Spontan und frei

Philipp Arnold, heute Rektor der Mittelschule in Ebern, war 1981 gerade 14 Jahre und besuchte das Dientzenhofer-Gymnasium in Bamberg. Gewohnt hat er damals in Baunach, später in Breitengüßbach. Wie er die 1980er Jahre erlebt hat? Da schmunzelt Arnold und wird gleichzeitig nachdenklich. Für unsere Zeitung hat Arnold ein bisschen von sich erzählt und malt dabei gleichzeitig ein Bild der Gesellschaft zu dieser Zeit.
"Wichtig war es mir, das Gymnasium zu schaffen, ein guter Schüler war ich nicht wirklich, aber es hat geklappt. Meine Leidenschaft galt schon damals der Musik, ich habe Gitarre und Keyboard geübt, statt für die Schule zu lernen. Ich war dabei, eine Band zu gründen, meine Freunde und Alterskollegen waren mir wichtig." Warum Musik?
Die Musik war alles
"Mein Vater war Berufsmusiker und ich habe als Autodidakt auch versucht, meine musikalischen Fähigkeiten zu trainieren und ein guter Gitarrist und Musiker zu werden. Gitarre habe ich wahrscheinlich deshalb gespielt, weil das eins der wenigen Instrumente war, die mein Vater nicht gut konnte. Ich habe jegliche Art von Musik gehört und gemacht. Ende der 80iger Jahre habe ich begonnen Musikunterricht (Gitarre, Keyboard) zu geben. Das hat mich dann letztendlich auch zu meinem Beruf gebracht.
Für die Musik habe ich fast alle anderen Freizeitaktivitäten (Fußball) aufgegeben. Das hat schon viel Zeit beansprucht, begeistert mich bis heute aber total und hat mir viele Chancen im Leben eröffnet."
Eine Zeit toller Erinnerungen
Was sind die 1980iger Jahre für Pilipp Arnold? Eine Zeit toller Erinnerungen. "Die erste Liebe, die ersten großen Emotionen, das erste Auto, das erste Motorrad, der erste Besuch in Ostberlin. Ich begann mich damals sehr für Religion zu interessieren. Mein Abitur und die Zeit bei der Bundeswehr sowie der Beginn meines Studiums in Bamberg waren wichtig. Außerdem waren die ersten Jahre meiner Band für mich sehr bedeutend und die Menschen die ich dabei kennenlernen durfte. Damals fand ich die Mode toll, aus heutiger Sicht finde ich sie im Nachhinein furchtbar.
Auch die neue Deutsche Welle hat mich damals schwer beeindruckt. Das prägendste Ereignis der 80er war aber sicher für mich der Beginn des politischen Umbruchs, der mit der Wiedervereinigung endete. Ich weiß noch, wie ich 1989 heulend vor dem Fernseher saß, weil ich es nicht fassen konnte, dass das friedlich abging. Ich habe mich damals sehr gefreut. Deswegen nerven mich heute auch diese Ossi-Wessi-Vorurteile fürchterlich.
Mein erstes Auto war ein himmelblauer Opel Kadett Caravan damit ich meine Instrumente transportieren konnte. Mein erstes Motorrad war eine Suzuki Chopper.
Ich habe die 80iger als gesellschaftlich sehr freie, ausgelassene Zeit empfunden, in der man viel gefeiert und das Leben genossen hat. Meine eher konservativen Eltern haben mich aber sehr liberal und offen erzogen. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Ich hatte viele Möglichkeiten verschiedene Dinge selbst auszuprobieren, wurde nicht bevormundet. Ich empfand die Gesellschaft weniger verkrampft, spontaner, weniger verplant als heute.
Befreiung und Enttäuschung
Der Perestroika-Prozess der damals mit Gorbatschow begann, war für mich bedeutend. Die Auflösung dieser starren Kalter-Krieg-Atmosphäre hatte etwas Befreiendes. Im Gegensatz dazu stand die Kirche. Ich war anfangs von Papst Johannes Paul II begeistert, weil er für einen Papst jung war..., allerdings merkte ich dann leider, dass die Kirche unter ihm immer konservativer statt offener wurde. Das hat mich bis heute schwer enttäuscht. Daher kommt meine heutige Skepsis gegen zu konservative politische und religiöse Kräfte, die mit Gewalt versuchen, an Dingen festzuhalten, statt neue Wege zuzulassen.
Auf nach Irland - gleich!
Es war auch im gewissen Sinn eine "wilde Zeit" für mich und ich war sehr spontan. In den Semesterferien kam mein Freund sagte: "Wir sollten mal nach Irland, tolle Insel." Ich fragte: "Wann?" Er: "Jetzt gleich." Ich: "ok." 20 Minuten später fuhren wir mit dem Motorrad im Hof meiner Eltern vor, ich erklärte, dass wir nach Irland führen und ich packen müsse.
Meine Mutter fragte: "Wann?" Ich: "Jetzt gleich." Großes Entsetzen. 15 Minuten später saßen zwei Langhaarige in Lederkombis mit Minimalgepäck und einem Zelt auf einer 1000er-Touringmaschine. In Irland fuhren wir einmal an der Küste entlang außenherum. Zweieinhalb Wochen waren wir unterwegs. Ein Anruf zuhause, das war's. Es war der spontanste und beste Urlaub, denn man sich vorstellen kann. Gelebt haben wir von labberigem irischen Toastbrot, Marmelade, Zigaretten, Guinness und irischem Kneipeneintopf. Gesund war es nicht, aber schön.
Das bedeutenste Ereignis...
Ich habe damals Ende der 80iger meine Frau das erste Mal getroffen. Mir und ihr war das bei der ersten Begegnung sicher nicht bewusst, aber es war ganz sicher in der Rückschau und für die Zeit bis heute mein bedeutendstes Erlebnis.