Kein Traum-Landkreis für Schafe

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Das idyllische Bild trügt: Schäfer Olaf Ruppe und Hund Ricco sind Tag für Tag mit den Schafen von Arthur Schmuck unterwegs. Doch immer weniger Eigentümer stellen Wiesen und Äcker als Weideland zur Verfügung. Foto: Daniela Röllinger
Das idyllische Bild trügt: Schäfer Olaf Ruppe und Hund Ricco sind Tag für Tag mit den Schafen von Arthur Schmuck unterwegs. Doch immer weniger Eigentümer stellen Wiesen und Äcker als Weideland zur Verfügung. Foto: Daniela Röllinger
Der Fachmann für Unterfranken: Wolfgang Thomann ist beim Amt für Landwirtschaft Fachbereichsleiter für Schafe. Foto: Daniela Röllinger
Der Fachmann für Unterfranken: Wolfgang Thomann ist beim Amt für Landwirtschaft Fachbereichsleiter für Schafe. Foto: Daniela Röllinger
 

Die Situation für Schafhalter im Landkreis Kitzingen ist schwierig: Es fehlt an nutzbaren Weideflächen. Immer weniger Grundstückseigentümer und Landwirte sind bereit, Äcker und Wiesen zur Verfügung zu stellen.

Den Bürgern im Landkreis Kitzingen dürfte nur sehr selten das Glück winken. Zumindest, wenn man an den Spruch mit den Schafen glaubt. "Schäfchen zur Linken, das Glück wird Dir winken", heißt es schließlich. Doch es sieht nicht allzu rosig aus mit den Schafen im Landkreis. "Kitzingen ist der schäferunfreundlichste Kreis in Unterfranken", sagt Wolfgang Thomann, Fachbereichsleiter für Schafe, Ziegen und Wild am Amt für Landwirtschaft in Kitzingen. Wenn die Schäferei nicht aussterben soll, müsse sich einiges tun.

2429 Schafe gab es im Landkreis Kitzingen im Jahr 2011 in 46 Betrieben. 2013 wurden 2389 Schafe gezählt. Das hört sich gar nicht mal so wenig an. In Unterfranken ist man damit allerdings Schlusslicht - und ganz weit vom Spitzenreiter Main-Spessart entfernt. Dort gab es 2011 in 96 Betrieben 8141 Schafe.
Ein Blick in die Statistik zeigt, dass die Situation im Kreis Kitzingen früher anders war: 2001 existierten noch 64 Schafhalter mit 5113 Tieren.


"300 Schafe sind zu wenig, um zu existieren"


Fast alle der 46 Betriebe sind Koppelschafhaltungen. Lediglich drei Schafhalter mit Wanderschafen gibt es bei uns noch - einen in Brück, einen in Ebersbrunn und einen in Brünnau. Zwei von ihnen lassen ihre Tiere allerdings in der warmen Jahreszeit nicht im Landkreis weiden - sie kommen nur im Winter für relativ kurze Zeit zurück. Der eine nutzt den Truppenübungsplatz in Bayreuth, der andere den Truppenübungsplatz in Hammelburg. "Nur einer quält sich bei uns", sagt Wolfgang Thomann.

Dieser eine, das ist Arthur Schmuck. Etwa 300 Mutterschafe nennt er sein Eigen, dazu etwa 150 Lämmer - doch diese tauchen in der Statistik nicht auf, dort zählen nur die Muttertiere. 300 Schafe sind eigentlich zu wenig, um zu existieren, sagt Thomann. "Die Herde würde nicht mal eine Familie ernähren." Arthur Schmuck hat deshalb einen weiteren Job. Um die Tiere kümmert sich Schäfer Olaf Ruppe. Der ist tagtäglich mit der Herde unterwegs.

"Im Landkreis Kitzingen ist es eigentlich so, dass man aufhören müsste", sagt der Schafhalter. Er hat schon oft darüber nachgedacht, ob er sich von seinen Tieren trennt. Über kurz oder lang, das weiß der 41-Jährige, hat seine Schafhaltung keine Zukunft. Der Fachbereichsleiter bestätigt das: "Die Situation ist aussichtslos. Eigentlich hätte er aus wirtschaftlichen Gründen schon aufhören müssen."

Doch die Schafhaltung hat in der Familie von Arthur Schmuck Tradition. Früher, zu Zeiten seines Großvaters, gehörte man noch zu den größten Schafhaltern in Unterfranken. Fünf bis sechs Schäfer beschäftigte die Familie damals. Jetzt gibt es nur noch Olaf Ruppe, auch wenn die Herde eigentlich überhaupt keinen Schäfer mehr trägt.


"Das Landschaftsbild zählt mehr - da haben Schäfer das Nachsehen"


Das größte Problem für die Schäfer ist nach Ansicht Thomanns, dass nicht genügend Weidefläche zur Verfügung steht. Nicht, weil es keine gäbe. "Weideflächen wären da, wenn man sie nutzen dürfte", bestätigt Arthur Schmuck. Sechs Jahre lang weideten seine Tiere zum Beispiel bei Astheim. "Jetzt hat man mir die geraden Flächen genommen, nur die steilen sind mir geblieben."

Dass es immer schwieriger für die Schäfer wird, Weideareal zu finden, liegt laut Thomann insbesondere am Vertragsnaturschutz. Der Landwirt bekommt mehr Geld, wenn er seine Wiesen spät mäht, als wenn er sie von Schafen beweiden lässt. "Durch die Ertragsoptimierung fällt für die Schäfer nichts mehr ab", sagt er. Werde spät gemäht, setzten sich mehr Spätkräuter durch, oft handle es sich um giftige Pflanzen. Schäfer können die Flächen nicht mehr nutzen. "Wenn so spät gemäht wird, ist das kein Futter mehr, sondern Abfall, das Grüngut wird kompostiert", schimpft Thomann. Das gute Futter werde verschwendet, das Landschaftsbild zähle mehr. Aber eine Schafweide sei nun mal keine Blumenwiese, "die bunte Vielfalt hat man da nicht". Und wenn nur Blumenwiesen gewollt würden, hätten Schäfer das Nachsehen.

Die Tiere von Arthur Schmuck sind den Sommer über am Main bei Dettelbach sowie auf dem ehemaligen Flugplatzgelände in Kitzingen zu finden. Schäfer Ruppe führt die Schafe meist auf die gleichen Flächen, die auch in den Vorjahren genutzt wurden. Manchmal aber muss er umplanen. Immer dann, wenn ein so genannter Strohwisch auf einer Wiese steht - ein Stock, an den ein Strohbündel gebunden ist. Er ist das Signal des Landwirtes, dass die Fläche diesmal nicht für als Weidefläche für die Schafe genutzt werden kann. Zum Beispiel, weil er noch einmal mähen möchte. Schließlich bestimmt der Eigentümer über die Nutzung der Fläche. "Dann muss Olaf weiterziehen", sagt Arthur Schmuck. Im Herbst wandert die Herde Richtung Brück, im Winter hat er Flächen in Gerlachshausen gepachtet, bis es dann schließlich nach Düllstadt in den Stall geht.

Ende Februar/Anfang März kommen die Schafscherer. Ist die Wolle runter, bleiben die Tiere noch einige Wochen im Stall, dann geht es wieder raus. Drei Monate Stallhaltung seien erträglich, eine längere Zeit nicht, sagt Wolfgang Thomann. "Die Stallhaltung ist zehn Mal so teuer wie die Weidehaltung." Der Wollpreis kann da nichts wett machen. Etwa 2,10 Euro Ertrag fällt da pro Tier an, die Kosten für die Schur liegen insgesamt bei etwa zwei Euro pro Tier. Ein Nullsummenspiel, das Arthur Schmuck nicht weiterbringt. "Es wäre am besten, wenn die Wolle von alleine abfallen würde."


Der Schafbestand in der Region


2013 wurden im Landkreis Kitzingen 1243 Schafe bis ein Jahr, 2389 Mutterschafe, 40 andere Schafe über einem Jahr und 43 Schafböcke zur Zucht gezählt. 2011 gab es 2429 Mutterschafe. Unterfrankenweit waren im gleichen Jahr 42767 Mutterschafe registriert.