Die neue Eiszeit

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Sehen die nicht lecker aus? Foto: Diana Fuchs.
Sehen die nicht lecker aus? Foto: Diana Fuchs.
Der Mix macht's: Mit dem großen Stabmixer wird aus prallen Erdbeeren auf Knopfdruck Fruchtmus - die Grundlage für Erdbeereis. Foto: Diana Fuchs
Der Mix macht's: Mit dem großen Stabmixer wird aus prallen Erdbeeren auf Knopfdruck Fruchtmus - die Grundlage für Erdbeereis. Foto: Diana Fuchs
 
Eiskalte Sache: Erst mixt Zulla Zucker, Bindemittel, Wasser und Fruchtmus, dann gibt er das Ganze in die Eismaschine und nach nicht einmal einer Viertelstunde schlängelt sich cremiges Fruchteis ans Tageslicht. Foto: Diana Fuchs
Eiskalte Sache: Erst mixt Zulla Zucker, Bindemittel, Wasser und Fruchtmus, dann gibt er das Ganze in die Eismaschine und nach nicht einmal einer Viertelstunde schlängelt sich cremiges Fruchteis ans Tageslicht. Foto: Diana Fuchs
 
Rohmasse fürs Erdbeereis. Foto: Diana Fuchs
Rohmasse fürs Erdbeereis. Foto: Diana Fuchs
 
Zullo fülllt Erdbeerpüree in die Eismaschine. Foto: Diana Fuchs
Zullo fülllt Erdbeerpüree in die Eismaschine. Foto: Diana Fuchs
 
... und das hier ergibt Heidelbeereis. Foto: Diana Fuchs
... und das hier ergibt Heidelbeereis. Foto: Diana Fuchs
 
Ein ganzes Glas voller Vanilleschoten für original Zullo-Vanilleeis. Foto: Diana Fuchs
Ein ganzes Glas voller Vanilleschoten für original Zullo-Vanilleeis. Foto: Diana Fuchs
 
Der Lohn der eisigen Mühen. Foto: Diana Fuchs
Der Lohn der eisigen Mühen. Foto: Diana Fuchs
 
Kunterbunte Vielfalt: Zuillo Velija bestückt in den Morgenstunden seine Eistheke mit den frisch hergestellten Sorten. Foto: Diana Fuchs
Kunterbunte Vielfalt: Zuillo Velija bestückt in den Morgenstunden seine Eistheke mit den frisch hergestellten Sorten. Foto: Diana Fuchs
 
Ein Traumplatz für viele Kitzinger, oder? Foto: Diana Fuchs
Ein Traumplatz für viele Kitzinger, oder? Foto: Diana Fuchs
 
Eine rote Eisschlange kommt aus der Maschine. Foto: Diana Fuchs
Eine rote Eisschlange kommt aus der Maschine. Foto: Diana Fuchs
 
Foto: Diana Fuchs
Foto: Diana Fuchs
 
Foto: Diana Fuchs
Foto: Diana Fuchs
 

So richtig zum Reinbeißen sehen sie aus, die prallen Erdbeeren. Doch nix da. Zullo Velija haut jedem auf die Finger, der den Früchten zu nahe kommt. Er hat sie bereits abgewogen. Aus ihnen soll frisches Erdbeereis werden. Der Eismacher ist in seinem Element.

Das Wetter in den Osterferien war bisher einwandfrei. Das Geschäft in Zullos Eisdiele "La Gondola" läuft. Im Nebenraum stellt Zullo deshalb tagtäglich neues Frucht-, Milch- oder Joghurteis her. Heuer ist die fünfte Saison, in der Familie Velija ihr selbst gemachtes Eis in der Kitzinger Herrnstraße verkauft. "Die Deutschen sind Feinschmecker. Darüber bin ich froh", sagt der 37-Jährige, der schon als kleiner Bub nur einen Traumberuf hatte: Eismann.

Kein Wunder: Bereits Zullos Opa, ein Italiener, und seine Oma, eine Mazedonierin, führten in Llubljana eine Eisdiele. In den 90er Jahren gaben sie diese auf, weil sie spürten, dass es Krieg geben wird. Die ganze Familie zog nach Hamburg. Auch Zullos Vater und sein Bruder waren längst ins Eisgeschäft eingestiegen.

Vor 15 Jahren machte Zullo sich selbstständig - nicht in Hamburg, sondern im tschechischen Ostrau.
Sein Vater und seine Mutter haben dort, an der Grenze zu Polen und der Slowakei, noch immer ihre Eisdiele. Doch Zullo kehrte vor fünf Jahren mit seiner Frau Lume und den drei Kindern zurück nach Deutschland. "Nach Kitzingen sind wir gekommen, weil mein früherer Chef von hier stammt. Die Kleinstadt hat uns gleich gefallen."

Der gebürtige Mazedonier spricht mit den Gästen wahlweise Deutsch, Tschechisch, Slowakisch, Polnisch, Italienisch oder Englisch. Und immer sagt er das Gleiche: "Ich mache Eis, wie ich es von meinen Vorfahren gelernt habe. Mit Liebe und Leidenschaft, sonst schmeckt es nicht."


Zitronensaft ist das i-Tüpfelchen


Die frischen, roten Erdbeeren gibt Zullo in einen großen Edelstahl-Behälter. Mit einem langen Stabmixer zerkleinert er die Früchte, bis ein dickflüssiges Püree entstanden ist. Er fügt ein paar Spritzer Zitronensaft hinzu. In einem anderen Gefäß mischt er Zucker, ein geschmacksneutrales Bindemittel, das aus Kastanien gewonnen wird, und "gutes Kitzinger Wasser" zusammen und gibt das Ganze zum Erdbeerpüree.

"Jetzt nichts wie ab in die Eismaschine!" Zullo gießt die rote Flüssigkeit in ein Gerät, das an eine silberne Waschmaschine erinnert. Und es klingt auch so ähnlich. Nur, dass statt Hosen und Shirts im Inneren Eismasse geschleudert wird. Während die Maschine auf minus acht Grad abkühlt, setzt Zullo schon das nächste Eis an: Heidelbeer.

Ratzfatz siebt und püriert er die kleinen Beeren - "so lange es keine frischen gibt, nehme ich tiefgekühlte" -, rührt den Zucker und das Bindemittel mit Wasser an und fügt diesmal etwas original italienische Eispaste hinzu. Diese dickflüssige, dunkel-lila-farbene Soße besteht aus stark konzentrierten Heidelbeeren. "Das ist reine Natur, keine Aroma- oder Farbstoffe. Eins-a-Qualität aus Italien", sagt Zullo. "Ohne diese Paste wäre der Geschmack nicht so gut, denn tiefgekühlte Beeren haben einfach weniger Aroma."

Die Eismaschine piepst. Zullo holt eine Frischeschale aus der Kühltheke. Er betätigt einen Hebel und schon windet sich eine hellrote Schlange aus der Front der Eismaschine. Der Chef ist zufrieden: "So cremig muss es sein."
Nach dem Erdbeereis schleudert die Eismaschine an diesem Tag noch Heidelbeereis und einige weitere Sorten. Es ist warm draußen. Für Zullo heißt das, dass die Menschen Fruchteis bevorzugen. "Ist es dagegen kühler, verlangen sie eher nach Milchspeise- oder Joghurteis."

Zullo hat Dutzende Eisrezepte im Kopf. Familiengeheimnisse verrät er natürlich nicht. "Zum Beispiel in Sachen Farbe gibt es Dinge, die ich der Konkurrenz nicht sagen will. Wichtig ist mir, nur Natur zu verwenden." Jedes Eis sei wie ein anderes Auto: "Jedes hat seine Besonderheit."

Der Eismann experimentiert immer wieder gern mit neuen Geschmackserlebnissen. Zur Gartenschau kreierte er ein Rosenblüteneis. Auch die Sorten Tomate oder Karotte-Banane hatte er schon im Sortiment. Und ein Bier-Eis - "aber das habe ich selbst nicht so gemocht".



Eismacher Zullo Velija: "Ich liebe meinen Beruf."


32 Behälter fasst seine Kühl-Theke. Sorten wie Coccomio ("Mein Kokos") mit in Milch gekochten Kokosraspeln sind dabei, oder auch "Toffee" aus selbst gemachtem Karamell. Bei gutem Wetter können zehn Behälter pro Tag geleert werden. Eine goldene Nase hat Zullo sich aber noch nicht verdient - auch wenn die Kugel 80 Cent kostet. "Die Erzeugerkosten sind hoch", erklärt der Familienvater. "Für eine gute Eismaschine muss man 25000 Euro hinlegen, für einen Pasteurisator 28000 Euro - den braucht man, um hygienisch einwandfrei arbeiten zu können." Dazu kommen Miete und Energiekosten.

Ob er sich vorstellen könnte, auch etwas ganz anderes zu machen als Eis? Zullo wiegt den Kopf hin und her. "Ich liebe meinen Beruf und bin gern mein eigener Chef. Auch wenn das bedeutet, dass man in der Saison von 7 Uhr morgens bis Mitternacht arbeitet." Zum Ausgleich gibt es mittags ein, zwei Siesta-Stündchen. Und wenn Zullo mit seiner Frau und den Kindern etwas unternehmen will, hilft zum Beispiel sein Bruder aus, der in Schweinfurt eine Eisdiele betreibt. "Umgekehrt mache ich das dann auch für ihn."

Möglicherweise wird auch die nächste Generation irgendwann mit in den familieninternen Wettstreit um das beste Eis eintreten. Zullos Sohn Visar, fünf Jahre jung, macht in Mamas Küche schon sein eigenes Lokal auf - und lässt den Papa für jeden "Einkauf" zahlen. Der macht den Spaß gerne mit. Manchmal muss er seine Kinder aber doch mal bremsen - und sich selbst auch: Wenn das Naschen an der Eisbar überhand nimmt. "Es ist nämlich schon so, dass bei uns definitiv zu viel Eis gegessen wird. Im Sommer" - Zullo deutet lachend auf seinen Bauch - "ist der immer ein bisschen größer als im Winter".




Hintergrund: Vanille ist Spitze


Speiseeis: Per Definition besteht Speiseeis aus Wasser, Milch oder Sahne und eventuell Eigelb, verrührt mit Zucker und verschiedenen geschmacksgebenden Zutaten, etwa Fruchtmus, Vanille, Schokolade et cetera; erlaubt sind auch Lebensmittelzusatzstoffe. Milcheis muss mindestens 70 % Milch beinhalten, Cremeeis und Eiercremeeis müssen mindestens 50 % Milchanteil aufweisen. Bei Fruchteis muss der Fruchtanteil mindestens 20 % betragen (bei Zitrusfrüchten 10 %).

Herstellung: Alle Zutaten werden unter ständigem Rühren gefroren, wodurch sich feine Luftbläschen in der Eismasse einlagern. Besonders cremig wird das Speiseeis, wenn die Eiskristalle so klein sind, dass sie im Mund nicht fühlbar sind und sich sogleich auflösen.

Lieblingssorten: Der Verband der deutschen Speiseeishersteller gibt bekannt, dass die alten Klassiker Vanille, gefolgt von Schokolade und knapp dahinter Haselnuss noch immer die Renner sind - vor allem bei den Männern. Frauen dagegen lassen sich immer öfter auch auf ausgefallene Kreationen ein.