Ab 1. Juli gilt die Lkw-Maut auf Bundesstraßen - und schon ab 7,5 Tonnen. Für Betroffene aus dem Kreis Kronach wird fast jede Fahrt teurer.
Michael Lenker redet nicht um den heißen Brei herum. "Die Mehrkosten müssen wir an die Kunden weitergeben", sagt der Geschäftsführer der Spedition Lenker aus Stockheim.
Beispielhaft rechnet er vor: Viermal am Tag fährt einer der 20 Lenker-Lkw nach Kulmbach. Das Ziel ist die dortige Lebensmittelindustrie, die mangels eigener Lagerkapazitäten Gewürze oder Backmittel zeitnah benötigt.
Auf dem Weg in die Bierstadt ist der Laster etwa 30 Kilometer auf der Bundesstraße unterwegs. Und kostet die Firma damit ab 1. Juli für jeden Kilometer mehr als vorher. Denn zu diesem Zeitpunkt wird die deutsche Lkw-Maut auch auf Bundesstraßen ausgeweitet. "Pro Tour nach Kulmbach sind es etwa zehn Euro. Das macht 40 bis 50 Euro am Tag", sagt Lenker. "Unsere Preise steigen damit um drei bis zehn Prozent."
Vor allem kürzere Routen teurer
Vor allem auf Kurzstrecken - etwa auch zur Firma Dr. Schneider nach Neuses bei Kronach - fallen diese Ausgaben ins Gewicht. Aber auch lange Fahrten zum Hamburger Hafen oder ins Ausland werden teurer.
39 000 Kilometer lang ist das mautpflichtige Bundesstraßen-Netz ab 1. Juli. Die Bundesregierung erhofft sich Einnahmen von 7,2 Milliarden Euro pro Jahr - rund 2,5 Milliarden mehr als durch die bisherige, 2005 eingeführte Maut.
Michael Lenker zeigt trotz der Mehrkosten als einziger Spediteur, mit dem wir für diesen Artikel sprachen, auch Verständnis für das Gesetz. "Es ist berechtigt, Ausländer, die der Maut entgehen wollten, zur Kasse zu bitten." Vor allem die Strecke von Hof über Kronach nach Lichtenfels sei eine beliebte Maut-Sparroute. "Für uns zählt auf dem digitalen Tacho jede Minute. Und Zeit hat man nicht gespart, deshalb war es für uns nicht wichtig", sagt Lenker. Gerade Lkw aus Osteuropa hätten aber gerne das Geld gespart.
B 173 geht jetzt ins Geld
Ebenfalls oft auf der B 173 in Richtung Lichtenfels unterwegs sind die zwölf Lastwagen von Wänke Transporte. Das Unternehmen mit Büroräumen in Wilhelmsthal und Lkw-Stellplätzen in Gifting liefert deutschlandweit Baumaterial aus und fährt dabei oft zunächst in Richtung Süden.
"Eine Stunde auf der Bundesstraße wird uns fünf bis sieben Euro mehr kosten", sagt Firmen-Inhaber Kurt Wänke, der für die Maut-Erweiterung kein Verständnis hat. Und zwar nicht nur wegen der Gebühr an sich: "Der Mehraufwand, den unsere Bürokraft jeden Abend hat, wird uns nicht bezahlt."
Die logische Folge: "Wir müssen die Kosten auf die Kunden umlegen. Das wird zwar Ärger geben, geht aber nicht anders."
Achim Gräbner, Vertriebsleiter der Spedition Söllner mit Hauptsitz in Stockheim und Nebenstellen in Kleintettau, Sonneberg und Hannover, geht noch weiter. "Am Ende wird der kleine Bürger die Maut zahlen." Denn die Lastwagen seien unverzichtbar. "Selbst wenn der Transport per Flugzeug oder Zug ausgebaut wird. Dort müssen die Waren auch erst einmal hinkommen."
Gräbner geht für sein Unternehmen, das unter anderem die Kunststoff-, Glas- und Getränkeindustrie beliefert, von Kostensteigerungen um drei bis vier Prozent pro Route aus.
Auf der Fahrt zu einem Getränkekunden nach Fürstenfeldbruck ist es für seine Fahrer praktischer, auf Bundesstraßen unterwegs zu sein, als die stauträchtigen Autobahnen rund um München zu nutzen. "Das sind jetzt 40 Kilometer mehr Maut."
Mautpflicht ab dem ersten Meter
Keinen Meter mehr ohne Maut geht es künftig für die Weißenbrunner Gampertbräu. "Unsere Ausfahrt ist die Bundesstraße", sagt Geschäftsführer Christian Höfner mit Blick auf die Lage der Brauerei an der B 85.
Er kritisiert die neue Regelung als "wirtschaftsunfreundlich hoch drei. Das ist ein kurzfristiges Denken der Regierung und für uns zusätzliche Arbeit." Für rund 1000 Euro musste Gampertbräu jetzt seinen Fuhrpark nachrüsten.
Irgendwann, so Höfner, müssten diese Kosten auch weitergegeben werden. "Wir werden dies aber noch nicht ab 1. Juli tun. Irgendwann wird aber der Bierpreis deswegen auch steigen."
Ausnahme für Land- und Forstwirtschaft
Kulanzregelung Wie der Bayerische Bauernverband (BBV) mitteilt, wird die Maut bis Ende 2018 für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge ausgesetzt. Ab 2019 gibt es dann eine gesonderte gesetzliche Regelung. "Es ist sehr erfreulich, dass die Politik auf die bürokratische und unverhältnismäßige Regelung für die Landwirtschaft verzichtet", erklärt Erwin Schwarz, Kronacher BBV-Kreisobmann.
Einsatz Unter anderem Bauernpräsident Walter Heidl hatte sich per Schreiben an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) für eine Nachbesserung stark gemacht.