Die Kulmbacherin Zofia Drahn und der unbekannte Maler

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Ein Trio mit viel Liebe für Peter Conrad Schreiber: Zofia Drahn und die beiden Ur-Ur-Enkel des fränkischen Malers, Harald Braun und Dr. Wolfgang Vorwerk. Foto: Drahn
Ein Trio mit viel Liebe für Peter Conrad Schreiber: Zofia Drahn und die beiden Ur-Ur-Enkel des fränkischen Malers, Harald Braun und Dr. Wolfgang Vorwerk.  Foto: Drahn
Peter C. Schreiber
Peter C. Schreiber
 
Liebe auf den ersten Blick: Das Watzmann-Gemälde von Peter C. Schreiber, das in einem Bayreuther Trödelladen verstaubte,
Liebe auf den ersten Blick: Das Watzmann-Gemälde von Peter C. Schreiber, das in einem Bayreuther Trödelladen verstaubte,
 

Zofia Drahn verguckte sich in das Bild eines unbekannten Malers. Als sie etwas über den Künstler erfahren wollte, begann eine fränkische Liebesgeschichte.

Es gibt sie, diese ganz besonderen Augenblicke im Leben. Zofia Drahn hat einen solchen erlebt. Genau vor 15 Jahren, am 9. April 2001, besuchte die Kulmbacherin einen kleinen Trödelladen an der Ecke der Bahnhofstraße in Bayreuth. Zwischen alten Stühlen und Tischbeinen entdeckte sie es plötzlich. Es stand auf dem Boden. Der Rahmen war ziemlich ramponiert und verstaubt. Aber Zofia Drahn konnte den Blick nicht von diesem Bild abwenden.

In dem Laden herrschte ziemliches Chaos. Der Straßenlärm drängte herein. Zofia Drahn erinnert sich detailliert daran. "Das ganze Durcheinander verstärkte noch die Ruhe, die das kleine Bild ausstrahlte. Ich war fasziniert und fühlte mich in seine Landschaft hineingezogen." Als Zofia Drahn wieder zuhause war, ging ihr das Werk nicht aus dem Kopf. "Am nächsten Tag bin ich früh nach Bayreuth gefahren, um als Erste da zu sein, schon bevor der Laden aufmachte. Ich wollte vermeiden, dass jemand mir das Bild vor der Nase wegschnappt." Es klappte.


Wer ist C. Schreiber?

Voller Freude trug die damals 43-Jährige das mystisch wirkende Landschaftsbild mit seinem beeindruckenden Bergmassiv im Hintergrund zur Kasse. Erst dort entdeckte sie die Signatur "C. Schreiber". Weder sie selbst noch die Verkäuferin konnten damit etwas anfangen. Letztere wusste nur, dass das Bild aus dem Nachlass eines wohlhabenden Bayreuther Zahnarztes stammte.

Zofia Drahn und ihr Mann Robert hängten das Gemälde mit dem Berg, der sich später als das Zentralmassiv der Berchtesgadener Alpen, der Watzmann, herausstellte, in ihrem Wohnzimmer auf. Über den Maler wussten sie vier Jahre lang nichts. Doch dann, Ende 2005, entdeckte Zofia Drahn in einem Auktionshaus zufällig ein weiteres Bild mit derselben Signatur, "diesmal mit einer Beschreibung". So erfuhr die Kunstfreundin, dass Peter Conrad Schreiber am 11. August 1816 als Sohn eines wohlhabenden Gürtlermeisters und Knopffabrikanten aus Fürth geboren worden war. "Ich freute mich, denn ab dem Zeitpunkt war klar, dass es sich um einen fränkischen Maler handelte. Ich wollte wissen, ob er noch mehr Kunstwerke geschaffen hatte." So begann Zofia Drahns Suche nach "PCS".

Sie fragte beim Fürther Geschichtsverein nach, der einen zweiseitigen Bericht aus dem Heimatblatt von 1974 "ausgrub". Der verriet allerdings nicht allzu viel über den Menschen Schreiber. Eigene Recherchen der Drahns im Stadtarchiv brachten auch nur eine magere Ausbeute: ein paar Zeitungsausschnitte, kaum Biografisches. Doch Zofia und Robert Drahn gaben nicht auf. Inzwischen hatten sie im Internet und im Kunsthandel weitere Schreiber-Bilder entdeckt und in ihren Besitz gebracht. "Sie waren oft in erbärmlichem Zustand, schmutzig und sogar schimmelig. Aber ich konnte sehen, welche künstlerische Qualität und Ausstrahlung aus ihnen hervorgeht", sagt Zofia Drahn. "Und dass Schreiber zu Unrecht vergessen worden ist."


Werke im Ausland aufgespürt

Einen Teil der Bilder spürten die Drahns im Ausland auf: "Eines kommt aus San Diego in Kalifornien, ein anderes haben wir bei einem Auktionshaus in England ersteigert, ein weiteres in Wien. Wir ließen alle restaurieren. Jetzt hatten wir einige Bilder, aber noch immer kaum Informationen über den Maler." Die Drahns schrieben die Auktionshäuser an und baten um Kontakt zu den Verkäufern - immer in der Hoffnung, mehr über Schreiber zu erfahren. "Der Einzige, der meinen Brief beantwortete, war ein Herr Harald Braun aus Berlin - Schreibers Ur-Ur-Enkel", berichtet Zofia Drahn.

Nach etlichen Telefonaten und Briefen folgten gegenseitige Besuche. Und es entstand die Idee, zum 200. Geburtstag Schreibers eine Ausstellung zu organisieren. Der Direktor des Fürther Stadtarchivs, in dem eine Sammlung von Schreiber-Werken existiert, war begeistert.

Während der ersten Vorbereitungen erfuhren die Drahns und Harald Braun durch den Geschichtsverein Fürth, dass es noch einen zweiten Ur-Ur-Enkel gibt: Dr. Wolfgang Vorwerk. Der Bremer war gerade dabei, einen Artikel anlässlich des 200. Geburtstags seines Urahns zu schreiben. Jahrelang hatte Vorwerk dafür recherchiert, war herumgereist, hatte in Archiven gestöbert und in mühevoller Kleinarbeit alle verfügbaren Informationen über Schreiber gesammelt.

"Und so fügte sich eins ins andere", erzählt Zofia Drahn mit strahlenden Augen. Vorwerk hatte herausgefunden, dass Peter Conrad Schreiber erst an der Berliner Akademie der Künste studierte, ehe er mehrere Jahre in Rom und Neapel verbrachte - auch, weil er Augenzeuge des Vesuv-Ausbruches werden wollte und dieser Wunsch im Herbst 1841 tatsächlich in Erfüllung ging. Vorwerk hatte auch erfahren, dass Schreiber zweimal verheiratet war und als Zeichenlehrer in der Nürnberger Lateinschule unterrichtete. Und dass er Zigarren rauchte, aber stets nur das erste Drittel. Den Rest hielt er für Gift.


"Sicher kein einfacher Mensch"

"Seine zweite Frau Juliane Karoline Elise war eine sehr feine, liebenswerte und gut aussehende Frau. Ihr Mann war sicher kein einfacher Mensch", berichtet Schreibers Ur-Ur-Enkel Wolfgang Vorwerk. "Für seine Kinder blieb er eine Respektsperson. Er war im Umgang mit ihnen sehr förmlich, für heutige Verhältnisse geradezu unnahbar. Es kam selten zu mehr als einem Knicks und Handgeben."

Schreibers Bilder allerdings zeugen auch von einem sensiblen und feinsinnigen Mann. Sein Werk umfasst um die 500 Gemälde, viele mit italienischen Motiven, aber auch etliche, die heimische Klöster und Burgen zeigen, vor allem aus dem Fränkischen. Den Recherchen seines Ur-Ur-Enkels Wolfgang Vorwerk zufolge, hatte Schreiber gute und zahlungskräftige Kunden, darunter die Industriellenfamilie Faber-Castell.

In den letzten Jahren seines Lebens konnte Schreiber kaum noch malen - ein Augenleiden setzte ihm zu. Er starb am 17. Februar 1894 in Nürnberg an Milzbrand. Sein Erbe hat jedoch überlebt - auch dank Zofia Drahn aus Kulmbach. Während andere Kunstkenner von "avantgardistisch anmutender, farblich sehr effektvoller Pinselführung" sprechen, bringt sie es ganz einfach auf den Punkt: "Schreibers Bilder sind wunderschön."


Zufällig wiederentdeckt

Ausstellung Auf Schloss Burgfarrnbach/ Stadtarchiv in 90768 Fürth (Schlosshof 12) findet vom 20. April bis zum 25. Mai eine Ausstellung zum 200. Geburtstag des fränkischen Landschaftsmalers Peter Conrad Schreiber statt. Die öffentliche Vernissage ist am 19. April um 19 Uhr. Gezeigt werden Werke aus Privatbesitz sowie der Städte Fürth und Nürnberg.

Fast vergessener Künstler Der Landschaftsmaler Peter Conrad Schreiber (1816 bis 1894) stammt aus einer angesehenen Fürther Familie. Nach seinem Studium der Landschaftsmalerei in Berlin unternahm er eine dreijährige Italien-Reise. Viele seiner Bilder zeugen von der erhabenen Schönheit der Natur. Sie entführen den Betrachter durch ein "dramatisch gesetztes Licht" (Helmut Richter) in eine zuweilen fast mystische Welt.
Möglicherweise wäre Schreiber in Vergessenheit geraten, wenn sich die Kulmbacher Kunstfreundin Zofia Drahn nicht zufällig in ein Bild des Malers verliebt hätte - und deshalb begann zu recherchieren.

Infos: www.peter-conrad-schreiber.de; www.stadtarchiv-fuerth.de