Die Kulmbacherin Silke Eber hat gezeigt, dass man auch mit erfolgsverwöhnten Teams Großes leisten kann. Sie führte Deutschland zum WM-Hattrick.
Wie motiviere ich eine erfolgsverwöhnte Mannschaft? Jogi Löw ist an dieser Aufgabenstellung grandios gescheitert, Silke Eber nicht. Denn die Katschenreutherin hat mit der deutschen Nationalmannschaft ihren WM-Titel verteidigt - und das schon zum zweiten Mal in Folge! Einen Hattrick bei Weltmeisterschaften, das gab's noch nie im Frauenfaustball.
Das Scheitern der deutschen Kicker kam dem FC-Bayern-Fan Silke Eber gar nicht so unrecht. Im Kurztrainingslager in Rosenheim vor der Abfahrt zur WM in Linz hielt die Bundestrainerin ihren zehn Spielerinnen, von denen immerhin sechs schon zweifache Weltmeisterinnen waren, Presseartikel über den deutsche Fußball-Alptraum in Russland unter die Nase: "Ich habe sie daran erinnert, was passieren kann, wenn man zu überheblich ran geht und die Grundlagen vergisst", verrät Eber. Freilich sei es schwer, "sich immer wieder neu zu motivieren. Ich hätte es auch verstanden, wenn meine Mannschaft mal nachgelassen hätte."
Aber das tat sie eben nicht. Souveränen Zu-Null-Siegen gegen Polen, Serbien, Italien, Tschechien, Argentinien und die Schweiz folgte eine Energieleistung gegen den Mitfavoriten Brasilien im Halbfinale. Ein Erfolg, an dem die Bundestrainerin mit einem ungewöhnlichen Wechsel wohl den entscheidenden Anteil hatte. "Bei uns hat nicht alles so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben", sagt Silke Eber. Nachdem jedes Team einen Satz gewonnen hatte, führte Brasilien im dritten klar mit 9:3. "Da habe ich erstmals meine Kapitänin Sonja Pfrommer auswechseln müssen", sagt die Bundestrainerin.
Mutige Personalentscheidung
Eine mutige Personal-Entscheidung, wie sie sich viele von Jogi Löw auch gewünscht hätten. Silke Eber brachte die erst 18-jährige Svenja Schröder (Eber: "Eines der größten deutschen Talente") vom TV Eibach bei Nürnberg. Und mit der zweiten Fränkin neben Eber in der deutschen Delegation kam die Wende. Deutschland drehte den Satz noch und zog mit 3:2 ins Endspiel ein. "Das war der entscheidende Satz im Turnier", sagt Silke Eber. "Ich war mir danach sicher, dass wir auch das Finale gewinnen würden."
Und so kam es auch. Deutschland hatte mit der Schweiz, die im Halbfinale den später auch noch im Kampf um Bronze gegen Brasilien unterlegenen Gastgeber ausgeschaltet hatte, nur in den ersten beiden Sätzen etwas Schwierigkeiten. 4:1 hieß es am Ende vor über 2000 Zuschauern im schmucken Faustball-Stadion von Linz, unter ihnen auch 16 Arbeitskollegen Silke Ebers von der Baugenossenschaft Kulmbach mit Chef Udo Petzoldt an der Spitze. Auch sie waren von der Atmosphäre in Linz (Eber: "Die größte und beste WM aller Zeiten") begeistert. Das österreichische Fernsehen übertrug die Endrunde sogar live. "Das Niveau konnte sich schon sehen lassen", meint Eber.
Den WM-Hattrick nach den Erfolgen in Dresden 2014 und Brasilien 2016 könne man "gar nicht hoch genug einschätzen", betont die Bundestrainerin. Entscheidend - Jogi Löw sollte Silke Eber zuhören - sei die Mentalität einer Mannschaft: "Meine Mädels sind alle bescheiden, da hat keine den Hang zur Überheblichkeit." Beim Faustball gibt es eben keine Millionen, nicht einmal Tausender zu verdienen, die den Charakter verderben könnten.
Erstmals bei den World Games
Dennoch tut sich sehr viel in der Randsportart, deren Funktionäre schon "Hurra" geschrien haben, als man erstmals zu den World Games (2021 in den USA) eingeladen wurde - der nächste große Schritt auf dem Weg zur olympischen Disziplin, dem großen Traum der Faustball-Familie. Ob dann Silke Eber noch Bundestrainerin ist? Ende des Jahres läuft ihr Vertrag aus, doch die Verantwortlichen der Deutschen Faustball-Liga (DFBL) werden die erfolgreichste Trainerin ihrer Geschichte wohl kaum so einfach gehen lassen. Die 44-Jährige selbst will jetzt noch nicht in die Zukunft schauen. Nach den Strapazen von Linz ist sie "erst einmal geschafft", braucht Zeit, "alles sacken zu lassen". Silke Eber sagt: "Das waren viele Emotionen" - aber positive, die Jogi Löw heuer nicht hatte...