"Meine Passion ist Linienverkehr"

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Herbert Schmidt (60) ist seit 39 Jahren Busfahrer und will noch lang nicht aufhören. Wenn der Ruf des Busverkehrs leidet, findet er das schade.
Herbert Schmidt (60) ist seit 39 Jahren Busfahrer und will noch lang nicht aufhören. Wenn der Ruf des Busverkehrs leidet, findet er das schade.

Herbert Schmidt ist gern Busfahrer. Deshalb nervt ihn der schlechte Ruf des ÖPNV im Kreis. Er hat unseren Reporter mal mitgenommen und erzählt, weshalb Bedarfsverkehr schwierig wäre und wie Politiker Vorbild sein sollten.

Mittwochmittag auf der Linie 8332 von Kronach nach Tschirn. Eine Schülerin grüßt Herbert Schmidt beim Einsteigen mit seinem Namen. Einer Seniorin vermittelt der Fahrer einen Sitzplatz, als sie auf Anhieb keinen sieht. "Ich mag dieses Persönliche. Meine Passion ist der Linienverkehr", sagt Schmidt. Doch der ÖPNV hat im Kreis Kronach einen schlechten Ruf und wird gefühlt recht wenig genutzt. Auch auf dieser Fahrt steigen nur sieben zahlende Gäste ein.

Nicht gleich verurteilen
Der 60-Jährige mit dem gepflegten Vollbart, am Band baumelnder Brille und blauem Oberhemd ist seit 39 Jahren Busfahrer. Und er ist es gern. Die teilweise negative Berichterstattung zum ÖPNV im Kreis nervt ihn: Wenn mal ein Busfahrer an einer Haltestelle vorbeifahre, ohne zu halten, dürfe man "nicht gleich alle Busfahrer verurteilen". Und dass der Linienverkehr auf einigen Routen dünn ausfalle, liege nicht an ihm oder seinem Arbeitgeber OVF (Omnibusverkehr Franken). Sondern daran, dass jeder, der im rechten Alter sei und es sich leisten könne, Auto fahre. "Busfahren gilt im Kreis Kronach als Verkehr zweiter Klasse", moniert Schmidt. Den Reporter hat Schmidt eingeladen, um seine Sicht der Dinge zu teilen.

Nachdem in Steinberg die letzten der rund 40 Kronacher Schüler ausgestiegen sind, sitzen Richtung Nordhalben und zurück maximal drei Gäste zur selben Zeit im Bus. Exakt sieben zahlende Mitfahrer steigen auf der zweistündigen Fahrt ein. An anderen Tagen fährt Schmidt auch nach Bayreuth oder Kulmbach - da sehe das anders aus: "Mein Geld verdiene ich eigentlich erst, wenn ich aus dem Kreis 'nausfahr."

Zukunft des ÖPNV?
Deshalb sieht der 60-Jährige nicht viel Zukunft für den Linienverkehr im Kreis Kronach. Er hofft, dass der heuer vieldiskutierte Bedarfsverkehr ein sinniges Konzept sein könnte. Aber hält er es für praktisch umsetzbar? "Werden wir sehen. Leicht wird das nicht." Unternehmen und vor allem Busfahrer müssten gefunden werden, die das Konzept - finanzielle Hürden mal ausgenommen - auf die Straße bringen. Und Fahrer etwa gibt es immer weniger. "Mein Chef meinte schon, wir müssten noch mal sprechen, bevor ich in Ruhestand gehe."

Es mangelt an Fahrern
Der Beruf sei für junge Leute unattraktiv. "Es gibt praktisch keinen Nachwuchs mehr", meint Schmidt sogar. Die Ausbildung inklusive Führerschein, die nötig ist, um Busfahrer zu werden, könne 8000 bis 10 000 Euro kosten. Unternehmen trügen das - wenn überhaupt - nur dann vollständig, wenn sich der Anwärter über einen gewissen Zeitraum binden lasse. "Und das wollen nicht viele."

Auch für Schmidt hört die Ausbildung nie auf. Alle fünf Jahre muss er seine Fahrerlaubnis erneuern lassen. Zwischendurch Fortbildungen besuchen. "Richtig so, denn man trägt Verantwortung, und die Materie des Berufs ist sehr komplex geworden", sagt Schmidt. Er weist auf seinen Fahrtcomputer mit Ticketberechnung, Routen-Timer und Navigationssystem. Das gab's vor 39 Jahren nicht.

In drei Jahren ruft für Schmidt, der im November 61 wird, eigentlich die Rente. "Aber ich habe es gar nicht so eilig, aufzuhören." Seine Routen seien abwechslungsreich, die meisten Gäste freundlich und es sei ihm eine Freude, sie nach der Fahrt zufrieden zu entlassen. Schmidt ist gerne Busfahrer.

Was könnte der Kreis tun?
Schmidt findet es schade, dass er die Kreispolitik zwar über den ÖPNV diskutieren hört, aber die Politiker selten antrifft. "Von denen sehe ich überhaupt niemanden mal mit dem Bus zum Dienst fahren." Wenn die Entscheider im Landkreis an einem vitalen Busverkehr interessiert sind, so Schmidt, sollten sie doch den Anfang machen. Er erinnert sich an einen Spruch aus seiner Bundeswehr-Zeit: "Führen durch Vorbild" - Das wünsche er sich auch von den Politikern des Kronacher Kreistags.



Busverkehr in Kronach: Ein auskömmliches Geschäft
Wege
Im gesamten Kreis Kronach fahren 14 Linien im Auftrag des Konzessionshalters OVF.

Fahrzeuge Sechs Busse des OVF und 62 Busse von Auftragnehmern sind im Einsatz.

Fahrer Der OVF selbst hat neun Fahrer, die Auftragnehmer 74 Fahrer im Einsatz.

Gäste 1,5 Millionen Gäste pro Jahr befördern der OVF und seine Auftragnehmer im Kreis Kronach.
Rentabilität Wir haben bei der Pressestelle der Bahn nachgefragt, inwiefern sich der Busverkehr im Landkreis rechnet. Ein Sprecher teilte mit: "Natürlich gibt es Linien, die stärker ausgelastet sind, und Linien, in denen im Vergleich weniger Reisende unterwegs sind. Gut ausgelastete Linien sind oft diejenigen, in denen Schüler mit befördert werden. Dafür erhält der OVF Ausgleichszahlungen vom Kreis. Insgesamt ist der Busbetrieb im Kreis Kronach für den OVF ein auskömmliches Geschäft."