Modellgemeinde: Darum setzt Nordhalben auf den Artenschutz

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Die Montage des Fotografen Rudi Ott, die sich aus vielen Einzelfotos zusammensetzt, zeigt Mauersegler in verschiedenen Flugphasen. Nordhalben möchte im Rahmen des Modellprojekts unter anderem für diese Vogelart, aber auch andere Tierarten attraktiver werden. Foto: Archiv/Rudi Ott
Die Montage des Fotografen Rudi Ott, die sich aus vielen Einzelfotos zusammensetzt, zeigt Mauersegler in verschiedenen Flugphasen. Nordhalben möchte im Rahmen des Modellprojekts unter anderem für diese Vogelart, aber auch andere Tierarten attraktiver werden. Foto: Archiv/Rudi Ott

Nordhalben wird als eine von bayernweit zehn Kommunen Teil des Modellprojekts "Marktplatz der biologischen Vielfalt". Bürgermeister Michael Pöhnlein erhofft sich dadurch nicht nur einen Mehrwert für die hiesige Tierwelt.

Es muss nicht immer gleich Mückenspray sein: Manchmal reicht es schon, Nistkästen aufzuhängen, um laue Sommerabende im Garten verbringen zu können, ohne am nächsten Morgen auszusehen, als seien die Windpocken ausgebrochen. "In dem Viertel, in dem ich wohne, habe ich privat Schwalbenkästen aufgehangen", erzählt Nordhalbens Bürgermeister Michael Pöhnlein. "Und die sind auch alle schnell besetzt worden."

Dass gleichzeitig die Probleme mit den Stechmücken verschwanden, weil die Vögel diese alle vom Himmel pflückten, sei ein netter Nebenaspekt gewesen.

Denn sein Hauptanliegen war freilich ein anderes: dafür zu sorgen, dass in der Region heimische Tiere nicht vom Menschen verdrängt werden. "Das passiert bei Gebäudebrütern ganz schnell", erklärt Pöhnlein. "Wenn Häuser saniert werden, werden auch alle Öffnungen dichtgemacht." Für Vögel wie den Mauersegler sei das tödlich. Dass in Nordhalben nicht nur von Pöhnlein Nistkästen aufgehangen wurden, hat gleich zwei positive Folgen. Einerseits für die Umwelt, andererseits für die Marktgemeinde. Denn private Maßnahmen wie diese waren einer der Gründe dafür, dass Nordhalben nun zur Modellgemeinde des Projekts "Marktplatz der biologischen Vielfalt - Bayerische Kommunen setzen auf Biodiversität" wird.

Ziel des Projekts ist es, den Erhalt der Biodiversität als kommunale Aufgabe zu verankern und ins Gemeindeleben zu integrieren - wie etwa durch zusätzliche Nistmöglichkeiten. 36 Städte und Gemeinden hatten sich beworben, zehn erhielten den Zuschlag. Nordhalben gar als einzige oberfränkische Kommune. "Dass wir zu diesen Zehn dazugehören, freut uns sehr", betont Pöhnlein, der im Vorfeld darlegen muste, was Nordhalben bereits für die Biodiversität - also die biologische Vielfalt - macht und welche Zielvorstellungen seine Gemeinde hat.

Was genau auf die Nordhalbener zukommen wird, weiß der Bürgermeister noch nicht. Zunächst möchte er abwarten, was sich auf dem ersten Treffen der siegreichen Städte und Gemeinden am 30. November ergibt. "Wir hören uns erst einmal an, was dort alles vorgeschlagen wird", sagt der Rathauschef. "Denn da haben sich bestimmt auch schon andere Kommunen Gedanken gemacht, wie man das angehen und umsetzen kann."

Teilnahme erwünscht

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Er geht allerdings davon aus, dass es zunächst Informationsveranstaltungen geben wird, um nicht nur das Projekt näher zu erklären, sondern auch, was Biodiversität überhaupt ist. Dass die Bevölkerung mitarbeitet, sei nämlich ausdrücklich erwünscht, sagt Pöhnlein: "Jeder, der Interesse hat, darf daran mitarbeiten. Das ist keine reine Parteien- oder Gemeinderatsveranstaltung!"

Spürbar werde die Teilnahme an dem Projekt für die Bevölkerung wohl zunächst im Bereich "naturnaher Tourismus" vermutet Pöhnlein: "Da wird sich was tun, denn das ist ein Standbein, das wir noch weiter ausbauen können."

Außerdem hofft der Bürgermeister, mit Hilfe des Projekts den Waldumbau voranzutreiben oder wieder mehr Grün in den Ort zu bringen. Im Hinblick auf den Klimawandel stelle sich nämlich immer mehr heraus, dass Temperaturschwankungen dort extremer auftreten, wo viele Flächen zubetoniert sind.

Durch mehr Grünflächen könne so etwas abgepuffert werden. "Biodiversität ist ja ein weltweites Problem", sagt Pöhnlein und spricht das Insektensterben oder den Rückgang der Regenwälder an: "Wir können sicher nicht die Welt retten, aber wenn jeder vor Ort etwas macht, haben wir gute Chancen, dass es doch noch klappt!"

Cordula Kelle-Dingel, die Vorsitzende der Kronacher Kreisgruppe des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) ist schon gespannt darauf, was in den kommenden Jahren in und um Nordhalben in Sachen Umweltschutz und Erhaltung der Artenvielfalt auf den Weg gebracht wird. "Dort in der Gegend ist in dieser Hinsicht großes Potenzial", ist sie überzeugt. "Daher freue ich mich sehr, dass Nordhalben ausgewählt worden ist!"

Projekt läuft 2021 aus

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Geplant ist bislang, bis Mitte 2020 die Biodiversitäts-Strategien erstellt zu haben. Wenn das Projekt im Dezember 2021 endet, sollen konkrete Maßnahmen zum Arten- und Lebensraumschutz dann nicht nur geplant, sondern bestenfalls auch schon umgesetzt worden sein.

Ermöglicht wird der "Marktplatz der biologischen Vielfalt" durch eine in Bayern bislang einzigartige Kooperation. Die Trägergemeinschaft setzt sich zusammen aus dem Markt Tännesberg, der Vorbild für das Modellprojekt ist, und den landesweit tätigen Naturschutzverbänden Bund Naturschutz, LBV und Wildland-Stiftung.

Gefördert wird das Projekt unter anderem über den Bayerischen Naturschutzfonds, dem Umweltministerium und dem Gemeindetag, konkrete Maßnahmen aber auch durch die ausgewählten Kommunen.

Zugang zu Fördergeldern

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Welche Kosten entstehen, hänge auch davon ab, welche Projekte letztlich umgesetzt werden, sagt Pöhnlein. Doch Nordhalben darf wohl auf einige Fördermittel hoffen. Als er in Tännesberg begutachtete, wie das Modell dort praktiziert wird, sei ihm schon gesagt worden, "dass man als Modellgemeinde leichter an gewisse Fördergelder kommt".

Zwar wolle sich Nordhalben finanziell wieder mehr auf eigenen Beine stellen , "aber wenn es für sinnvolle Investitionen ist, nehmen wir Fördergelder gerne mit", sagt Pöhnlein. So sei womöglich auch manch größeres Projekt leichter umzusetzen. Im Frankenwald gebe es unheimlich viel Naturpotenzial - es müsse nur eben etwas daraus gemacht werden. Das bedeute allerdings nicht, dass nun neue Schutzgebiete aufgestellt werden.