Babara Becker: Fasziniert von Europa

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Weinbau, Landwirtschaft und Regionalentwicklung - das sind die Schwerpunktthemen, für die sich Barbara Becker im EU-Parlament stark machen möchte. Foto: Daniela Röllinger
Weinbau, Landwirtschaft und Regionalentwicklung - das sind die Schwerpunktthemen, für die sich Barbara Becker im EU-Parlament stark machen möchte. Foto: Daniela Röllinger
Weinbau, Landwirtschaft und Regionalentwicklung - das sind die Schwerpunktthemen, für die sich Barbara Becker im EU-Parlament stark machen möchte. Foto: Daniela Röllinger
Weinbau, Landwirtschaft und Regionalentwicklung - das sind die Schwerpunktthemen, für die sich Barbara Becker im EU-Parlament stark machen möchte. Foto: Daniela Röllinger
 

Die CSU Unterfranken hat die 44-jährige Wiesenbronnerin Barbara Becker als EU-Kandidatin nominiert. Im Interview spricht die Unternehmensberaterin darüber, warum ihr ein Einzug ins EU-Parlament so wichtig ist.

Frage: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, für das EU-Parlament zu kandidieren?
Barbara Becker: Ich habe mich schon immer politisch interessiert und engagiert, aber noch nicht parteipolitisch. Ich war um die 20, als ich Landesvorsitzende der Landjugend wurde und war daher auch interessant als Listenauffüllkandidatin für alle Parteien. Und die hatten mich auch alle gefragt, ob ich nicht für den Landtag kandidieren will. Ich hab mir damals gedacht: Da bin ich ja viel zu jung, ich weiß viel zu wenig über das, was in Bayern wichtig ist. Ich habe abgesagt, bin aber immer politisch interessiert geblieben und habe mich halt dann in Verbänden engagiert, das sieht man auch an meiner Arbeit. Mich interessiert die Landwirtschaft, ich habe für Sozialverbände gearbeitet, mich interessiert der Bereich Forschung und Innovation.
Vor acht Jahren hat mich dann die CSU akquiriert.

Sie sind Vorsitzende der Kitzinger Frauen-Union. Sie hätten doch auch für das Amt des Oberbürgermeisters kandidieren können?
Ich glaube, dass die Kitzinger jemanden als Oberbürgermeister verdient haben, der dort auch wohnt. Die Situation im Stadtrat ist so verfahren, dass man jemanden braucht, der die Kitzinger Eigenheiten von Kindheit an kennt, und das wäre ich nicht gewesen. Ich bräuchte sehr lange, um mir diese Details zu erarbeiten.

Sie haben gesagt, Sie sind anfangs wegen des Landtags gefragt worden. Warum ist es denn jetzt Europa?

Es gibt zwei Beweggründe. Ich war im Alter von 14 und 15 Jahren Austauschschülerin in Frankreich und Polen. Damit war ich die erste Deutsche, mit der die Großväter meiner Austauschschüler gesprochen haben. Das haben die mir auch gesagt. Am Anfang waren sie sehr misstrauisch, aber am Ende haben sie gesagt: Mädel, Du bist in Ordnung. Da habe ich gemerkt, ich steh' da nicht nur als Barbara Becker und als Wiesenbronnerin, sondern ich stehe für eine ganze Nation - und ich will das gut machen. Darum fand ich die Idee von dem vereinten Europa immer sehr faszinierend. Egal, was es zu kritisieren gibt: Was alle gut finden, ist, dass wir schon so lange Frieden haben auf diesem Kontinent, und das hat mit dem vereinten Europa zu tun.

Und der zweite Grund?
Die zweite Geschichte ist, dass ich als Bundesvorsitzende der Evangelischen Landjugend Mitglied des Europäischen Jugendparlaments war und wir durften damals die Kommission beraten bei der Entwicklung des 5b-Programms. Da wurden die Jugendverbände gefragt: Was ist Euch wichtig in eurer Region? Ich fand diese internationale Zusammenarbeit faszinierend. Uns in Europa unterscheidet so viel, aber uns eint die Idee, dass wir die ländlichen Regionen fördern wollen. Vor ein paar Jahren kam ich dann in den Steuerkreis von Leader+ in Kitzingen und so sehe ich nach 20 Jahren die Ergebnisse meiner ersten Arbeit wieder.

Bei der Listenaufstellung der Frauen-Union erreichten Sie ein sehr gutes Resultat: Platz 3 mit 94 Prozent. Wie fühlt sich das an?
Ich glaube, ich habe gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd: Ich als weniger Bekannte bekomme so viele Stimmen. Aber ich weiß natürlich, dass ich das nicht alleine geschafft habe. Da haben schon sehr viele Leute gut über mich geredet, sich gut über mich informiert.

Damit die Leute sich gut informieren und gut über Sie reden können, müssen Sie sicherlich viel Zeit investieren. Waren Sie viel unterwegs in letzter Zeit?
Das Votum vom Kreisverband war im Mai, die unterfränkische Entscheidung im November. In diesem Zeitraum habe ich 100 Termine in ganz Unterfranken wahrgenommen, um mich bekannt zu machen. Erst mal in der internen CSU-Öffentlichkeit. Es war ja aufgrund der starken Mitbewerberinnen und Mitbewerber gar nicht klar, dass das so funktioniert.

Wenn Sie gewählt werden, wird sich das Leben ändern, sowohl beruflich als auch privat. Setzen Sie da nicht viel aufs Spiel - gerade mit Ihrem Unternehmen?

Ja, aber das haben wir innerhalb der Familie und auch im engeren Kundenkreis gut überlegt. Es ist klar, dass ich die Firma nicht weiterführen könnte. Die Firma würde unterbrochen. Das wäre das weinende Auge. Aber meine Kundenorganisationen haben mich sehr unterstützt. Die Botschaft ist immer: Wir verlören Dich als Beraterin, aber wir gewännen den Kontakt zu einer Europaparlamentarierin, und das wäre toll. Und vom Zeitaufwand her: Ich habe die Firma alleine aufgebaut und immer viel gearbeitet. Ich selbst würde nur noch ganz wenige Vorträge als Unternehmensberaterin halten. Aber die Ehrenkodizes der Parteien sagen ja auch, dass die Mandatsträger ein bisschen in der Arbeitswelt bleiben sollen, um nicht den Kontakt zu verlieren.

Gehen Sie denn anders mit den Menschen um als Politikerin?
Ich merke, dass es einen Unterschied macht, ob ich als Beraterin oder als Politikerin irgendwo hingehe. Die Gesprächsinhalte sind anders. Von einem Politiker wünschen sich die Menschen Interessensvertretung. Als Beraterin darf ich viel kritischer mit meinen Kunden sein. Als Beraterin ist es mein Job auch da zu bohren, wo es weh tut.

Auch die private Seite wird sich ändern. Wie nimmt die Familie das auf?
Ich bin ja wegen der Firma auch jetzt schon viel weg. Das wird nicht mehr oder weniger sein. Und meine Kinder haben jedes Mal, wenn ich wieder zu einer Entscheidung bezüglich der Europawahl ging, gesagt: "Mama, rock den Laden! Das ist Dein Ding. Mach das!"

Waren die Kinder denn gleich begeistert?
Sie haben sich erst mal informiert. Wir machen abends immer Familienkonferenzen am Tisch, auch mit meinen Eltern. Da haben sie schon gefragt: Wo wäre das? Müssen wir umziehen? Müssen wir die Schule wechseln? Aber das müssen sie ja nicht. Sie gehen auch gerne mit zu Terminen. Sie waren zum Beispiel bei der unterfränkischen Entscheidung dabei und haben gesagt, es sei viel interessanter gewesen, als sie gedacht hatten.

Welche Schwerpunkte würden Sie sich als Europaabgeordnete setzen?
Für Unterfranken sind die Themen Landwirtschaft und Weinbau extrem wichtig. Jeder bayerische Abgeordnete hat ja ein eigenes Schwerpunkt-Thema. Meines wäre Landwirtschaft/Weinbau und Regionalentwicklung. Was mir aber auch am Herzen liegt: Jede Firma, die etwas auf sich hält, hat ein Leitbild. Europa hat bis heute keine gemeinsame Verfassung. Wir müssen ja nicht mal was Neues entwickeln, wir hätten ja schon gemeinsame Grundlinien. Daran würde ich gerne mitarbeiten. Ich glaube, dass große Organisationen einen gemeinsamen Leitgedanken brauchen. Und ich würde mich gerne für das einsetzen, was man mit dem Schlagwort "Mehr Europa im Großen, weniger im Kleinen" umschreibt. Wir haben große Themen, die wir anpacken müssen: Klima- und Umweltschutz, gute Lebensverhältnisse für alle in Europa und das wirtschaftliche und soziale Verhältnis von Europa zum Rest der Welt. Gleichzeitig weiß ich, dass das nicht die unbedingt immer die zentralen Themen in den Sitzungen sind.

Das sind wichtige Themen, aber sind das auch Themen, mit denen man an die Menschen rankommt? Ist Europa nicht immer noch zu weit weg von den Leuten?

Nein, Europa ist ganz nah an den Leuten dran, auch wenn die das vielleicht nicht wahrnehmen. Jede junge Frau, die Krankenschwester lernt, kann das nur machen, weil unter anderem Anja Weisgerber dafür gekämpft hat, dass es nach wie vor die duale Ausbildung gibt und man das nach wie vor mit Mittlerer Reife lernen kann. Wer Frankenwein trinkt, kann das tun, weil die EU festgelegt hat, dass man nur auf den Bestandsflächen Wein anbauen kann und nicht auch auf Sylt, auch wenn es technisch möglich wäre, das zu tun und den Wein chemisch so aufzubereiten, dass er trinkbar ist. Jeder Selbstvermarkter ist betroffen, wenn die Hygieneverordnungen überarbeitet werden, jeder Handwerker ist mit den zentral vorgegebenen Arbeitsschutzrichtlinien befasst.

Ist es nicht genau das, was die Leute nicht verstehen: Warum müssen bei uns die gleichen Vorschriften gelten wie in Spanien?
Es wäre schön, wenn wir besser unterscheiden könnten. Ich finde es klasse, wenn bestimmte Dinge vereinheitlicht werden. Zum Beispiel im Urlaub: Die unterschiedlichen Steckdosen sind nervig. So was zu vereinheitlichen ist klasse. Babyschnullerkettenverordnungen sind Blödsinn. Ein anderes Beispiel: Dass ein Mensch im Rollstuhl in ganz Europa reisen und den einheitlichen Toilettenschlüssel überall nutzen kann, ist ein echter Mehrwert. Da finde ich den Begriff Harmonisierung auch richtig. Wir harmonisieren Stück für Stück Dinge, die uns im täglichen Leben betreffen.

Als Abgeordnete müssten Sie aber dann auch über solche Dinge wie die Babyschnullerkettenverordnung abstimmen.
Dafür wäre ich dann ja gewählt, mir eine Meinung zu bilden. Und da finde ich besonders interessant, dass es keinen Fraktionszwang gibt. Jeder Parlamentarier kann Änderungen einer Gesetzesvorlage beantragen und sich Verbündete suchen - und wenn er oder sie das gut macht, dann kann das gelingen.

Wie bereiten Sie sich auf die eventuell kommende neue Aufgabe vor?
Ich treffe mich zum Beispiel mit vielen Finanzfachleuten unterschiedlichster Richtung, um ein möglichst gutes Bild zu bekommen von deren Sicht auf die Euro- und Finanzkrise. Ich möchte intensiv ins Gespräch kommen mit allen Organisationen, die irgendwas mit Weinbau und Landwirtschaft zu tun haben. Mit Bauernverband und Weinbauverband arbeite ich ja schon lange zusammen, aber es gibt ja noch viel mehr. Ich möchte mit allen reden, weil ich ja dann auch alle vertreten würde.

Mit Barbara Becker sprach unser Redaktionsmitglied Daniela Röllinger.