Pensioniertem Lehrer bleibt Verurteilung erspart

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Symbolbild: FT-Archiv
Symbolbild: FT-Archiv

Ein ehemaliger Lehrer wollte seinen alten Nussbaum retten und drohte dem Würzburger Rathaus mit einem Blutbad. In der Berufungsinstanz wurde das Verfahren am Donnerstag gegen eine Geldbuße von 2000 Euro eingestellt.

Im Baureferat der Stadt Würzburg kann wieder ohne Angst gearbeitet werden: Ein 69 Jahre alter ehemaliger Studiendirektor hat am Donnerstag vor Gericht erneut versichert, dass seine Drohung mit einem "Blutbad im Rathaus", falls seinem Nussbaum was "passiert", nicht ernst gemeint war.

Der Ex-Pauker für Deutsch, Französisch und Sozialkunde ging bei einem Ortstermin im September 2011 mit Leuten aus dem Rathaus verbal auf die Barrikaden, weil er befürchtete, dass ein alter Nussbaum in seinem Garten die Sanierung der Straße nicht überleben könnte. Mit der Drohung habe er nur sicherstellen wollen, so der Angeklagte, dass bei der geplanten Tiefbaumaßnahme, die er für überflüssig hielt, die Wurzeln seines mächtigen Nussbaumes nicht beschädigt werden.

Geldstrafe in erster Instanz

In erster Instanz war der bis dahin nicht vorbestrafte pensionierte
Studiendirektor wegen Bedrohung zu einer Geldstrafe von 2000 Euro verurteilt worden. In der Berufungsinstanz hielt sich der alte Herr am Donnerstag total zurück. Sein Anwalt erklärte, die vom Rathaus als Drohung empfundene Äußerung werde nicht bestritten, sein Mandant habe sich eindeutig in der Wortwahl vergriffen. Der Angeklagte suche den "Rechtsfrieden", das Verfahren belaste ihn, er habe auch im Vorfeld dieser Verhandlung wieder schlecht geschlafen. Es müsse doch möglich sein, dieses Verfahren wegen geringer Schuld einzustellen und dem Mann auf seine alten Tage eine Verurteilung zu ersparen. Dem konnte sich auch Staatsanwältin Anne Tachkov anschließen.

Wenn der Angeklagte 2000 Euro Geldbuße bezahlt hat, so die Entscheidung der 3. Kammer des Landgerichts, wird das Verfahren eingestellt. Eigentlich wollte der pensionierte Studiendirektor, dass das Geld ans Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen geht. Da die Vorsitzende Richterin Susanne Krischker zwar die Kontonummer vieler gemeinnütziger Einrichtungen, aber nicht die vom UNHCR in ihrer Mappe hatte, einigte man sich darauf, dem Bund Naturschutz in Würzburg die Geldbuße zukommen zu lassen, weil das Verfahren letztlich ja nur durch einen Baum ausgelöst wurde.


"Nur ein bisschen mit der Sprache gespielt"


Bei der Verhandlung im August vergangenen Jahres vor dem Amtsgericht war der Angeklagte vorübergehend in seine alte Rolle als Lehrer geschlüpft. Damals versuchte er einer Richterin noch schrittweise zu erklären, warum der Staatsanwalt mit seiner Anklage auf dem Holzweg ist: Er habe doch nur, fernab von der Realität, ein bisschen mit der Sprache gespielt, sagte der Angeklagte damals und fragte das Gericht, warum er, der 35 Jahre lang in der Schule nicht ausgerastet ist, nun plötzlich ein Blutbad anrichten sollte. Er wisse gar nicht, was man dazu braucht, er habe keine Waffen im Haus, höchstens Küchenmesser, schränkte er dann ein.

Ihm sei es darum gegangen, so der Angeklagte in der ersten Instanz, den Baureferenten der Stadt Würzburg, "der durch Fehlplanung schon zig-tausende rausgeschmissen hat", vom seiner Meinung nach völlig überflüssigen Straßenneubau in einer so bedeutungslosen Stichstraße mit wertvollem Baumbestand abzubringen. Er neige halt gelegentlich zu scharfen Formulierungen und der Satz, dass es im Rathaus ein Blutbad geben werde, wenn sein Nussbaum eingeht, sollte eigentlich nur den Städtischen Baureferenten zum Nachdenken anregen, der im Umgang mit Andersdenkenden auch nicht gerade zimperlich argumentiere.

Ganz ruhig und ohne Schärfe habe man sich bei einem Ortstermin im Garten des Angeklagten unterhalten, berichtete eine Städtische Bauingenieurin als Zeugin vor dem Amtsgericht. Daher sei sie sehr verwundert gewesen, dass der Grundstückseigentümer, als es um seinen alten Nussbaum ging, plötzlich so massiv formulierte. Persönlich habe sie sich nicht angegriffen gefühlt, den Satz mit dem Blutbad habe sie nur deswegen in ihre Unterlagen geschrieben, damit man in der Verwaltung merkt, dass da Zündstoff drinnen und Vorsicht angebracht ist: weil der alte Mann so an seinem Nussbaum hängt. Gestern wurden die geladenen Zeugen angesichts der Einstellung des Verfahrens gar nicht mehr gehört.

Der Nussbaum steht noch

Dem Nussbaum ist übrigens nichts passiert, denn zu der geplanten Erweiterung der Stichstraße vor dem Grundstück des Studiendirektors kam es dann gar nicht mehr. Die Straße habe, so Monate nach dem Zwischenfall der Stadtbaurat bei der Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses im Würzburger Rathaus, einen "besonderen Charakter": Sie ist eng, von vielen Bäumen flankiert, wird fast nur von den wenigen Anwohnern genutzt und befindet sich in schlechtem Zustand. Bei einem Neubau mit Verbreiterung hätten 38 Bäume gefällt werden müssen, die Kosten wurden auf über 200 000 Euro geschätzt und 90 Prozent davon hätten die wenigen Anlieger bezahlen müssen. Daher blieb alles "beim alten", das Projekt wurde abgeblasen.

"Ständige Anfeindungen"

Nach der ersten Verurteilung des Studiendirektors a.D. im vergangenen Jahr, als der Berufung gegen seine Verurteilung ankündigte, hatte sich auch Würzburgs Oberbürgermeister Georg Rosenthal zu Wort gemeldet. Er hielt es für bedauerlich, "dass ein jahrelanger verdienter Pädagoge weder genügend Anstand in der Ausdrucksweise besitzt, noch zwischen Recht und Unrecht unterscheiden kann". Für manche Schüler hatten ähnliche Äußerungen schon, so der OB, "verhängnisvollere Folgen". Die Stadt Würzburg weise "die ständigen Anfeindungen des Pädagogen gegen Angestellte und leitende Mitarbeiter auf das Schärfste zurück", die Äußerungen des Kulturschaffenden und pensionierten Studiendirektors seien "in keiner Art und Weise gerechtfertigt".