Das Eisen schwingen, solange man darf

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Golfen in Thurnau ist unter strengen Auflagen erlaubt. Der GC Oberfranken zählt rund 600 Mitglieder, die seit 8. März wieder spielen dürfen.
Golfen in Thurnau ist unter strengen Auflagen erlaubt. Der GC Oberfranken zählt rund 600 Mitglieder, die seit 8. März wieder spielen dürfen.
Foto: privat

Selbst an der frischen Luft ist Sport treiben wegen der Anti-Corona-Maßnahmen nur sehr eingeschränkt möglich.

Wie gefährlich ist Golf in Corona-Zeiten? Da gehen die Meinungen offenbar auseinander. Interessant dazu war eine Meldung im Berliner Tagesspiegel von Anfang Februar. Demnach soll Lothar Wieler, immerhin Präsident des Robert-Koch-Instituts, in einem Golfclub der Hauptstadt seiner favorisierten Sportart gefrönt haben. Mitten im Lockdown! Dort war das damals erlaubt - in Bayern hätte er Eisen, Putter und Driver in der Tasche stecken lassen müssen. Im Freistaat sind die Golfplätze seit Monaten verwaist. Oder besser: Sie waren es.

Erst seit 8. März dürfen auch die Mitglieder im Golfclub Oberfranken ihrem Hobby wieder nachgehen. Allerdings unter strengen Auflagen - und zwar besonders strengen wegen der spezifischen Inzidenz für Kulmbach von weit über 250. Hier nämlich besagt die bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung: Bei einer solchen über dem Wert 100 ist "kontakfreier Sport unter Beachtung der Kontaktbeschränkung nur mit den Angehörigen des eigenen Hausstands sowie einer haushaltsfremden Person (Kinder unter 14 nicht mitgerechnet) erlaubt". Das bedeutet konkret: Golf geht derzeit maximal in Zweiergruppen - eine Auflage, die sich der Club selber gegeben hat. Um Kontakte größtmöglich zu vermeiden, ist der Platz in zwei 9-Loch-Abschnitte aufgeteilt worden. So können auch mehrere Spieler unabhängig voneinander starten.

Updates im Wochentakt

Steffen Zinke, Manager des Clubs und dessen über die Grenzen der Region geschätzter 68-Hektar-Anlage in Thurnau, seufzt hörbar, wenn er die vergangenen Monate Revue passieren lässt. Fast wöchentlich kommen die neuesten Updates, was erlaubt ist und was nicht. "Es ist eine ganz schwierige Gemengelage. Es gehört zum Sportsgeist dazu, dass die Gesundheit all derjenigen, die hier auf dem Gelände unseren Sport ausüben, an oberster Stelle steht. Ohne Wenn und Aber. Insofern haben wir im Club die Maßnahmen der Regierenden stets mitgetragen und umgesetzt."

Dafür hat der Club bereits vor einem Jahr ein sehr strenges Hygienekonzept erarbeitet. Das umfasst zahlreiche Desinfektionsmöglichkeiten, Maskenpflicht überall - außer auf dem Platz -, dazu Wartezonen und generelle Abstandsregelungen, sei es im Clubhaus, auf dem Parkplatz oder der Driving Range, wo sich immer mehrere Spieler gleichzeitig bewegen. "Aber wir haben darüber hinaus zum Schutz unserer Mitglieder und Gäste noch mehr getan. Das geht so weit, dass die Golfer die Fahnen auf den Grüns nicht anfassen sollen, um selbst eine relativ unwahrscheinliche Schmierinfektion zu vermeiden." Der Erfolg: Laut Zinke gibt es keine einzige Corona-Infektion, die sich auf den Besuch am Golfplatz zurückverfolgen ließe.

Gastronomie muss weiter pausieren

Bayern war das Bundesland, das den Betreibern der Golfplätze als letzte im Bundesgebiet die Öffnung erlaubte. "Da hat nicht zuletzt unser Bundesverband auf die Verantwortlichen eingewirkt, denn wir sind den Vorgaben der Politik zu jedem Zeitpunkt gerecht geworden. Es wäre den Sportlern auch nicht zu vermitteln gewesen, warum man unter den Maßgaben das Ausüben des Sports - noch dazu einen Freiluftsport - nicht hätte ermöglichen sollen."

Weiterhin pausieren müssen die Pächter der Gastronomie im Clubhaus. Die hatten im vergangenen Jahr bereits das große Pech, dass sie gerade einmal 14 Tage nach der Neueröffnung aufgrund des ersten Lockdowns gleich wieder schließen mussten. "Immerhin konnten sie die Sommermonate ausgiebig nutzen und kamen so auf ihren Schnitt. Sonst wäre es sicher ganz bitter geworden." Bitter - das ist auch das Wort, das Lothar Seyfferth angesichts der Situation einfällt. Der Kreisvorsitzende für Kulmbach im Bayerischen Landessportverband (BLSV) macht keinen Hehl daraus, wie angespannt die Lage für die Sportler ist. "Wir haben nicht bloß zu kämpfen, wir haben schwer zu kämpfen. Beim Mannschaftssport geht seit Monaten gar nichts. Einzeltraining oder Zweiergruppen sind denkbar - aber angesichts der Hygienevorgaben ist das alles so umständlich, dass für viele der Aufwand nicht im Verhältnis steht zum Ertrag, sprich zum Trainingserfolg." Einzelsportler immerhin dürfen alleine werkeln. Leichtathleten ist es erlaubt, solo ihrer Wege zu laufen. Tennisspieler können an Wänden üben. Ball hin, Ball zurück, Ball hin, Ball zurück. "Was auf die Dauer aber eher ermüdend ist, weil alles in allem ja auch das Gemeinschaftsgefühl fehlt, das ist ein ganz wichtiger Aspekt beim Sport", sagt Seyfferth.

Er befürchtet, dass nicht wenige aufgrund der unsicheren Aussichten Laufschuhe oder Schläger komplett an den Nagel hängen. "Das betrifft uns als Verband unmittelbar, denn wir werden sicher Mitglieder verlieren. Vereinsaustritte sind ja schon mannigfach zu verzeichnen. Mancher, der noch ein paar Jahre drangehängt hätte, wird jetzt den Schlussstrich ziehen - und auch uns verlassen. Damit ist zu rechnen."

Machtlos gegen die Entscheidungen

Die Sportverbände wiesen die Politik auf Bundes- und Landesebene seit Monaten auf die ungute Entwicklung hin. Sogar der Deutsche Olympische Sport-Bund (DOSB) hat mehrfach sein Veto eingelegt. Aber gegen die getroffenen Entscheidungen sei man letztlich machtlos, sagt Seyfferth. "Nicht alle Beschränkungen, meine ich, dienen der Gesundheit der Menschen. Das Beispiel Gastronomie ist für mich so ein Beispiel, das zeigt: Gewisse Vorgehen sind kon­traproduktiv. Das gilt, mit Einschränkungen, auch für uns im Sport. Ich bin davon überzeugt: Die Vereine würden bei Kontrollen oder Auflagen mitmachen, wenn es drum geht, ihnen mehr zu ermöglichen als bisher."

Als Sportbegeisterter hat sich auch der Kulmbacher angepasst. "Ich gehe jeden Tag spazieren oder fahre Fahrrad. Man muss sich ja fit halten." Seyfferth hofft auf das Tübinger Modell - mit ausführlichen Testungen - und damit auf Lockerungen. Wenn freilich jeder Verein im Kreis Testkapazitäten bekäme, wäre das nur die halbe Wahrheit. "Es würden Leute benötigt, die an den die Teststationen den sicheren Ablauf gewährleisten."