Sexuelle Nötigung am Ochsenfurter Bahnhof

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Ein 44-Jähriger wollte sich die 16-jährige Freundin eines Jugendlichen "ausleihen". Das Geständnis fiel ihm vor Gericht schwer - obwohl der Richter eine Goldene Brücke baute.

Seine Freundin sei sehr hübsch, hat ein Nordafrikaner in einer Unterführung am Ochsenfurter Bahnhof zu einem Jugendlichen gesagt und gefragt, ob der ihm das Mädchen, eine 16 Jahre alte Schülerin aus dem Landkreis Kitzingen, mal "ausleihe". Als der "nein" sagte, hat der Mann einfach zugegriffen.
Eine Stunde lang hat der wegen sexueller Nötigung angeklagte verheiratete 44-Jährige beim Jugendschutz-Gericht den ihm vorgeworfenen Sachverhalt bestritten: Zur angeblichen Tatzeit habe er, wie üblich am Abend, als Reinigungskraft in einem Ochsenfurter Unternehmen gearbeitet.

An den Busen gefasst

Laut Anklage hat er aber in der Unterführung der 16-Jährigen an den Busen gefasst, ist erst weitergegangen, aber dann zurückgekommen und hat der Schülerin die Hand entgegengestreckt.
Die dachte, er wolle sich entschuldigen, tatsächlich hat der Mann aber das Mädchen an sich gezogen, ihr Gesicht mit beiden Händen festgehalten und sie kurz geküsst. Dann ging er weiter, als wäre nichts gewesen. Die Jugendlichen suchten unverzüglich die Polizei auf.

Nach der Vernehmung der Schülerin hatte das Jugendgericht nicht den geringsten Zweifel, dass sich der Angeklagte so wie vom Staatsanwalt beschrieben daneben benommen hat. Die Zeugin hatte Angst vor der Begegnung mit dem Angeklagten, sie weinte, kam erst in den Sitzungssaal, nachdem der Vorsitzende Richter ihr Beistand durch die Mutter akzeptiert und angeordnet hatte, dass alle Fragen an die Zeugin an ihn zu richten seien.
Obwohl der Vorfall fast schon ein halbes Jahr zurückliegt, habe sie, so die Zeugin, immer noch "Schiss" davor, in Bahnhofsnähe allein zu sein. Der Angeklagte sei ihr einige Zeit vorher schon einmal in Ochsenfurt begegnet, da habe er sie gefragt, ob sie schon einen Freund hat und er habe sie zu sich nach Hause eingeladen. Zum Glück seien Passanten gekommen und sie sei davongerannt.

900 Euro Schmerzensgeld

Den Grenzfall zwischen sexueller Nötigung und tätlicher Beleidigung versuchte Jugendrichter Bernd Krieger mit einem Kompromiss zu beenden: Bei einem Geständnis könne man das Verfahren wegen einer tätlichen Beleidigung vorläufig einstellen - unter der Voraussetzung, dass der Mann an die Schülerin 900 Euro Schmerzensgeld bezahlt, in neun Monatsraten.

Die Einstellung des Verfahrens sei ihm auch deswegen lieber, so Bernd Krieger, weil das "Opfer" davon etwas hat: Eine Art Anschub-Finanzierung für den Führerschein, dachte der Richter laut nach, zumindest den für einen Roller, damit die Schülerin nicht mehr den Bahnhof aufsuchen muss.
Denn seit dem Vorfall, so ihr Vater im Gespräch mit dem Gericht, fahre sie nur noch in Begleitung mit der Bahn oder lasse sich von den Eltern im Auto befördern. Bei einer Verurteilung wäre die Geldstrafe in die Staatskasse gegangen.

Dass es sich bei der Einstellung des Verfahrens nach einem Geständnis für den Angeklagten um eine "ganz massive goldene Brücke" handelte, hat der nicht gleich begreifen wollen. Knapp 20 Minuten lang hat sein Anwalt ihn während einer Pause auf dem Flur "bearbeitet", bis der schließlich den Vorfall, den er vorher total bestritten hat, doch noch einräumte.
Zu den Zeugen, die ohne Aussage wieder gehen durften, gehörte auch die Ehefrau des Angeklagten. Vielleicht ist dem das Geständnis deswegen so schwer gefallen.

Tapfere Zeugin

Der Schülerin hat der Richter bestätigt, dass sie als Zeugin "tapfer" war. Er selbst hat sich Anerkennung verdient für sein rücksichtsvolles Fragen, bei dem er dennoch nichts ausklammerte, was der Klärung bedurfte, aber der Schülerin doch die Angst vor dem Gericht allgemein und der Begegnung mit dem Angeklagten speziell nahm.
So erfuhr er auch ganz nebenbei, dass die Freundschaft mit dem Jugendlichen von damals beendet und dass die 16-Jährige derzeit Single sei, aber das könne in dem Alter durchaus auch mal von Vorteil sein, so der Richter.