Ein Gebrauchtwagenhändler und sein Kumpel, der in der Zulassungsstelle des Landratsamtes arbeitete, haben Fahrzeugpapiere im großen Stil manipuliert.
"Wie geschmiert" lief jahrelang die Zusammenarbeit zwischen einem Gebrauchtwagen-Händler (37) im Landkreis Würzburg und einem Mitarbeiter (46) der Zulassungsstelle im Landratsamt. Gestern hat eine Große Strafkammer des Landgerichts die beiden Männer, die im gleichen Ort wohnten, zu Freiheitsstrafen von je vier Jahren verurteilt.
Mit kleinen Beträgen, fünf oder zehn Euro für kleine Gefälligkeiten, ist der Sachbearbeiter im Landratsamt von dem Händler mit eigener Reparaturwerkstätte und Wasch-Straße "klassisch angefüttert worden", so das Gericht. Anfangs nahm er nur Anträge mit ins Amt und brachte die Dokumente abends zurück, damit der Kfz-Meister sich die Fahrt zum Landratsamt sparen konnte. Allmählich sind allerdings die Erwartungen gestiegen und auch die Gegenleistungen.
Zuletzt bestimmte der Kfz-Meister, was in die Fahrzeugpapiere eingetragen wurde.
Gebrauchte sind durch Fälschung der Erstzulassung verjüngt worden und dadurch im Preis gestiegen, Untersuchungstermine wurden hinausgeschoben und im Fahrzeug dokumentierte technische Veränderungen überhaupt nicht vorgenommen.
"Da sind Fahrzeuge zugelassen worden, die in dem Zustand überhaupt nicht verkehrssicher waren", staunte Staatsanwalt Dr. Reinhold Emmert.
Entlohnt wurde der Mann aus der Behörde auch durch kostenloses Überlassen von Fahrzeugen, bis "hinauf" zum 5er BMW und Cabrio sowie freiem Werkstatt-Service.
Der Gebrauchtwagenhändler sei bei der ganzen Geschichte, so Gericht und Staatsanwalt, ohne Zweifel die "treibende Kraft" gewesen. Als der den Angestellten in seinen Fängen hatte, habe er ihn nicht mehr los gelassen und als der Mann von der Zulassungsstelle eigentlich aussteigen wollte, habe er das aus Furcht vor gefährlichen Hintermännern lieber nicht riskiert.
Die würden da keinen Spaß kennen, sei ihm gesagt worden. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es über dem Gebrauchtwagenhändler mit Werkstatt und Wasch-Straße mindestens eine weitere "kriminelle Ebene" gibt. Am Rande des Prozesses war von Kreisen mit Migrationshintergrund die Rede. Der Händler wollte dazu keine Angaben machen.
Obwohl einige hundert Fälle von Falschbeurkundung im Amt und Anstiftung dazu, Betrug, Bestechung und Bestechlichkeit angeklagt waren, konnte das Gericht bereits nach knapp dreistündiger Verhandlung die Beweisaufnahme schließen. Der Gebrauchtwagenhändler und der ehemalige Mitarbeiter der Zulassungsstelle hatten "gesungen wie Kanarienvögel" und alles zugegeben.
Zur kriminellen Palette des Gebrauchtwagenhändlers gehörte auch umfangreicher Versicherungsbetrug: Alte Schäden wurden als neu deklariert und in der Werkstatt zu überhöhten Preisen bearbeitet oder auch nur abgerechnet,. Mit der Beteiligung an fingierten Unfällen außerhalb des Dorfes konnten Fahrzeughalter offene Reparaturrechnungen "begleichen". Oder sie konnten sich ihre Mitwirkung an geplanten Karambolagen auf Gebrauchte anrechnen lassen, die ihnen eigentlich zu teuer waren. Versicherungen sollen so um über eine halbe Million Euro betrogen worden sein. Es gab provozierte Unfälle, die man sogar von der Polizei aufnehmen ließ.
Der Kfz-Meister kam von zuhause zur Gerichtsverhandlung, der Ex-Angestellte aus Untersuchungshaft und dorthin wurde er anschließend auch von Polizeibeamten zurückgebracht: Da er durch den Korruptionsfall nicht nur seinen Job verloren hat, sondern auch Ehefrau und
Kinder, ist das Gericht bei ihm angesichts des großen "Scherbenhaufens" von erhöhter Fluchtgefahr ausgegangen. Die Familie hat ihn auch deshalb verlassen, weil das Haus verkauft werden musste und sein Schuldenstand bei 70 000 Euro liegt.
Vor seiner Festnahme hatte er sich bereits wegen Angstzuständen und depressiven Störungen in psychotherapeutische Behandlung begeben. Den beiden nicht vorbestraften Männern, die während des Prozesses kein Wort mit einander wechselten, hat das Gericht in Aussicht gestellt, dass sie nach Verbüßen der Halb-Strafe mit einer Entlassung zur Bewährung rechnen können. Zumindest werde man die Empfehlung in die Urteilsbegründung schreiben.
Die Freiheitsstrafen von je vier Jahren sind, da die Angeklagten ebenso wie der Staatsanwalt auf Rechtsmittel verzichteten, sofort rechtskräftig geworden.
Ein Verkäufer aus dem Fahrzeugbereich, mehr Randfigur auf der Anklagebank, ist als dritter Mann mit einer Bewährungsstrafe von neun Monaten für Anstiftung zur Falschbeurkundung "davongekommen". Er hatte davon gehört, dass ein Mitarbeiter im Landratsamt Kunden unter gewissen Umständen entgegenkommt und hatte das auch in einem Dutzend Fällen erfolgreich ausprobiert.