Franz Romeis lebt - dank gesunden Menschen, die ihm Blut spenden. Nur 3 Prozent der Menschen in Deutschland spenden regelmäßig Blut.
Wenn er auf einmal schlechter sieht, wenn er dauernd müde ist und die Beine nicht mehr wollen, dann weiß Franz Romeis: "Es ist wieder Zeit zum Nachtanken." Der 80-Jährige hat Humor. Seine "Tankstelle" befindet sich im Krankenhaus. In der Klinik Kitzinger Land verabreicht ihm Oberärztin Elisabeth Göbel neues Blut.
Franz Romeis war von Beruf Gärtner. Noch immer liebt er die Natur, fährt zum Beispiel gern an die Mainschleife, genießt das Leben am Fluss und die liebliche Landschaft. "Ich habe noch viel Lebensqualität", findet der Unterfranke, der an vielen Dingen Spaß und Freude hat, etwa am Singen oder am täglichen Genuss eines guten Schoppens Frankenwein. Doch Franz Romeis weiß auch ganz genau: Sein Lebensglück hängt am seidenen Faden.
Ohne durchschnittlich drei Blutkonserven pro Monat überlebt er nicht lange. Sein eigenes Rückenmark produziert, bedingt durch eine Form von Leukämie, nicht ausreichend neue Blutzellen, vor allem nicht genügend rote Blutkörperchen, die den Sauerstoff durch den Körper transportieren.
Eigentlich war Franz Romeis, der auch an Rheuma leidet, wegen eines Herzklappen-Problems in die Klinik gekommen. "Doch als sie dort mein Blut untersucht haben, haben sie festgestellt, dass damit irgendwas ganz und gar nicht stimmt", erzählt der schlanke, hochgewachsene Mann.
Seine Ärztin, die Internistin und Hämato-Onkologin Elisabeth Göbel, erklärt: "Wenn Herr Romeis zu wenig Blut hat, sinkt auch der Hämoglobin-Spiegel, der Sauerstofftransport im Körper wird schlechter und Herr Romeis wird immer schlapper." Dagegen hilft nur frisches Blut.
Blut kann man nicht künstlich herstellen
So wie Franz Romeis sind heute mehr Menschen denn je auf Spenderblut angewiesen. Und der Bedarf wird sogar noch steigen, ist sich Dr. Thomas Rötzer sicher. Der Oberarzt (Anästhesie und Intensivmedizin) ist der Transfusionsverantwortliche in der Klinik Kitzinger Land. Er sagt: "Zwar spart die Chirurgie durch gute Planung und moderne OP-Technik heute schon viel Fremdblut ein, aber dafür braucht zum Beispiel die Onkologie mehr." Dadurch, dass die Menschen generell immer älter werden, verschärfe sich die Situation noch. "Im Alter bekommen Patienten häufig eine chronische Anämie, umgangssprachlich Blutarmut, die zum Beispiel nach Blutverlusten, etwa bei operativen Eingriffen, nur durch Blutkonserven behandelt werden kann."
Elisabeth Göbel nickt: "Zusätzlich dazu haben wir aber auch immer wieder junge Patienten, die an Blutkrankheiten leiden. Auch für sie gäbe es ohne Spenderblut keine Hilfe."
Aber kann man Blutbestandteile in unserer hoch technisierten Zeit nicht auch künstlich herstellen? Die Ärzte schütteln die Köpfe. "Es gibt zwar stetig medizinische Fortschritte", sagt Rötzer, "aber Blut bleibt Blut". Dr. Göbel formuliert es so: "Es gibt keinen künstlich herstellbaren Ersatzstoff für Blut."
Auch deshalb werde im Krankenhaus sehr sorgfältig mit der kostbaren Ressource umgegangen. "Wir wägen in jedem Einzelfall gut ab, ob wir Spenderblut brauchen oder vielleicht darauf verzichten können", stellt Elisabeth Göbel fest. Ihr Oberarzt-Kollege ergänzt: "Man muss immer auch sehen, dass Spenderblut trotz allem etwas Fremdes bleibt, das dem Körper von außen zugeführt wird."
Franz Romeis ist das völlig klar und er ist froh, dass er bisher nach keiner Transfusion negative Nebenwirkungen zu spüren bekam. Ganz im Gegenteil: "Schon am Tag nach der Transfusion geht es mir viel besser. Ich kann dann wieder herumlaufen oder -fahren, lesen und habe Freude am Leben." Elisabeth Göbel sieht noch einen weiteren positiven Aspekt: "Dadurch, dass ich ihm Blut gebe, bleibt er selbstständig."
"Jedem kann es einmal so gehen", betont Thomas Rötzer. Als im Sommer ein akuter Blutmangel in Bayern herrschte und alle Medien zum Spenden aufriefen, kamen Tausende Bayern dem Appell nach. Die Kliniken konnten ihre Blutvorräte rasch auffüllen und niemand kam zu Schaden. Doch schon wenige Wochen später flaute die Spendenbereitschaft wieder ab. Dr. Rötzer weiß, dass das eine gefährliche Entwicklung ist - sogar lebensgefährlich für manche Patienten.
"Ich würde gerne in den Köpfen aller Menschen verankern, dass wir nicht nur in einer Spaßgesellschaft leben. Irgendwann braucht ein Großteil der Menschen einmal Spenderblut." Sich als gesunder Mensch einen kleinen Teil des Lebenssaftes - etwa einen halben Liter - abzapfen zu lassen, "tut übrigens nicht weh und dauert auch nicht lang", weiß Elisabeth Göbel. "Und man kann seinen Mitmenschen dadurch viel geben: nämlich Leben."
Franz Romeis weiß das nur zu genau. "Irgendwann ist es zu Ende", sagt der Rentner ganz sachlich. "Das ist mir bewusst und ich bin Frau Dr. Göbel sehr dankbar für unser intensives und ehrliches Gespräch nach der Leu-kä mie-Diagnose." Die erste Zeit danach habe er damit verbracht, noch einige wichtige Dinge in seinem Leben zu regeln. Nun könne er die Zeit genießen, die ihm bleibt, und über deren Dauer auch die Oberärztin nicht spekulieren will. Franz Romeis dankt allen Blutspendern: "Ihr Blut ist geschenkte Lebenszeit."
INFO:
Nur 3 % d
er Menschen in Deutschland spenden regelmäßig Blut. Das ist zu wenig, um 100 % der Patienten in Deutschland ausreichend zu versorgen. Laut BRK wird die doppelte Menge gebraucht.
Über 2000 Blutpräparate werden Tag für Tag für die verschiedensten Patienten in Bayern benötigt, besagt die BRK-Statistik .
Unter www.blutspendedienst.com lassen sich die Blutspendetermine aller Orte und Regionen individuell anzeigen.
Warum kein Blut spenden? Weil die Spender mit Appel und Ei abgespeist werden, viele Bluthändler aber Milliardengewinne erzielen, indem sie das Blut an Pharmaunternehmen verkaufen. Siehe auch: http://www.focus.de/finanzen/boerse/grifols-big-business-mit-blut_aid_874898.html
Wenn Blut spenden, dann direkt im Krankenhaus für deren Verwertung. DRK und ähnliche Institutionen kämen für mich aber niemals in Frage.