Von 19 auf 16 Prozent: Wo Sie mit der reduzierten Mehrwertsteuer wirklich sparen können

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Bei größeren Anschaffungen fällt die reduzierte Mehrwertsteuer etwas deutlicher ins Gewicht als etwa beim Einkauf von Lebensmitteln. Illustration: stock.adobe
Bei größeren Anschaffungen fällt die reduzierte Mehrwertsteuer etwas deutlicher ins Gewicht als etwa beim Einkauf von Lebensmitteln. Illustration: stock.adobe

Bis Ende 2020 gilt in Deutschland ein geringerer Mehrwertsteuersatz. Bei kleinen Einkäufen schlägt das wenig zu Buche. Anders sieht es bei größeren Ausgaben aus. Fünf Beispiele aus der (Kronacher) Geschäftswelt.

16 statt 19 Prozent und 5 statt 7: Seit dem 1. Juli gilt in Deutschland ein verminderter Mehrwertsteuersatz. Mit diesem sollen nach Angaben der Bundesregierung die Bürger entlastet und gleichzeitig die Nachfrage angekurbelt werden. Doch wie stark macht sich die reduzierte Mehrwertsteuer bei den Verbrauchern tatsächlich bemerkbar?

Beim wöchentlichen Einkauf etwa schlägt sich die Steuersenkung nur geringfügig nieder. Für sogenannte Waren des täglichen Bedarfs - wie zum Beispiel Lebensmittel - liegt der Steuersatz normalerweise ohnehin schon nicht bei 19, sondern bei sieben Prozent. Bis Ende des Jahres beträgt er seit Anfang Juli nunmehr fünf Prozent.

Ersparnis beim Lebensmittel-Einkauf ist gering

Wie die Verbraucherzentrale Bayern auf ihrer Internetseite informiert, lassen sich beim Einkauf von Lebensmitteln wie Brot oder Milch nur wenige Cent sparen. Wer pro Woche beispielsweise für 150 Euro Lebensmittel kauft, spare dabei aktuell 2,67 Euro, rechnet die Verbraucherzentrale vor.

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Die Mehrwertsteuersenkung macht sich also in erster Linie bei größeren Anschaffungen bezahlt - sofern Händler und Unternehmen die reduzierte Mehrwertsteuer an ihre Kunden weitergeben, denn dazu sind sie nicht verpflichtet. Die Verbraucherzentrale nennt auf ihrer Internetseite einzelne Beispiele, bei denen der Mehrwertsteuernachlass stärker ins Gewicht fällt. Wir haben fünf davon unter die Lupe genommen:

Auto

"Beim Autokauf können sich die drei Prozent Mehrwertsteuersenkung durchaus mit drei- bis vierstelligen Summen auswirken", erklärt der ADAC auf seiner Internetseite. Die mögliche Ersparnis liegt also - je nach Anschaffungskosten - im Hunderter- bis Tausender-Bereich. Die Verbraucherzentrale Bayern rechnet vor, dass man zum Beispiel beim Kauf eines Wohnmobils, das mit einem Satz von 19 Prozent Mehrwertsteuer 45 000 Euro gekostet hätte, nun rund 1130 Euro spare.

Küche

Im Marktrodacher Küchenstudio "Die Traumküche" wird der Nachlass bei der Mehrwertsteuer an die Kunden weitergegeben, wie Verkäufer Johannes Horn berichtet. Eine neue Küche würde bei ihnen im Schnitt zwischen 7000 und 8000 Euro kosten, erklärt Horn. Kunden könnten beim Kauf einer neuen Küche somit im unteren dreistelligen Bereich Geld sparen.

Auch Martina Rebhan, Geschäftsführerin des Küchenstudios Rebhan in Stockheim-Neukenroth, erklärt auf Anfrage, dass man die Mehrwertsteuersenkung "freilich" an die Kunden weitergebe.

Möbel

Analog zur Küche macht sich auch beim Möbelkauf der reduzierte Mehrwertsteuersatz - je nach Verkaufspreis mehr oder weniger - bemerkbar. Wer sich zum Beispiel eine neue Sofa-Landschaft für 1999 Euro kauft, spart aktuell rund 50 Euro. Nicht nur beim Neukauf von Möbeln können Kunden von der reduzierten Mehrwertsteuer profitieren, sondern zum Beispiel auch, wenn sie ihre alten Möbel neu beziehen lassen. So gibt etwa "Der Polsterer" Andy Heller aus Kronach den Mehrwertsteuernachlass an seine Kunden weiter, wie er auf Anfrage erklärt.

Unterhaltungselektronik und Elektrogeräte

"Wir geben die Mehrwehrsteuersenkung eins zu eins an unsere Kunden weiter", erklärt Ralf Deuber, Inhaber des Elektro-Fachgeschäfts "EP:Deuber" in Kronach. Die Umstellung von 19 auf 16 Prozent Mehrwertsteuer sei kein Problem gewesen. Das Warenwirtschaftssystem berechne den reduzierten Preis "vollkommen selbstständig". Die Netto-Preise der Produkte seien nicht verändert worden, berichtet Deuber. "Wir arbeiten deshalb im Moment mit krummen Kommabeträgen. Daran sehen die Kunden auch, dass wir die niedrigere Mehrwertsteuer vollständig an sie weitergeben."

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Während im Online-Shop die krummen Preise direkt sichtbar werden, sind die Produkte im Laden noch mit den alten Preisschildern ausgezeichnet, wie Deuber berichtet. An der Kasse werde dann der reduzierte Mehrwertsteuersatz berücksichtigt und der Kunde könne den Unterschied direkt sehen. Beim Kauf eines Fernsehers oder zum Beispiel einer Waschmaschine im Bereich von 1000 Euro spare man aktuell knapp 30 Euro.

Der große Ansturm aufgrund der reduzierten Mehrwertsteuer sei bislang ausgeblieben, sagt Deuber. Er habe aber auch nicht mit einem solchen gerechnet. "In unserer Branche schafft man damit keinen Kaufanreiz", erklärt der Fachgeschäfts-Inhaber. "Keiner kauft sich zum Beispiel einen neuen Fernseher, nur weil die Mehrwertsteuer um drei Prozent reduziert wurde."

Im Bereich der Unterhaltungselektronik spielten spezielle Angebote wie etwa der Black Friday oder das Geschäft zu Weihnachten und Neujahr eine entscheidendere Rolle. "Die Mehrwertsteuersenkung dürfte sich in unserer Branche, wenn, dann eher am Jahresende bemerkbar machen, wenn das Weihnachtsgeschäft ansteht und 2021 wieder der alte Mehrwertsteuersatz gilt", so Deuber.

Renovierungsarbeiten und Handwerker

Kreishandwerksmeister Heinrich Schneider erklärt auf die Mehrwertsteuersenkung angesprochen, dass sich diese für die Kunden durchaus lohne. Während im Lebensmittelbereich nur Centbeträge eingespart werden können, fielen etwa im Bauhandwerk größere Rechnungssummen an.

Wie Schneider vorrechnet, sparen Kunden bei Kosten von 10 000 Euro netto mit der reduzierten Mehrwertsteuer am Ende 300 Euro. Das sei ein "Hilfspunkt", mehr aber auch nicht. Doch je höher der Betrag, umso deutlicher der Spareffekt. "Bei 50 000 Euro merkt man das dann schon", sagt Schneider. Er selbst gibt in seiner Schreinerei in Küps die gesunkene Mehrwertsteuer auch an die Kunden weiter.

Für die Handwerker sei die Umstellung jedoch mit einem immensen Aufwand verbunden, berichtet Schneider. Zum Beispiel müssten Angebote, die noch mit 19 Prozent veranschlagt wurden, nun auf 16 Prozent umgelegt werden, wenn man den Steuervorteil an die Kunden weitergeben wolle.

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Entscheidend ist der Tag, an dem die Ware geliefert beziehungsweise die Dienstleistung erbracht wird. Schneider fürchtet, dass Ende des Jahres die "Sparerei losgeht", da ab dem kommenden Jahr wieder die regulären 19 Prozent gelten (sollen). Viele Kunden wollten dann am Jahresende womöglich kurzfristig noch den reduzierten Preis mitnehmen. Schneider rät aber, gewünschte Leistungen rechtzeitig in Auftrag zu geben. Denn: "Gute Handwerker haben auch jetzt schon gut zu tun."

Fazit: Tatjana Halm, Referatsleiterin Markt und Recht bei der Verbraucherzentrale Bayern, bestätigt, dass von der Mehrwertsteuersenkung in erster Linie die Verbraucher profitieren, "die teurere Anschaffungen geplant hatten". Hier könne sich tatsächlich eine Ersparnis ergeben - vorausgesetzt der reduzierte Mehrwertsteuersatz wird an die Kunden weitergegeben, denn die Händler sind dazu ja wie eingangs erwähnt nicht verpflichtet.

Die Verbraucherzentrale empfiehlt, "gerade bei größeren Anschaffungen vorab die Preise zu vergleichen und gegebenenfalls bei den Händlern konkret nach der Mehrwertsteuersenkung zu fragen".

Jenseits von größeren Anschaffungen kann sich aber auch für alle anderen Verbraucher durch Kleinstbeträge - zum Beispiel bei Abos und Dauerverträgen - eine geringe Ersparnis ergeben, wie Halm anfügt.

Tipp: Wer nachrechnen möchte, was er bei einem Einkauf mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz sparen würde, findet auf der Internetseite der Verbraucherzentrale einen einfachen Rechner. Dort muss lediglich der ursprüngliche Verkaufspreis eingegeben werden: www.verbraucherzentrale.de/aktuelle-meldungen/geld-versicherungen/mehrwertsteuersenkung-was-bringt-sie-verbrauchern-49273