Kreis Kulmbach: Pferdeäpfel bringen Nachbarn in Rage

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Streit im Dorf eskalierte: Weil es die Pferde erschreckt und zwei Reiter gefährdet hatte, stand ein Ehepaar vor Gericht. Jetzt ist aber wieder Frieden im Land.

Sie heißen Pferdeäpfel, Pferdemist, Rossknödel oder Rossbollen. Bei Gärtnern sind sie ein beliebter Dünger. Wenn aber die Hinterlassenschaften der attraktiven Reittiere auf Straßen oder öffentliche Wege fallen, kann es Ärger geben. Und sogar die Gerichte beschäftigen. Wie jetzt im Pferdeäpfelprozess, der am Donnerstag vor der Berufungskammer des Landgerichts Bayreuth in die dritte Runde ging.

Einheimische und Zugezogene

Es begann vor zweieinhalb Jahren. Damals eskalierte in einem kleinen Nest im Kreis Kulmbach der Streit zwischen einem einheimischen Ehepaar und einer aus der Stadt zugezogenen Familie. Denn die Städter hatten Pferde und ritten regelmäßig am Anwesen der Eingeborenen vorbei. Dabei sollen die Pferde immer wieder vor deren Haustür, sagen wir: geäpfelt haben. Eine Behauptung, die diesmal so stehenblieb und keiner Überprüfung unterzogen wurde.

Eines Tages, als die Mutter im Sommer 2016 mit ihrer achtjährigen Tochter wieder angetrabt kam, tat das Ehepaar etwas, was es nicht hätte tun sollen. Die Hausfrau und der Landwirt machten Lärm, klatschten laut und schrien.

Leib und Leben gefährdet

Sie wollten, so die Staatsanwaltschaft, die Pferde erschrecken und "nahmen zumindest billigend in Kauf, dadurch Leib und Leben der beiden Geschädigten zu gefährden". Ihr Verhalten brachten ihnen eine Anzeige und eine Anklage ein. Der Vorwurf lautete: versuchter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr.

Die Tat wurde zunächst per Strafbefehl geahndet. Das Ehepaar hätte Geldstrafen bezahlen sollen: 300 Euro die Frau (61), 900 Euro ihr Mann (66). Das wollten sie nicht und legen Einspruch ein.

Es kam - zweite Runde - zur Verhandlung. Das Amtsgericht Kulmbach hatte keinen Zweifel daran, dass sich die beiden Reiterinnen schwer hätten verletzen können, wenn die Pferde durchgegangen wären. Der Mutter, die das Pferd der Tochter an der Hand hatte, sei es aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung gelungen, die beiden nervös gewordenen Tiere unter Kontrolle zu bringen.

Das Urteil am Amtsgericht lautete: schuldig. Und die Strafe wurde verschärft. Jetzt sollten die Angeklagten mehr bezahlen: 750 Euro die Frau, 1000 Euro ihr Mann. Das wollten sie nicht und legten Berufung ein.

Temperatur wie im Kühlschrank

Der Fall wanderte zum Landgericht Bayreuth. Verhandelt wurde im großen Schwurgerichtssaal. Nun war es nicht so, dass sich mit Werner Kahler ein besonders strenger Richter die zwei Übeltäter zur Brust nahm. Dennoch bekam der Satz, dass man sich vor Gericht warm anziehen muss, spürbare Bedeutung. In dem hoch gewölbten Raum herrschten Kühlschranktemperaturen: gefühlt allenfalls 15 Grad. Was den Verteidiger, Rechtsanwalt Werner Brandl aus Kulmbach, zu der scherzhaften Bemerkung animierte: "Die Kälte im Sitzungssaal wäre strafmildernd zu berücksichtigen."

Ein Argument, das die Kammer natürlich nicht beeindruckte, wohl aber die Erklärung der beiden Angeklagten. Darin räumten sie ihr Fehlverhalten ein und entschuldigten sich: Ihr Verhalten sei "unüberlegt und falsch" gewesen.

Kahler ("ein blödsinniger Streit") und Staatsanwältin Eva-Marie Heßler lasen dem Ehepaar die Leviten. Nicht auszudenken, welche Folgen es gehabt hätte, wenn die Pferde durchgegangen wären. "Es war großes Glück, dass nichts passiert ist", stellte die Staatsanwältin fest. Und der Richter meinte: "Lassen Sie es sich durch den Kopf gehen, mit welcher Schuld Sie jetzt hier säßen, wenn das achtjährige Mädchen abgeworfen worden wäre. Das war nicht von Pappe."

Verhalten geändert

Dass das Gericht und die Staatsanwaltschaft der vom Verteidiger beantragten Einstellung des Verfahrens zustimmten, lag letztlich an einer Verhaltensänderung der nicht vorbestraften Angeklagten. Kahler fragte, wie sich das nachbarschaftliche Verhältnis seither entwickelt habe. "Die Situation hat sich beruhigt", so Brandl. Seit damals sei nichts mehr vorgefallen.

Was offenbar stimmt. Denn auch der Richter hatte sich bei der Polizei erkundigt und nichts Negatives gehört. Dass Ruhe eingekehrt ist, sei "das wesentliche Argument" für die Einstellung.

Nicht im Basar

Aber bei der Höhe der Geldauflage ließ das Gericht nicht mit sich handeln. Kahler: "Wir sind hier nicht auf dem orientalischen Basar." Es blieb bei den im Strafbefehl genannten Summen - 300 und 900 Euro, die an die Freunde und Förderer der Himmelkroner Heime zu bezahlen sind.