Opa missbraucht dreijährige Enkelin sexuell

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Symbolbild: FT-Archiv
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Ein knapp 80-jähriger Großvater hat nach Meinung des Würzburger Landgerichts seine dreijährige Enkelin sexuell missbraucht - seine eigene Sicht der Dinge ist indes unfassbar.

"Das Kind sollte ein bisschen Spaß haben, es ging gar nicht um mich". So distanzlos-unterkühlt hat ein 78 Jahre alter Rentner am Freitag vor einer Strafkammer des Landgerichts Würzburg auf die Anklage wegen schwerem sexuellen Missbrauch seiner zur Tatzeit drei Jahre alten Enkelin reagiert. Verurteilt wurde er für das, so der Angeklagte, "ein bisschen unten herumgebusselt" zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten.

Von seinem Anwalt immer wieder gebremst, hatte der Rentner versucht, seiner 22 Jahre jüngeren Ehefrau eine gewisse Mitschuld an der Tat anzuhängen: Wegen Bandscheiben-Beschwerden verweigere die ihm schon seit Jahren Sex und sei aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausgezogen.
Das könne bei dem Angeklagten, der keine pädophile Neigung hat, durchaus zu Ersatzhandlungen mit kleinen Mädchen geführt haben, die sich ohne stationäre Therapie als Lust-Ersatz "verselbständigen", meinte der psychiatrische Gutachter Dr. Jörg Groß.

Der Angeklagte ist körperlich und geistig erstaunlich fit, muss trotz seines Alters keine einzige Pille regelmäßig schlucken und ist für das, was er angerichtet hat, strafrechtlich voll verantwortlich. Zur Tatzeit stand er unter Bewährung: Auf einem Kinderspielplatz in einer Stadtrandgemeinde hatte er zwei zehnjährigen Mädchen an Spielgeräten scheinbar "Hilfestellung geleistet" und dabei gezielt zwischen die Beine und an die Brust gefasst. Dafür war er im Januar 2012 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Als Bewährungsauflage musste er einige hundert Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und durfte sich bundesweit Spielplätzen nicht unter 50 Meter nähern. Bereits ein halbes Jahr später ist er zuhause, im Schlafzimmer, mit der Enkelin rückfällig geworden.

Opa will verführt worden sein

Angeblich wollte er gerade ein Mittagsschläfchen machen, als die Dreijährige zu ihm ins Schlafzimmer kam, sich ins Bett legte und sich dabei, behauptet der Angeklagte, so provozierend räkelte, als wollte sie sagen: "Opa streichel' mich ein bisschen unten herum". Er will vermutet haben, dass sie bei älteren Kindern mal was gesehen hat, Richtung Selbstbefriedigung. Das Kind habe sogar nach dem Küssen im Schambereich, nachdem er die Unterhose beiseite geschoben hatte "Opa, noch einmal" gesagt. Also könne es doch nichts Schlimmes gewesen sein, meinte der 78-Jährige.

DNA-Spuren in der Unterhose

Tatsächlich hörte die Ehefrau das Kind "Opa, Aua" rufen. Sie stürmte ins Schlafzimmer und hat den Rentner erst mal vermöbelt, eine Tochter verständigte sofort die Polizei. Vor Gericht hätte Leugnen dem Rentner nichts gebracht, denn am Unterhöschen des Kindes wurden von der Rechtsmedizin später innen und außen DNA-Spuren des Angeklagten nachgewiesen, Speichelspuren von dessen Küssen.

Die Eltern des Kindes haben den Kontakt zum Opa abgebrochen und verzichteten auch vor Gericht auf dessen Entschuldigung. "Das hättest du dir früher überlegen sollen", sagte der Stiefsohn. Das Kind habe später daheim immer wieder genau die Küsse des Angeklagten im Schambereich beschrieben und immer wieder habe die Dreijährige in den Monaten nach der Tat gesagt, dass sie den Opa nicht mehr sehen wolle. Derzeit gehe das Mädchen davon aus, dass der Opa im Krankenhaus sei und werde, so die Eltern, offensichtlich nicht durch das Erlebnis belastet. Allerdings, meinte das Gericht, seien psychische Spätfolgen in so einem Fall nicht auszuschließen.

Ohne sexualtherapeutische Behandlung, die stationär sein müsse, sehe die Prognose für den Angeklagten nicht günstig aus, so der Gutachter Dr. Groß. Eine ambulante Therapie als Auflage nach der ersten Verurteilung habe der Angeklagte als aus seiner Sicht absolut sinnlos und überflüssig eingestuft und auch in dem jetzigen Strafverfahren gehe es ihm mehr ums Bagatellisieren als um Einsicht in sein Fehlverhalten. Da es in der Justizvollzugsanstalt Würzburg eine sozialtherapeutische Einrichtung gibt, könne der Angeklagte während der Strafhaft dort behandelt werden.

Das Gericht appellierte an den Rentner: Die Chance, sich helfen zu lassen, solle er nutzen mit der Aussicht, nach erfolgreicher Therapie vorzeitig entlassen zu werden. Wenn er dabei nicht mitmacht, müsse er die Strafe voll absitzen, einschließlich der früheren Verurteilung zu einem Jahr, deren Strafaussetzung zur Bewährung vermutlich widerrufen werde.

"Es ist schon fünf nach zwölf"

Allerdings hatte der Vorsitzende Richter Burkard Poepperl den Eindruck, dass alle gut gemeinten Hinweise den Angeklagten überhaupt nicht erreichen. Der motzte während der Urteilsverkündung, bis das Gericht ihm eine Ordnungsstrafe androhte. Leute, die drei Menschen tot fahren, sind schon nach zwei Jahren wieder draußen, beschwerte er sich. Das Gericht erklärte, nur mit Altersstarrsinn oder Dummheit sei es zu erklären, dass der 78-Jährige von der drei Jahre alten Enkelin zu sexuellen Handlungen verführt worden sein will.

Manches könne man sich auch als langjähriger Richter selbst mit blühender Fantasie nicht vorstellen, das sei so ein nicht einmal ansatzweise nachvollziehbarer Fall. Er habe so etwas, so Poepperl, Vizepräsident des Landgerichts Würzburg, in seiner Richterlaufbahn noch nicht erlebt und das sei gut so. Der Opa habe bewusst Grenzen, die er kannte, überschritten und seine sexuellen Lustgefühle an einem Kind ausgelebt, das die Eltern für einige Tage zu den Großeltern gebracht hatten. Das Geständnis des Rentners, das man strafmildernd berücksichtigen musste, habe wenig Einsicht oder gar Reue erkennen lassen.

Oberstaatsanwalt Thomas Trapp hatte vier Jahre und drei Monate beantragt und, soweit es um die Gefährlichkeit des Rentners geht, erklärt, da sei es bereits "fünf nach zwölf". Je länger er sitzt, desto größer sei die Chance, dass er keine kleinen Mädchen anfasst.