Bahn viel Zeit. Erst 2023 soll ein IC auf der Strecke von Nürnberg über Bamberg auch Lichtenfels und Kronach in Richtung Leipzig ansteuern. Mit dem Ersatz kann man in der Region durchaus leben - nur was auf kein Verständnis stößt: Warum dauert das so lange?



Schon lange an der München-Berlin-Achse gelegen

"Seit den 1930er-Jahren liegen wir an der wichtigsten Verbindung zwischen München und Berlin. Wir sind nicht gegen neue, leistungsfähige Verbindungen. Der ICE fährt durch unsere Region - und das ist das Stichwort: Er hält nicht mehr", sagte der Lichtenfelser Landrat Christian Meißner (CSU). Mittlerweile habe man in Gesprächen viele Hürden aus dem Weg räumen können.

Nun, so heißt es, gäbe es nicht genügend Züge, um den IC schon 2017 fahren zu lassen. "Die werden doch irgendwo eine Lok und ein paar Waggons haben, wir wollen ja nicht das neueste Material." Emmi Zeulner, Bundestagsabgeordnete der CSU, ergänzt: "Die Politik ist bereit, Lösungen zu bieten."

Wie die aussehen könnte, darauf wies der CSU-Landtagsabgeordnete Jürgen Baumgärtner hin: "Regionalisierungsmittel könnten der Bahn dafür zur Verfügung gestellt werden." Er will einen entsprechenden Antrag in den Landtag einbringen. Aus diesem Finanztopf schießt der Staat Gelder bei Strecken zu, die sich allein wirtschaftlich nicht tragen. Der Kulmbacher Landrat Klaus-Peter Söllner (FW) betonte: "Für uns ist Lichtenfels seit Jahrzehnten ein Eisenbahnknotenpunkt gewesen." Und er wies auch darauf hin, dass die Strecke Richtung Kulmbach endlich elektrifiziert werden müsse.


Kronacher Landrat will Zeichen setzen

Der Kronacher Landrat Oswald Marr (SPD) schilderte ein weiteres Problem: "Als einziger Landkreis in Bayern besitzen wir keinen Autobahnanschluss. Deshalb brauchen wir die Bahn. Es ist wichtig, dass wir ein Zeichen setzen."

Die Bemerkung von Hans Rebhan aus Kronach steht stellvertretend für die IHK-Position: "Während in den Metropolen Turbo-Verbindungen entstehen, hat der Raum dazwischen das Nachsehen." Und der Lichtenfelser Kreishandwerksmeister Mathias Söllner wies für die HWK-Vertreter daraufhin, dass es in Lichtenfels ja die technischen Einrichtungen für einen IC-Halt gäbe.

Wie geht es weiter? Emmi Zeulner wird demnächst ein Gespräch mit Birgit Bohle, Vorsitzende DB-Fernverkehr, führen. Und wenn auf die Resolution keine Reaktion kommt, kündigte Meißner an, werde man eben nach Berlin fahren. Viel Zeit für eine Lösung bleibt tatsächlich nicht mehr. Der Fahrplanwechsel der Bahn hat immer einen monatelangen Vorlauf.




Kommentar von Tobias Kindermann: Eine Offensive sieht anders aus

Zwischen den Terminen liegt genau eine Woche. Am vergangenen Montag hatte der Kreistag Lichtenfels beschlossen, das Angebot im öffentlichen Nahverkehr im Kreis deutlich auszubauen. Niemand zweifelte den Sinn an - auch wenn es den Landkreis Geld kosten wird, den Service für die Bürger zu verbessern.

Da wirkte die Versammlung gestern im kleinen Saal des Landratsamtes wie ein Kontrastprogramm. Vertreter von Politik und Wirtschaft aus drei Landkreisen kamen zusammen, um Druck in einer Angelegenheit aufzubauen, die selbstverständlich sein sollte.

Zum kommenden Fahrplan fällt die ICE-Verbindung in Lichtenfels weg, die auch den Anschluss an den schnellen Schienenverkehr für die Landkreise Kulmbach und Kronach darstellt. Fernverkehrsoffensive hatte die Bahn das Programm genannt, mit dem sie Abhilfe ankündigt. Ein Witz.

Wie kann man nur auf die Idee kommen, etwas "Offensive" zu nennen, was in 13 Jahren umgesetzt wird? Und selbst die inzwischen erfolgte Korrektur des Termins auf 2023 - also sechs Jahre, macht die Lage nicht besser.
18 schnelle ICE-Verbindungen gehen aktuell täglich von Lichtenfels aus Richtung Berlin und München. 200 000 Einwohner profitieren davon - und eine Region, die auch wirtschaftlich gut dasteht und in der wichtige Firmen ihre Heimat haben. Ab Dezember 2017 erst in Bamberg einen ICE zu erreichen, ist keine Lösung.

Eigentlich ist das der Bahn bekannt - und das hat auch nichts mit Lokalpatriotismus zu tun. Denn es besitzt schon etwas Paradoxes - da kommt in der Fläche die schnelle Anbindung ans Internet und die leibliche Mobilität soll schlechter werden? Für die gibt es ja auch einen Bedarf. Der ICE hält nicht in Lichtenfels, damit die Zugreisenden einen Blick auf das Bahnhofsgebäude werfen können. Hier steigen Fahrgäste ein und aus. Die Nachfrage vor Ort geht nicht mit dem Fahrplanwechsel verloren. Ein Unternehmen wie die Bahn, das Bewegung verkauft, sollte da beweglicher sein. Zeit, sich ernsthaft Gedanken zu machen, gab es genug.