Das Bayerische Rote Kreuz prangert Ausfallstunden bei den Notärzten an. Die vorgelegten Zahlen geben aber Raum zur Interpretation.
Eine Radiomeldung schlug am Freitag große Wellen. "Rotes Kreuz in Bayern warnt: So oft fallen in eurer Region Notärzte aus!", titelte der Sender Antenne Bayern auf seiner Homepage. Und verwies auf Zahlen, die vor allem den Landkreis Kronach in ein schlechtes Licht rückten.
BRK-Sprecher Sohrab Taheri-Sohi erläuterte gegenüber dem Sender, dass es in der Zeitspanne vom 1. Dezember 2019 bis zum 6. Januar 2020 bayernweit 551 Ausfälle von Notärzten gegeben habe, was rund 6000 Ausfallstunden bedeute - drei Prozent der insgesamt 173 000 anfallenden Notarztstunden. Als Ausreißer in der Statistik bezeichnete Taheri-Sohi den Kreis Kronach mit alleine schon über 1000 Ausfallstunden.
Was steckt hinter den Zahlen?
Müssen die Menschen im Frankenwald also ernsthafte Sorge haben, im Notfall ohne kompetente medizinische Hilfe dazustehen? Wie Kreisgeschäftsführer Roland Beierwaltes vom Kronacher Roten Kreuz betont, sind solche Ängste nicht begründet. Das sei auch nicht die Intention gewesen, die hinter dem Vorstoß des Bayerischen Roten Kreuzes steckt.
Grundsätzlich sei die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) für die Organisation und Besetzung des Notarzt-Dienstes zuständig, erklärt Beierwaltes, der die 1000 Ausfallstunden an den vier heimischen Notarztstandorten bestätigt. Doch Zahlen können täuschen. "Trotz dieser Nichtbesetzung ist jeder Notfallpatient vom BRK-Kreisverband Kronach mit hoch qualifizierten Notfallsanitätern und - wenn notwendig durch die Leitstelle disponiert - mit einem Notarzt aus einem anderen Rettungsdienst-Bereich oder der Luftrettung, versorgt worden. Die Menschen im Landkreis Kronach waren und sind rettungsdienstlich und notärztlich versorgt", betont Beierwaltes.
Ganz andere Zielrichtung
Hintergrund der Veröffentlichung durch den Landesverband sei nicht gewesen, Angst vor einer schlechten Versorgung zu schüren. Bei den Zahlen gehe es darum, ein Augenmerk auf Verbesserungsmöglichkeiten zu lenken. Das betreffe einerseits die Ausbildung und die Ansiedlung von Ärzten in der ländlichen Region. Andererseits drehe es sich darum, gesetzliche Veränderungen zu erreichen, die den Notfallsanitätern einen größeren Handlungsspielraum einräumen (siehe Textende).
Beierwaltes zieht daher ein klares Fazit: "Die Menschen im Landkreis Kronach erhalten qualifizierte Hilfe, wenn sie diese benötigen - trotz der schwierigen Notarztsituation." Und weiter: "Um eine Verbesserung zu erreichen, sind Maßnahmen vom Landrat und Kreisvorsitzenden des BRK, Klaus Löffler, ergriffen worden. Deren Umsetzung wird eng begleitet."
Abgeordneter zwischen Zusage und Verärgerung
Zur Chefsache möchte Landtagsabgeordneter Jürgen Baumgärtner (CSU) das Thema "Notarzt-Versorgung" machen. Die KVB sei ebenso wie die Ministerien in München und Berlin mit der Masse an Zukunftsthemen mittlerweile überlastet, meint er. Zu vieles müsse delegiert werden. Deshalb möchte er das Thema dem Ministerpräsidenten direkt ans Herz legen.