Bissiger Landwirt stoppt Einbrecher

3 Min
Mit einfachen Werkzeugen hebeln die Einbrecher meist Türen und Fenster auf. In den Wintermonaten haben sie Hochkonjunktur. Foto: dpa
Mit einfachen Werkzeugen hebeln die Einbrecher meist Türen und Fenster auf. In den Wintermonaten haben sie Hochkonjunktur. Foto: dpa
In dieser schmalen Gasse hat Martin Schleyer den Einbrecher überwältigt.
In dieser schmalen Gasse hat Martin Schleyer den Einbrecher überwältigt.
 

Martin Schleyer hat einen Einbrecher auf frischer Tat erwischt. Doch nicht jeder sollte so reagieren wie der Repperndorfer Bio-Landwirt.

Von manchen Zeitgenossen wird Martin Schleyer belächelt. Weil er immer barfuß läuft, ob früh oder spät, ob Sommer oder Winter. Ein Zeitgenosse wird jedoch die geräuschlose Art der Fortbewegung des Repperndorfer Biobauerns nicht belächeln, sondern verfluchen. Auf ihn wartet nun eine Strafanzeige wegen versuchten Einbruchs und Diebstahls.

Es war der 2. Oktober. Wie immer ist Martin Schleyer früh auf den Beinen. Um fünf Uhr geht er raus zum Kühe melken. Die Treppe runter, raus aus dem Haus in den Hof. "Irgendwas hat gepoltert", erinnert sich der 32-Jährige. Eine Katze? Ein Nachbar? Der Zeitungsausträger? Martin Schleyer macht sich keine großen Gedanken. Sein Weg führt ihn durch einen extrem schmalen Gang. Beide Hände ausstrecken? Unmöglich.
Wie sich kurz darauf zeigen sollte, war das sein Glück.

Kaum ist der Bio-Landwirt an der Tür zum Lagerraum vorbei, hört er wieder ein Poltern. "Und die Tür hat sich bewegt." Also will er die Tür aufmachen, doch da drückt jemand von innen dagegen. "Mit aller Macht", erinnert sich der Landwirt, der mit etlichen Hilfsaktionen - beispielsweise für die Tsunami-Opfer auf Sri Lanka - auf sich aufmerksam gemacht hat.

Jetzt schreit er selbst um Hilfe. Eine Erfahrung, die er bei einem anderen Vorfall gemacht hat. Damals wollte ein Dieb mit dem Rad seiner Schwester auf und davon. "Den habe ich festgehalten und die Nachbarn haben mir dann geholfen." Auch dieses Mal kommen die Nachbarn schnell zu Hilfe. Doch vorher muss der 32-Jährige den Einbrecher überwältigen. "Wir hatten beide eine Stirnlampe", erzählt der Bio-Landwirt. "Aber ich hatte ihn schnell am Boden." Im engen Durchlass konnte sich der Einbrecher nicht wehren.

Als der Mann einen Arm frei bekam und in die Höhe streckte, nutzte Martin Schleyer die Chance. "Ich habe ihm in den Finger gebissen. Bis Blut geflossen ist." Wenig später war auch Schleyers Vater an Ort und Stelle. Mit einem Pressbändel, einer Schnur, um Stroh zu bündeln, haben die beiden den Tschechen ordentlich zusammengeschnürt und die Polizei gerufen. "Das hat allerdings auch seine Zeit gebraucht", erzählt Martin Schleyer. Der Sohn seiner Lebensgefährtin hat nach den ersten Hilferufen seine ganz eigenen Schlüsse gezogen. Er dachte, Martin sei in eine Arbeitsmaschine geraten. Also hat er den Strom abgeschaltet. "Und als der Strom wieder ging, war es bei der Polizei immer wieder besetzt."

Haben Martin Schleyer und seine Familie in dieser Nacht alles richtig gemacht? Frank Werb warnt. Der Beamte der Polizeiinspektion Kitzingen rät dazu, sich besser schnell in Sicherheit zu bringen und Hilfe zu holen. "Sonst ist die Gefahr zu groß. Aber Herr Schleyer konnte mit der Situation wohl gut umgehen."

Tatsächlich hat der Repperndorfer in diesem Moment nicht lange überlegt. "Ich hab' einfach reagiert", denkt er zurück. "Wenn einer bei mir einbricht, lasse ich ihn doch nicht rennen." Schleyers Motto in solchen Fällen: Wer klaut, wird verhaut.

Wie sich später herausstellen sollte, war der 47-jährige Tscheche nicht nur in dem Bauernhof aktiv gewesen. 22 Fälle von versuchtem Einbruch hat die Polizei mittlerweile aufgenommen. Alle aus einer Nacht, alle in Repperndorf. Immer sind die Spuren am Schloss zu sehen. Ein Profi war der Tscheche sicher nicht, sonst hätte er auch Beute gemacht. Außer einer Flasche Bier, die er in Schleyers Lagerraum getrunken hat, hat der Mann offensichtlich nichts mitgehen lassen.

Der Repperndorfer Einbrecher war sicher ein Sonderfall. Die unterfränkische Polizei macht sich viel mehr Sorgen um überregionale Banden, die Häuser ausspähen und professionell zuschlagen. Wie ernst die Gefahr ist, zeigt schon eine große Polizeikampagne, die noch in diesem Monat über die Bühne gehen soll. Die Polizei plant sogar Haustüraktionen.

Der Kitzinger Polizist Frank Werb weiß aus Erfahrung, dass es in den kommenden Wochen und Monaten wieder vermehrt zu Wohnungseinbrüchen kommen kann. "In den Wintermonaten steigen die Zahlen normalerweise an", sagt er. Neben Sicherungen an Fenstern und Terrassentüren sei deshalb die soziale Kontrolle von großer Bedeutung. Gerade in einer ländlich geprägten Gegend. Wer verdächtige Wahrnehmungen macht, beispielsweise fremde Fahrzeuge beobachtet, die häufig durch die Straßen fahren, sollte sie melden. "Auch ganz lapidare Dinge können uns später helfen", sagt Werb. "Wir sind für jeden Fahndungsansatz dankbar."

In Repperndorf wird jetzt an vielen Häusern nachgebessert. Das hat Martin Schleyer von etlichen Gesprächen im Ort mitbekommen. Eine gewisse Unsicherheit ist nach der versuchten Einbruchserie nicht zu leugnen. Auch Schleyers Lebensgefährtin hat jetzt ein wenig Angst bekommen. Einen Bewegungsmelder wünscht sie sich im Hof, an der Treppe will sie einen Wäscheständer platzieren, quasi als Stolperfalle für einen Einbrecher. Und Pfefferspray hat sie ab jetzt immer dabei. Sollte es wieder einmal des nächtens im Schleyer'schen Hof poltern, wird sie aber sicherlich nicht aufstehen. Ihr Lebensgefährte hat schließlich mehr Erfahrung, wie man mit ungebetenen Gästen umgehen kann. Wer klaut, wird bei Martin Schleyer verhaut.