1944 wurde ein englischer Bomber über den Haßbergen abgeschossen. Der Funker überlebte, wurde aber im Steigerwald gefangen. Sein Sohn und sein Enkel forschen.
In der Nacht zum 31. März 1944 wurde zwischen Salmsdorf und Mauschendorf ein englischer Lancaster-Bomber von einem deutschen Nachtjäger abgeschossen. Die Lancaster befand sich mit rund 700 weiteren Flugzeugen der Alliierten auf dem Weg nach Nürnberg. Kurz vor dem Absturz explodierte die Maschine. Drei Männer wurden getötet, vier Besatzungsmitglieder überlebten. Darunter war der Wireless-Operator (Funker) Jack Dunn, der mit seinem Fallschirm nahezu unversehrt landete. Seinen weiteren Weg hielt der damals 20-jährige Engländer in seinem Fluchttagebuch fest und dieses Tagebuch führte jetzt seinen Sohn und seinen Enkel mit Heimatforschern aus der Region zusammen.
Jack Dunn plante nach seinem Absturz, sich mittels Karte und Kompass in die Schweiz durchzuschlagen, doch im Steigerwald wurde er verhaftet und zunächst nach Eltmann gebracht. Das Tagebuch seines Vaters beschäftigte Ian Dunn schon lange, deshalb begann er Recherchen per Internet. So kam der Kontakt mit Anton Schmidt aus Haßfurt, Manfred Künzel aus Ebern und Walter F. Bauer aus Limbach zustande. Auch die lasen fasziniert das mittlerweile ins Deutsche übersetzte Tagebuch des Jack Dunn. Der beschreibt seinen Weg, bei dem er sich zunächst am Main orientierte, den er in Eltmann überquerte, um dann in Richtung Süd-West in den Steigerwald abzubiegen. Auf dem Weg machte er verschiedene Beobachtungen, anhand derer die inzwischen stattlich angewachsene Gruppe von Geschichtsinteressierten versucht, die Route zu rekonstruieren.
Kürzlich nun kamen Ian Dunn und sein Sohn Scott nach Deutschland, um sich auf die Spuren von Vater und Großvater zu begeben. Sie fanden dabei zwar noch nicht den genauen Weg, den Jack Dunn genommen hatte, doch es gab viele beeindruckende Begegnungen.
Anton Schmidt hatte den zweitägigen Aufenthalt der Gäste aus England organisiert, auch die Begegnung mit zwei Augenzeugen. Erwin Lang und Emil Grell waren damals Buben von acht und fünf Jahren. Sie erinnerten sich an die Explosion des Bombers und den brennenden Wald, an "Expeditionen" von sehr vielen Schaulustigen zu dem ausgebrannten Flugzeugwrack. Erwin Lang lud die ganze Gruppe in sein Haus ein und Ehefrau Gerlinde bewirtete die Runde.
An der Absturzstelle überreichte Manfred Künzel ein kleines Gedenkkreuz, das er aus Wrackteilen gefertigt hat. Der Eberner fand sein erstes Wrackteil vor 20 Jahren zufällig beim Pilzesammeln und ist seitdem fasziniert von dieser Art der Geschichts-Aufarbeitung, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion berichtete. Auch Hannes Stetten aus Knetzgau ist oft mit seinem Detektor unterwegs. Er fand im Bereich der Absturzstelle eine One-Penny-Münze mit Prägung 1918, die sicherlich als Talisman eines Besatzungsmitglieds diente. Diesen Penny sowie viele weitere Wrackteile durften die Dunns als Andenken mit nach Hause nehmen.
Die zwei Tage seien sehr emotional gewesen, erzählt Walter F. Bauer vom Verein für Heimatgeschichte in Eltmann. Er beschäftigt sich seit Monaten mit der Frage, wie der genaue Weg von Jack Dunn von Eltmann aus verlaufen sein könnte. Zur Klärung der Fluchtroute wurden auch der Kreisheimatpfleger Christian Blenk (Kirchaich) und Gottfried Henfling aus Fabrikschleichach eingebunden, denn auf jeden Fall schlug sich Jack Dunn entweder nach Oberaurach oder Rauhenebrach durch.
Bisher konnten keine Aufzeichnungen gefunden werden, in welchem Ort die Festnahme (durch einen Holzfäller) stattfand. Erst ab Eltmann, nach seinem Rücktransport aus dem unbekannten Ort der Festnahme im Steigerwald, ist Jack Dunns weiterer Weg wieder dokumentiert. Er war sehr überrascht, dass er wieder an der Brücke landete, über die er im Morgengrauen gegangen war. Man brachte ihn "in ein großes Haus am Ende dieser Brücke, gegenüber war eine Shell-Station", so schreibt er. Er wurde nach Schweinfurt gebracht, wo er seine drei überlebenden Kameraden wieder traf. Nach einem Jahr Gefangenschaft kehrten alle wohlbehalten nach England zurück. Dort machte er eine Ausbildung bei der Polizei und wurde Chief Inspector. Er heiratete und wurde Vater von zwei Söhnen. Im Alter von 68 Jahren starb er überraschend.