Er hat mir geschrieben, dass er gut findet, was ich mache. Und wenn ich auf meinen Touren an Kulmbach vorbeikomme, wäre ich herzlich eingeladen auf ein Bier und eine Brotzeit. Ein ungewöhnlich netter und sympathischer Brief. Dann bin ich tatsächlich hingefahren. Und im Überschwang der Gefühle, wegen der Qualität des Wirtshauses und Peter Stübingers Herzlichkeit hab' ich mich dazu verleiten lassen, im Saal auch mal eine Veranstaltung zu machen.
Sie sind bereits zum zweiten Mal in Kulmbach. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihren ersten Auftritt in der Kommunbräu?
Ich kann mich sehr gut erinnern. Vor allem an den Wirtshaussaal. Dort haben die Zuschauer ein Zuhausegefühl, nur ich nicht. Wer schlecht ist, geht da unter. Wenn man gut ist, wird man auf Händen getragen. Damals war einer der Stammgäste gar nicht begeistert von meiner Darstellung des betrunkenen Offiziers. Der Mann fragte Peter Stübinger in der Pause, warum ein Betrunkener auf die Bühne dürfe. Das ist das größte Lob, das man kriegen kann: Er hat nicht gemerkt, dass es eine Rolle war.
Was darf das Kulmbacher Publikum erwarten? Packen Sie die Lederhand wieder aus?
Ja, auf jeden Fall. Der Dombrowski wird den Großteil des Abends bestreiten: Dombrowski deutet die Zeichen der Zeit. Letztlich scheitert er aber damit, die Welt zu erklären. Auf Peter Stübingers Wunsch tritt auch der alte Sozialdemokrat August auf. Es handelt sich um eine sehr zerbrechliche Figur, sie ist in der Grundstruktur an meinen Vater angelehnt. Manche halten den August für dumm - das ist eine der wenigen Bemerkungen, die mich in Rage bringen.
Wissen Sie, wie der Kulmbacher Bürgermeister heißt?
Nein, weiß ich nicht.
Er heißt Schramm. Und die Frage zielte darauf ab, ob Ihr Programm auch Lokalkolorit enthält.
Noch mal: nein. Denn erstens habe ich keine Ahnung von den örtlichen Gegebenheiten, was jeder Einheimische gleich merken würde. Und zweitens gehört zum Lokalkolorit zwingend der Dialekt. Fränkisch kann ich nun mal nicht. Es gibt zwar noch schlimmere Dialekte, aber wenn ein Kommunbräubier auf dem Tisch steht, dann ist mir der Dialekt egal.
Wir leben in einer Zeit der vielen Krisen: Klima, Migration, neue Rechte, Brexit und Europa. Haben Sie die Bühne des politischen Kabaretts zu früh verlassen?
Diese Frage höre ich oft. Dass sich in Europa eine nationalistische Stimmung breitmacht, beunruhigt mich am meisten. Daran sind die EU und die deutsche Europapolitik nicht schuldlos. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich einmal nach Helmut Kohls Europapolitik sehne. Es ist heute so wie in Viscontis Film "Der Leopard", in dem der Hauptdarsteller sagt: "Wir werden viel ändern müssen, damit alles bleiben kann, wie es ist." Das haben die Konservativen nicht verstanden: Wir können in Deutschland nicht mehr so weitermachen wie bisher. Es muss ein Geben und ein Nehmen in Europa sein. Wenn ich daheim davon anfange, sagt meine Frau: Geh endlich mal wieder auf die Bühne.
Kabarett in der Kommunbräu
Vorverkauf Karten für Georg Schramms Auftritt am Freitag, 3. Mai, in Kulmbach - Beginn 19.30 Uhr - gibt es nur in der Kommunbräu. Der Vorverkauf startet am Dienstag, 2. April.
Karten Die Zahl der Eintrittskarten ist begrenzt. Es stehen zirka 200 Plätze (Bierbänke) zur Verfügung. Die Karten werden nach dem Müller-Prinzip vergeben. "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst", so Veranstalter Peter Stübinger.
Zur Person Als Rentner Lothar Dombrowski in der ZDF-Reihe "Neues aus der Anstalt" kam Georg Schramm groß heraus. In seiner Karriere als politischer Kabarettist schuf er mit dem Oberstleutnant Sanftleben oder dem alten Sozialdemokraten August weitere bekannte Kunstfiguren. 2014 zog sich Schramm, Jahrgang 1949, als Solokabarettist von der Bühne zurück. Der studierte Diplompsychologe lebt in Badenweiler im Markgräflerland bei Freiburg.