Den Marktbreitern stinkt's

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Die Zuckerfabrik behandelt ihr Abwasser in Teichen an der Gemarkungsgrenze zu Marktbreit. Foto: lsa

Seit die Südzucker ihre Abwasserbehandlung verlagert hat, ist der Gestank im Gewerbegebiet von Marktbreit und im Altort von Frickenhausen kaum auszuhalten. Die Werksleitung verspricht "den Missstand schnellstmöglich abzustellen.

Katastrophal, sagt Jochen Meintzinger, Besitzer eines Hotels und Weingutes in Frickenhausen. Bestialisch, sagt Erich Hegwein, Bürgermeister von Marktbreit. Penetrant, sagt sein Frickenhäuser Amtskollege Ludwig Hofmann. Sie halten den Gestank nicht mehr aus, der seit Wochen über Marktbreit und Frickenhausen hängt. Ein Geruch, der von der Abwasserbehandlung der Südzuckerfabrik Ochsenfurt ausgeht, und den sogar Werksleiter Olaf Böttcher jetzt in einer Stellungnahme als "teilweise unzumutbar" bezeichnet. Das Unternehmen bittet um Nachsicht und um weitere Geduld. Doch die haben weder die Marktbreiter noch die Frickenhäuser.
"Die stinken unser ganzes Gewerbegebiet voll", schimpft der Marktbreiter Bürgermeister Erich Hegwein. Die dort angesiedelten Unternehmen Tega, Ruhl und Frankana haben sich schriftlich an ihn gewandt. Der Gestank sei nicht mehr auszuhalten, führe zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Mitarbeiter. Die Leute im Büro würden krank, "die haben Kopfschmerzen und übergeben sich", sagt Hegwein. Er habe an Südzucker geschrieben, aber keine Antwort erhalten.
Auch sein Amtskollege Ludwig Hofmann, Bürgermeister von Frickenhausen, berichtet von Kopfschmerzen bei Kindern und Erwachsenen in seinem Altort. "Die auftretenden Gerüche sind in keiner Weise gesundheitsschädigend", schreibt der Werksleiter in einer Stellungnahme. "Das ist leicht dahergeredet, das sollen die erst mal beweisen", hält Hofmann dagegen.

Über 300 Unterschriften

So wie die Firmen in Marktbreit haben sich auch die Bewohner des Altortes Frickenhausen formiert. Über 300 Unterschriften haben sie laut Hofmann zusammengetragen, und das in wenigen Tagen. Die Gemeinde will außerdem Anzeige erstatten beim Umweltamt des Landratsamtes Würzburg. Der Brief sei fertig, die Behörde bereits telefonisch informiert.
Die Gesundheit der Bürger, die Beeinträchtigung für die Leute, die seit Wochen nicht einmal mehr ihre Fenster öffnen könnten, das ist die eine Seite. Der Gestank bereitet dem Bürgermeister aber auch noch in anderer Hinsicht Sorgen: "Wir sind eine Weinbaugemeinde", sagt Hofmann, und da stellt sich die Frage, wie sich der Geruch auf die Qualität der Trauben und damit des Weines auswirkt. Hofmann hat deshalb auch Weinbaufachberater Hermann Mengler eingeschaltet.
Auch Jochen Meintzinger sorgt sich um seinen Wein. Momentan sei es zwar noch nicht so dramatisch, aber wenn die Trauben in die Reife gehen, nehmen sie gerne den Geruch der Umgebung an. Denn an eine schnelle Lösung glaubt er nicht. Und auch wenn der Wein im Keller umgepumpt wird, könne der Geruch folgen haben. Man müsse aufpassen, dass es dann nicht stinkt. In den letzten Tagen sei die Belästigung der Windrichtung sei Dank zwar nicht ganz so schlimm, aber die vier Wochen vorher schon. Katastrophal, bestialisch, brutal sind die Worte, die der Weingutsbesitzer wählt. Weil er auch ein Hotel im Altort von Frickenhausen betreibt, ist er doppelt betroffen. Er berichtet von einem Gast, der erst am Telefon gefragt hat, ob es noch stinkt, bevor er buchte. Stinkt es, kommt er nicht, das hat er ganz klar gestellt. Ein Einzelfall wird das nicht bleiben, befürchtet Meintzinger.
Hegwein und Hofmann wollen eine schnelle Lösung. Doch die Formulierung im Schreiben des Unternehmens, man bitte um Nachsicht und um weitere Geduld, scheint dafür nicht zu sprechen. "Wir sichern ihnen zu, dass wir derzeit an einem Projekt zur Modernisierung und Eweiterung der bestehenden Abwasserbehandlungsanlage arbeiten", schreibt der Werksleiter. In Betrieb gehen soll die zur Rübenkampagne 2012.
Obwohl die Zuckerfabrik schon seit langem in Ochsenfurt steht, sind die Probleme für Marktbreit und Frickenhausen neu. Grund dafür ist eine Umstellung der Wasserwirtschaft der Zuckerfabrik. Früher wurde das Abwasser auf einem Gelände in Goßmannsdorf behandelt. Auch dort hätte der Geruch für Probleme gesorgt, sagt Ludwig Hofmann. Seit der letzten Kampagne landet das Wasser in Teichen direkt an der Gemarkungsgrenze zwischen Ochsenfurt und Marktbreit. Grund für die Umstellung sei "die beabsichtigte Verbesserung" der Abwasserbehandlung in Goßmannsdorf gewesen, teilt das Unternehmen mit. Gefragt wurden die Frickenhäuser, die direkt gegenüber der jetzt genutzten Teiche liegen, nicht.

Erst im eigenen Ort gesucht

Zunächst sei der Geruch auch gar nicht so aufgefallen, sagt der Bürgermeister. Während der Kampagne, also wenn die Zuckerrüben verarbeitet werden, hängst sowieso ein süßlicher Geruch über der Anlage, der weiter in die Nachbarorte Frickenhausen und Marktbreit strömt. Ein Geruch, den die Menschen dort gewöhnt sind. "Dieser süßliche Geruch hat den Gestank überdeckt", sagt der Bürgermeister. Als die Kampagne beendet war, also Ende Januar, merkten die Frickenhäuser, dass etwas nicht stimmt. "Wir haben erst mal an unserer Kanalisation gedacht, aber da war nichts." Ein Besuch vor Ort brachte Hofmann Klarheit: Der Gestank kommt von der Zuckerfabrik.
Die streitet das auch gar nicht ab. Von lästigen Geruchsemissionen spricht Werksleiter Böttcher, die seien "teilweise als unzumutbar anzusehen". "Schnellstmöglich" will die Südzucker "den Missstand abstellen". Hofmann ist skeptisch: "So ohne weiteres wird das gar nicht machbar sein."