Ein Gebrauchtwagenhändler soll mit überzogenen Rechnungen betrogen, Unfälle erfunden oder provoziert haben. Unterstützung bekam er dabei von einem Mitarbeiter der Zulassungsstelle. Jetzt stehen beide Männer vor dem Landgericht.
In der Zulassungsstelle des Landratsamtes in Würzburg soll ein Mitarbeiter (46) über Jahre hinweg einem Gebrauchtwagenhändler (37) mit eigener Reparaturwerkstatt "entgegengekommen" sein: Im Prozess vor einer Großen Strafkammer des Landgerichts gegen die beiden Männer aus einer Gemeinde im Landkreis Würzburg geht es ab Montag unter anderem um Bestechung und Bestechlichkeit, Falschbeurkundung im Amt, Untreue und Versicherungsbetrug in Höhe von über einer halben Million Euro durch überhöhte Rechnungen und erfundene, aber auch provozierte echte Unfälle.
Der Mitarbeiter des Landratsamtes soll wunschgemäß Fahrzeuge "verjüngt" und deren Preis erhöht haben, indem er das Datum der Erstzulassung fälschte, längst fällige TÜV-Untersuchungen um Jahre hinaus geschoben und technische Änderungen bei Importfahrzeugen bestätigt hat. Auf die Gebühren, die in der Zulassungsstelle anfallen, soll er bei seinem guten Bekannten ganz verzichtet haben. Knapp 4500 Euro sind dem Landkreis so durch die Lappen gegangen.
Von den guten Geschäftsbeziehungen des Kfz-Betriebes zum Landratsamt hat auch ein anderer Gebrauchtwagenhändler profitiert, der vor allem Fahrzeuge aus den USA importierte. Die mussten erst umgerüstet werden, bevor sie eine deutsche Zulassung erhielten, und das hat die Werkstatt im Landkreis Würzburg einschließlich TÜV und AU alles mit erledigt. In manchen Fällen musste der Chef der Reparaturwerkstatt gar nicht zur Zulassungsstelle nach Würzburg fahren, weil sein Ansprechpartner, der im gleichen Ort wohnt, sich die Papiere in der Werkstatt abgeholt, die gewünschten Fälschungen notiert und die Dokumente später wieder abgeliefert hat. Ein Gebrauchtwagenhändler soll den Sitz seiner Firma nur deswegen von Würzburg in den Landkreis verlegt haben, um auch den besonderen Service des korrupten Beamten im Landratsamt in Anspruch nehmen zu können.
Unfälle erfunden In Absprache mit Kunden sollen zahlreiche Unfälle "erfunden", aber auch vorsätzlich verursacht worden sein, um die Schäden dann in der Reparaturwerkstatt des angeklagten Gebrauchtwagenhändlers reparieren und den Versicherungen oft stark überhöhte Rechnungen präsentieren zu können. Zu manchen "Unfällen" ist, damit es echt aussieht, sogar die Polizei gerufen worden, auch dabei soll der ehemalige Mitarbeiter aus dem Landratsamt "mitgewirkt" haben.
Ob größere Geldbeträge geflossen sind, konnten die Ermittler nicht feststellen. Der Mann aus dem Landratsamt sei vor allem durch das kostenlose Überlassen von Fahrzeugen und kostenlose Reparaturen entschädigt und motiviert worden, beginnend mit einem kleinen Renault über einen VW-Bus und einen 5er BMW bis zu einem BMW-Cabrio. Die Ausgaben für häufige Gaststättenbesuche, bei denen der Gebrauchtwagenhändler für seinen Kumpel von der Zulassungsstelle zahlte, hielten sich in Grenzen - da hat die Staatsanwaltschaft nur Beträge zwischen zehn und 30 Euro ermittelt.
Die günstigen Konditionen beim Kauf eines gebrauchten Pkw und die überteuerte Regulierung eines alten Schadens als "grad erst passiert", erweisen sich für zahlreiche Kunden des Händlers nachträglich als schmerzhafter Bumerang. Die Ermittlungen gegen den Mitarbeiter im Landratsamt führten zu einem ganzen "Rattenschwanz" von Prozessen gegen Kunden der Reparaturwerkstatt im Landkreis Würzburg.
Da für den Fall, obwohl unter anderem knapp 700 Fälle der Untreue, 200 Fälle von Falschbeurkundung und Anstiftung dazu angeklagt sind, nur ein Verhandlungstag angesetzt wurde, kann man davon ausgehen, dass die Angeklagten alles gestehen werden.