Ein Kitzinger und zwei Kaiserinnen

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Devrim Lingnau und Philip Froissant werden als Sisi und Franz bei „The Empress“ zu sehen sein.
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Foto: Foto: Netflix / Thomas Schenk
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Dominique Devenport als Sisi.
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Foto: TVNOW/Story House Pictures/René Arnold
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Harald Zierhut und eines seiner beiden Film-Ichs: In der RTL-Produktion spielt der Franke einen höheren Beamten.
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Foto: DIANA FUCHS
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Der Säbel, der zu Harald Zierhuts Uniform gehört, trägt diese Gravur.
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Foto: Zierhut
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Schmucker Diener Sisis: Harald Zierhut als Komparse.
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Wenn es zu regnen beginnt, bekommen die Komparsen Schutzüberzüge – damit die schönen Uniformen nicht nass werden.
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Foto: Zierhut
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Die Film-Wunde sieht täuschend echt aus.
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Foto: Zierhut
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Der Säbel, der zu Harald Zierhuts Uniform gehört, trägt diese Gravur.
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Foto: Zierhut
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Harald Zierhut aus Kitzingen spielt in der RTL-Produktion einen höheren Beamten.
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Foto: Diana Fuchs
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Was für ein Komparsenleben… Harald Zierhut im Juni 2021 in einer Drehpause für „Macho Man 3” ...
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Foto: Zierhut
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Die legendäre „Sissi“, verkörpert von Romy Schneider (1955). Nun gibt es bald zwei neue „Sisis“.
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Foto: ARD DEGETO

Das Leben von Kaiserin Elisabeth - „Sisi“ - wird aktuell gleich zweimal neu verfilmt. Harald Zierhut spielt in beiden Produktionen mit. Welche Sisi gefällt ihm besser?

Stille Wasser sind tief, heißt es. Harald Zierhut ist demnach ein sehr stilles Wasser. Im Sommer hat der Zollbeamte seinen Ruhestand angetreten. Doch statt die Beine über die Sessellehne baumeln zu lassen, schlüpft der engagierte Kitzinger Feuerwehrmann in eine Uniform nebst Stiefeln ohne Fußbett und stellt sich stunden-, ja tagelang damit aufs harte Pflaster am Bamberger Domberg oder an der Würzburger Residenz. Der 65-Jährige arbeitet als Komparse beim Film – derzeit bei gleich zwei neuen Filmen über Sis(s)i, die bayerische Prinzessin, die durch die Heirat mit Franz Joseph 1854 zur Kaiserin von Österreich-Ungarn wurde.

Herr Zierhut, heißt es Sissi oder Sisi?

Harald Zierhut: In den alten Filmen mit Romy Schneider wurde der Kosename für Elisabeth mit Doppel-s geschrieben, Sissi. Die neue RTL-Produktion heißt einfach Sisi. Bei Netflix kommt der Name im Titel gar nicht vor, da lautet der Serientitel „The Empress“ , die Kaiserin.

Ihre Haare sind länger als sonst, oder?

Was macht man nicht alles, um Sisi zu begegnen (lacht)! Nein, im Ernst, wir Komparsen dürfen unsere Haare eine Zeitlang nicht schneiden lassen. Wir werden am Set von zwei Dutzend Friseurinnen und Maskenbildnerinnen frisiert und bei Bedarf geschminkt. Je nach Szene werden auch mal Koteletten angeklebt oder Bärte.

Wen stellen Sie dar?

Ich bin ein höherer Beamter beziehungsweise ein Gendarm. Als die gläserne Kutsche mit Sisi vorfährt und Franz Joseph seine Herzdame begrüßt, dränge ich zum Beispiel das aufgeregte Volk zurück. Generell macht man als Komparse aber vor allem eins: diszipliniert rumstehen, und zwar viele, viele Stunden lang.

Geduld haben Sie als Zollbeamter ja bestimmt intus!

(lacht) Was heißt da, als Beamter? Meine Frau schaut an Weihnachten alle alten Sissi-Folgen mit Romy Schneider, immer wieder. Meins ist das gar nicht, ich glaube, ich habe noch nie eine Folge zu Ende geguckt.

Und dann spielen Sie selbst mit? Wie kam das denn?

Ich hatte mich vor vielen Jahren mal beworben, als Statisten für die TV-Serie „Der König“ mit Günter Strack gesucht wurden – da habe ich dann einen Gefangenen in der JVA Ebrach gespielt. Danach habe ich im Würzburg-Krimi „Freiwild“ mitgewirkt. Dann war ich wohl in einer Agentur-Datenbank gespeichert und habe bei verschiedenen Drehs mitmachen dürfen, etwa bei Oliver Kienles „Bis aufs Blut“ – da ist Simone Thomalla meine Eheberaterin. Und jetzt eben bei den Sisi-Serien.

Warum erfinden gleich zwei Konzerne Sisi neu, nachdem Romy Schneider und Karlheinz Böhm das Kaiserpaar in den 1950ern so legendär gespielt haben?

Anscheinend ist es Zeit, mit der Glorifizierung des Lebens am Kaiserhof aufzuhören. In den neuen Produktionen geht es reeller zu, da spürt man die revolutionären Ansätze im Volk, es kracht auch mal gewaltig. Ich habe den Eindruck, dass der Charakter und die Lebenssituation von Sisi und ihrem Franz vielschichtiger abgebildet werden.

Beide Produzenten haben Sechsteiler angekündigt. Gibt es Unterschiede?

Die Netflix-Produktion scheint mit 14 Millionen Euro noch aufwendiger zu sein als die von RTL mit acht Millionen. Beim Dreh merkt man das etwa daran, dass Netflix noch größere Menschenmassen akquiriert hat, die für Authentizität sorgen. Beide Produktionen glänzen mit viel Akribie und Liebe zum Detail, da muss jeder Knopf richtig sitzen. Immerzu zupft jemand an einem herum.

Wie nah kommt man als Komparse ran an die Stars?

Während des Drehs kommt man ihnen natürlich sehr nah, da applaudiert man sich gegenseitig, wenn eine Szene im Kasten ist. Beim Essen sind Schauspieler und Komparsen getrennt. Die beiden Sisi-Produktionen sind je ein Kosmos für sich, eine riesige Zelt- und Wohnwagenstadt, allein der Raum für Kostüme ist so groß wie ein Kaufhaus.

Haben Sie es je bereut, sich beim Film als Komparse gemeldet zu haben?

Nein, auch wenn Drehtage oft 12 bis 14 Stunden dauern. Man wird am Set gut betreut, um einen herum geschieht Außergewöhnliches. Im Sommer durfte ich bei einem ARD-Spielfilm über die Ressource Wasser mitwirken und habe in Weikersheim unglaubliche Szenen mit der German Stunt Crew erlebt. Da brannte plötzlich ein Mann…

Wie viele Tage waren Sie für die Sisi-Drehs im Einsatz?

Insgesamt elf Drehtage in Würzburg, Pommersfelden und Bamberg. Dazu kamen drei Tage Vorbereitung mit Kostüm- und Kameraproben.

Was werden Sie nie vergessen?

Besonders eindrucksvoll war der Nacht-Dreh in Pommersfelden: Schloss Weißenstein stellt im Film Schönbrunn dar. Da wurde bei schnittigen 4 Grad Außentemperatur mit Fackeln und Nebelmaschinen hantiert. In Bamberg war es am härtesten: Da mussten wir nach dem Antreten früh um 6 Uhr, dem täglichen Coronatest und der Maske viele, viele Stunden auf dem harten Kopfsteinpflaster am Domberg ausharren, in historischen Schuhen, deren Sohle gefühlt zwei Millimeter dünn ist. Aber zumindest konnten wir die Galgenszene beobachten...

Welche Szene?

Nur der Kaiser war berechtigt, zum Tode Verurteilte zu begnadigen. Ob er es auf dem Bamberger Domplatz getan hat? Ich darf es nicht verraten.

Stimmt es, dass aus einem Drehtag oft nur eine winzige Filmszene wird?

Das kann passieren. Was am Ende im Film zu sehen ist, entscheiden Produzent, Regisseur und Cutter.

Gute Schauspieler werden ja fürstlich bezahlt. Wie ist das mit Komparsen?

Bei den beiden Sisi-Neuverfilmungen haben wir Komparsen Mindestlohn bekommen, dazu kamen Zuschläge bei Nachtarbeit und Überstunden. RTL hat einem auch einen Obolus gegeben, wenn man extra seine Haare stutzen ließ, bei Netflix bekam man dafür nichts. Aber wegen des Geldes macht das sowieso kaum einer. Die meisten finden es einfach spannend, dabei zu sein.

Welche Sisi hat Ihnen besser gefallen?

Ich habe tatsächlich eine persönliche Favoritin, auch wenn beide toll sind. Am besten, jeder bildet sich seine eigene Meinung.

Zweimal Sisi:

RTL: An Weihnachten soll die bereits abgedrehte sechsteilige Serie „Sisi“ auf TV NOW ausgestrahlt werden. Sie erzählt die Liebesgeschichte von zwei jungen Menschen zwischen persönlichem Verlangen und politischen Zwängen, Macht und Verletzlichkeit. Elisabeth von Österreich-Ungarn (gespielt von Newcomerin Dominique Devenport), die als „schönste Frau Europas“ bekannt war, widersetzte sich den starren höfischen Gepflogenheiten; Franz Joseph I. (Jannik Schümann) übertrug die Last der Krone in persönliche und politische Härte.

Netflix: Netflix beschreibt die Serie „The Empress“ als Erzählung über die junge Frau Elisabeth (Devrim Lingnau), „die ihrer Zeit voraus war“. Die Serie konzentriert sich auf die ersten Monate nach Sisis Ankunft am Wiener Hof (Kaiser Franz Joseph wird von Philip Froissant verkörpert). Die Dreharbeiten der Produktionsfirma Sommerhaus – unter anderem in Bamberg, Bayreuth und Ansbach – begannen im August und dauern noch bis November. Die Ausstrahlung ist fürs Frühjahr 2022 geplant.