Bot früher der Marktplatz Gelegenheit für allerlei soziologische Studien, hat diese Rolle in unseren Tagen der Supermarkt übernommen.
Beobachtet man dort Kommunikation und Konfrontation, ergibt sich durchaus etwas, das man für ein Spiegelbild des Zustands unserer Gesellschaft halten könnte.
Da ist der ganz Eilige, der souverän 100 Parkplätze ignoriert und wie selbstverständlich sein Gefährt unmittelbar vor dem Eingangsbereich abstellt, wo es immerhin potenzielle Raser zwingt, in Schrittgeschwindigkeit an dem Hindernis vorbeizufahren, um keine Lackschäden zu riskieren.
Vermutlich die Frau des Fahrers ist es dann, die im Geschäft einem Paar, das höchstens 20 Sekunden gemeinsam über die Auswahl des Gemüses nachgedacht und dabei kurz den Gang blockiert hat ein laut vernehmliches "ENTSCHULDIGUNG!" entgegen schleudert und durch ihre ungebremste Annäherung mit dem Einkaufswagen den Mann zu einem fluchtartigen Beiseite-Treten veranlasst.
Und schließlich an der Kasse tritt hat vermutlich der gemeinsame Sohn von Falsch-Parker und Einkaufswagen-Rowdy seinen großen Auftritt: Ein Bündel Bananen und eine Flasche Rum hochhaltend drängt er sich "Achtung!" rufend an vier Wartenden vorbei und hält der verdutzten Kassiererin beide Objekte unter die Nase, die unter Kopfschütteln und vernehmbarem Murren der übrigen Schlange-Steher mit einem ergebenen Seufzer kassiert und dem ungehobelten Drängler einen raschen Abgang ermöglicht.
Rücksichtnahme und erträgliches Benehmen gibt"s halt nicht für 2,99 Euro beim Discounter. Und wenn doch, würden solche doch eher nervigen Zeitgenossen wie die beschriebenen sicher anderswo einkaufen.