Ein maskierter Einbrecher greift einen 68-jährigen Rentner mit dem Elektroschocker an und verschnürt ihn dann mit Kabelbinder. Seine halbseidene Entschuldigung nützt ihm nichts.
Ein mit Sturmhaube maskierter Räuber hat einen 68 Jahre alten Rentner in dessen Haus an der Hauptstraße von Höchberg im Landkreis Würzburg mit Stromstößen aus einem Elektro-Schocker "bearbeitet" , dann mit einem Messer bedroht und, als er schließlich 800 Euro gefunden hatte, mit Kabelbinder verschnürt. Gestern begann vor einer Großen Strafkammer des Landgerichts Würzburg der Prozess gegen den Räuber, einen 49-Jährigen aus Rumänien. Er hat stattliche 21 Vorstrafen.
Zwetschgen, die der Rentner an einem Septembertag in seinem Garten von den Bäumen geholt und nach Hause gefahren hatte, wären beinahe seine letzte Ernte gewesen. Als er Eimer und Körbe mit dem Obst vom Pkw ins Haus trug, ließ er die Haustüre vorübergehend offen stehen. Das sah der Angeklagte, schlich ins Haus und versteckte sich dort.
Nach Stromstößen am Boden Als der Rentner einige Zeit später in der Küche saß und nach der Gartenarbeit Brotzeit machen wollte, stand plötzlich ein Mann in Schwarz vor ihm und fragte, wo er sein Geld verstecke. Erst habe er nur kleine Blitze an dem Gerät gesehen, erinnerte sich der Rentner gestern vor Gericht, dann sei er nach zwei Stromschlägen zu Boden gegangen. "Wie im Film" sei es gewesen.
Mit dem Brotzeitmesser des Rentners soll der Unbekannte seinem Opfer vor dem Gesicht herumgefuchtelt und gesagt haben: "Wenn du nicht ruhig bist, bring ich dich um, das schwör ich dir". Und dazu habe er immer wieder gefragt: "Hey, Alter, wo hast du dein Geld versteckt?". Der Rentner blieb dabei, dass es kein Versteck gebe, nur die Brieftasche auf dem Tisch. Bevor der maskierte Räuber ging, hat er sein Opfer davor gewarnt, zur Polizei zu gehen: "Ich weiß, wo Du wohnst.
Du kennst mich nicht. Dann komm ich wieder". Dabei kannten sich Täter und Opfer vom Sehen, der Angeklagte hatte vorübergehend in der Höchberg gewohnt. Kontakt habe es aber keinen gegeben.
In einer benachbarten Pizzeria hat der Rentner sich später seine Kabelbinder-Fesseln aufzwicken lassen und die Polizei verständigt. Zwei Tage danach klickten beim Räuber die Handschellen, er war zur Tatzeit von einem Zeugen in der Hofeinfahrt des Rentners gesehen worden.
Abblitzen lassen hat der Rentner den Räuber gestern, als der sich entschuldigen wollte, mit Sätzen wie "Ich versichere, dass Sie in Zukunft von mir nichts mehr zu befürchten haben" oder "Ich hoffe, dass Ihnen so etwas nicht noch einmal passiert und wenn doch, dann würde ich Ihnen helfen". Ihm sei es nur um Geld gegangen, als er an dem Abend ausrückte, um irgendwo in eine Wohnung einzubrechen, auf keinen Fall habe er beabsichtigt, einem alten Menschen weh zu tun.
Rentner und Richter zweifeln Das hat weder den Rentner überzeugt noch die Richter, weil der Räuber einen Elektroschocker dabei hatte, eine Sturmhaube und Kabelbinder. Das spreche alles dafür, dass Kontakt mit Opfern eingeplant war. Und dann versuchte der Angeklagte noch, den Überfall vor dem Hintergrund seiner unerfreulichen Jugend in Rumänien zu schildern. Als der tyrannische und meist betrunkene Vater sich aufhängte, sei ein Bruder des Angeklagten als Familienoberhaupt nachgerückt und habe die Geschwister und die häufig betrunkene Mutter verprügelt. Als 17-Jähriger war der Angeklagte allein nach Deutschland aufgebrochen.
Die meisten seiner 21 Vorstrafen haben als Absender das Amtsgericht Würzburg: Schwerpunkte seiner Einbrecher-Karriere waren öffentliche Einrichtungen wie das Würzburger Rathaus, die Fachhochschule, der Caritas-Verband, Uni-Kliniken, das Sozialamt. Häufig hat der Einbrecher sich in diesen Gebäuden einschließen lassen und in der Nacht dann Büros und Schreibtische aufgebrochen. In vielen Fällen war der Sachschaden erheblich höher als die Beute, an zahlreichen Tatorten hat der Angeklagte Scheiben eingeschlagen, raffiniertes Aufbrechen war nicht "sein Ding".
Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt. Da möchte der Verteidiger des Angeklagten durch einen Sachverständigen bestätigen lassen, dass vom Elektro-Schockgerät des Angeklagten keine Gefahr für die Gesundheit des Opfers ausgehen konnte. Das Gerät habe er, so der Angeklagte, in Rumänien gekauft und, sagte er zum Gericht, "sie wissen doch, die Qualität rumänischer Produkte ist allgemein schlecht, auch bei Elektrogeräten".