Vor rund hundert Jahren noch Zimmerei, steht der Name Strunz heute für den führenden Hersteller von Tageslichtsystemen und faserverstärkten Kunststoffen.
Der klangvolle Firmenname ist älter als gedacht. "Mein Vater hat schon 1954 eine Wellplatte aus Polyester hergestellt. Das Produkt wurde dann international vertrieben und hatte den Namen ,Lamilux' - eine Wortkombination aus Laminieren, dem Herstellungsprozess der Platte, und ,Lux‘ für lichtdurchlässig", erzählt Heinrich Strunz. Was einst nur ein Produktname war, wurde schnell zum Namen des Unternehmens, das seit mehr als 100 Jahren von der Familie Strunz geführt wird.
Sägewerk und Holzbauten
Wer vor 100 Jahren den Betrieb in
Rehau besuchte, konnte nicht ahnen, dass daraus einmal eine international ausgerichtete Firmengruppe werden würde. Der Großvater des heutigen geschäftsführenden Gesellschafters war Zimmerermeister, erweiterte seinen Betrieb um ein Sägewerk und produzierte alsbald montagefertige Holzbauten. Heute wird bei Lamilux nicht mehr mit Holz gearbeitet. Kunststoffe stehen im Mittelpunkt, neben Metall und Elektrik. Schon Heinrich Strunz' Vater setzte auf industrielle Fertigung in zwei unterschiedlichen Geschäftsbereichen: glasfaserverstärkte Kunststoffe und Lichtkuppeln.
Zwei Juristen an der Spitze
Der Sohn kam 1985 im Alter von 28 Jahren in die Firma - und wurde gleich Geschäftsführer. "Mein Vater war da schon schwer krank", sagt der 60-Jährige. Studium und Referendariat hatte der promovierte Jurist da bereits absolviert. "Die Urprodukte waren da, ich habe das dann stark ausgebaut." In der Tat. 1985 machte das Unternehmen gerade mal sieben Millionen Euro Umsatz, im vergangenen Jahr 230. Knapp 100 Mitarbeiter waren damals in der Firma. Heute sind es mehr als 850.
Seit 1994 teilt sich Heinrich Strunz die Geschäftsführung mit seiner Frau Dorothee, ebenfalls promovierte Juristin. Sie stieg nach der Geburt ihres dritten Kindes ein. Seine beiden älteren Kinder hat das Ehepaar bereits für das Familienunternehmen begeistern können - als vierte Generation. Die jüngste Tochter studiert Medizin.
Extrem stabil und zugleich leicht
Mehr als die Hälfte seines Umsatzes erzielt Lamilux mit faserverstärkten Kunststoffen. Auf mehr als 100 Meter langen Produktionsstraßen werden diese in einem kontinuierlichen Fertigungsverfahren hergestellt und meist als Bahnen auf Rollen oder gelegentlich geschnitten als Platten ausgeliefert. "Da, wo es extrem stabil und zugleich leicht sein muss, kommt unser Material zum Einsatz", sagt Strunz. Lkw-Aufbauten, Wohnmobilteile, aber auch Roboterarme oder Snowboards werden mit dem Verbundwerkstoff aus Rehau gefertigt. In Europa ist Lamilux hier die Nummer eins, weltweit die Nummer zwei. Entsprechend hoch ist der Exportanteil dieser Sparte: 92 Prozent.
Vorbeugender Brandschutz
Da kann der Geschäftsbereich Tageslichtelemente mit einer Exportquote von 15 Prozent nicht mithalten. Aber das ist nachvollziehbar. Das eine ist Serienfertigung mit einfacher Transportmöglichkeit (Rollen auf Schiffscontainern), das andere Projektgeschäft, wo im Ausland ganz unterschiedliche Vorschriften beachtet werden müssen. Denn die Strunz-Gruppe ist mit ihren Lichtkuppeln sowie Glasdachkonstruktionen für Industriegebäude, Sporthallen, Einkaufszentren und Wohnhäuser inzwischen Spezialist für Rauchabzug und vorbeugenden Brandschutz. "Die Klappen öffnen sich im Notfall automatisch", erklärt Strunz. Auch die tägliche Entlüftung übernehmen die Tageslichtsysteme. Strunz spricht von intelligenter Gebäudehülle. Die BMW-Welt oder der Flughafen in München sind mit seiner Technik ausgestattet, der neue Berliner Flughafen nicht. Die Probleme dort sind bekannt. Hätten die Planer doch besser mal bei Strunz angeklopft.
Exkurs: 20 000 Tonnen Harz im Jahr
Die Fachleute sprechen von Composite, gemeint ist ein Verbundwerkstoff, also ein Werkstoff aus zwei oder mehr verbundenen Materialien. Mit dem Unternehmensbereich Lamilux Composites erzielt die Firma 60 Prozent ihres Umsatzes. Entwickelt und hergestellt werden in Rehau Platten und Bahnen aus faserverstärkten Kunststoffen, meist verstärkt mit Glasfasern, aber auch mit Carbon- oder Aramidfasern. Ein solcher Verbundwerkstoff besteht neben den Fasern aus einem weiteren Hauptbestandteil: Harz. 20 000 Tonnen Harz werden jährlich von Lamilux in der Kunststofffertigung verarbeitet. Dabei werden Fasermatten in einem kontinuierlichen Verfahren mit verschiedenen Harzen und chemischen Zusätzen getränkt. Das Ergebnis ist ein extrem stabiles und zugleich leichtes Material, das vielfältig in der verarbeitenden Industrie eingesetzt wird.