Rund einen Monat ist es her, dass in bayerischen Behörden die Södersche Kreuzpflicht gilt. Doch ist der Erlass im Landkreis überhaupt relevant?
"Wir haben noch keins aufgehängt", heißt es aus dem Rathaus in Oberaurach. Nicht etwa, weil man in der Steigerwaldgemeinde ein gottloser Verein wäre! Nein, einfach, "weil wir noch nicht entschieden haben, welches wir nehmen." Ein neues Kreuz soll den Eingangsbereich zieren, Bürgermeister Thomas Sechser (CSU) vertraut da ganz auf "das gute Auge meiner Mitarbeiterin im Vorzimmer". Petra Klug hat sich schon umgeschaut nach einem schönen Stück.
Schon immer da
Eile hat es aber nicht, denn in den meisten Räumen des Rathauses in Tretzendorf hängen ja Kreuze - weil sie immer da schon waren. Erst vor wenigen Jahren allerdings ist das schöne neue Kreuz hinzugekommen, auf das Bürgermeister Thomas Sechser schaut, wenn er einen Moment innehält:
Andre Gueye hat es ihm in Freundschaft bei einem seiner letzten Besuche noch als senegalesischer Urlaubsaushilfspriester in Dankenfeld geschenkt. Dankenfeld ist die Heimatgemeinde des Oberauracher Bürgermeisters und sie gehört in dem vorwiegend würzburgischem Bistumsgebiet des Landkreises Haßberge zum Erzbistum Bamberg. Die offizielle Bistumspartnerschaft von Thies mit der Erzdiözese Bamberg besteht seit 2007.
Die Dankenfelder und Kirchaicher besuchten gar die Bischofsweihe im Partnerbistum
Thies im Senegal, Thomas Sechser war schon einige Male dort. Alle nahmen bewegende Eindrücke mit nach Hause. Andre Gueye ist dritter Bischof des jungen Bistums. Wie Thomas Sechser sagt, ist zwischen ihnen eine Freundschaft gewachsen. Eine Freundschaft, die bis in den Arbeitsalltag des Bürgermeisters wirkt. Für ihn ist "das Thema Kreuz kein Thema. Wir sind eine christliche Gesellschaft, und das Kreuz gehört dazu," findet er.
Ähnliches klingt aus der Ebelsbacher Verwaltungsgemeinschaft. Matthias Klauda, Verwaltungschef, sind noch nie irgendwelche Diskussionen bekannt geworden. "In Bayern gehört des zum öffentlichen Leben dazu. Wir sehen das so entspannt, wie 90 Prozent der Bevölkerung."
Im Gegensatz dazu war der Kreuzerlass in der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Ebern sogar Thema in einer nicht-öffentlichen Sitzung. "Nach einer Besprechung im Gremium kamen wir zu dem Entschluss, kein Kreuz im Verwaltungsgebäude anzubringen", erklärt Geschäftsleiter Ernst Haßler.
Der Eberner Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) erklärt die Entscheidung so: "Wir haben keine Veranlassung dazu, bei uns werden die christlichen Werte auch so gelebt." Im Eingangsbereich wurde vor ein paar Jahren der Schriftzug "Grüß Gott" an die Wand gemalt, "und das ist doch viel schöner als ein Kreuz". Abgesehen davon hängen diese schon immer in den einzelnen Zimmern der Verwaltungsangestellten, ebenso wie eines im Büro des Bürgermeisters. "Wir brauchen keinen Entschluss, damit wir christlich leben. Der Erlass ist genauso wichtig, wie wenn in China ein Sack Reis umfällt."
Schon da, hängen aber noch nicht
Auch im neuen Haßfurter Amtsgericht ist kein Kreuz zu sehen - weder im Foyer, noch anderswo. Der Grund ist aber ein anderer: Weil das Gericht erst am 16. April in einen Neubau umgezogen ist, müssen die Kreuze noch darauf warten, an die Wand zu kommen. "Sie sind schon da, hängen aber noch nicht", versichert Direktor Holger Ebert. Es habe noch Absprachebedarf gegeben: "In der vergangenen Woche haben wir mit dem Bauhof und dem Architekten besprochen, wo genau das Kreuz im Eingangsbereich angebracht werden soll."
Eines der Kreuze soll im Foyer hängen, die anderen werden, ungeachtet des Beschlusses, in den Sitzungssälen angebracht - und zwar möglichst bald. Denn in den Gerichtssälen in
Haßfurt hing immer ein Kreuz. "Jetzt müssen wir noch darauf warten, dass der Handwerker Zeit hat, sie anzubringen", so Ebert. Eine Besprechung darüber, ob überhaupt eines im öffentlichen Eingangsbereich aufgehängt wird, gab es ihm zufolge nicht.
Ebenso wenig gab es im Zeiler
Finanzamt Grund zur Diskussion. Dort wurde "pünktlich zum 1. Juni ein Kreuz angebracht", wie Mitarbeiter Ralf Ammon berichtet. Zuvor habe im Eingangsbereich kein christliches Symbol gehangen - und ohne den Erlass, wäre wohl auch keines dort angebracht worden.
Das bräuchte es wohl auch nicht wirklich, denn im Zeiler Finanzamt ist es sicherlich ähnlich wie im Landratsamt Haßberge: Horst Hofmann, Verwaltungschef im Haßfurter Landratsamt, weiß, dass in vielen Behördenzimmern schon seit Jahrzehnten, seit 1989, als das Landratsamt in Haßfurt bezogen wurde, Kreuze hängen. Selbst im alten Landratsamt, wo der junge Horst Hofmann unter Landrat Walter Keller anfing, hing ein Kreuz in einem Besprechungsraum.
In der Kreisbehörde ist man liberal, es ist jedem Mitarbeiter selbst überlassen, ob er ein Kreuz aufhängt oder nicht, letzteres ist "eher selten", schmunzelt Hofmann. Die Söder-Empfehlung hat man im Landratsamt quasi zur Hälfte umgesetzt. Im öffentlichen Raum, dem Warteraum der Zulassungsstelle im ehemaligen "Dystra"-Gebäude in der Ziegelbrunnstraße am Hafen (Nähe Weyermann), hängt jetzt ein freundliches buntes weltoffenes "Eine-Welt-Kreuz" - das spricht schon für sich.
Edlere Variante ins Foyer
Für das Foyer im Landratsamt hat man eh schon lange gesucht: Kleinere Kreuze aus Zimmern gingen an der einen geeigneten Wand unter, ein großes Kreuz aus dem Sitzungssaal ist zu dominant. So ist jetzt ein Auftrag an einen Schreiner im Landkreis Haßberge gegangen, ein eher dunkel gehaltenes Holzkreuz anzufertigen.
Die Vorgabe des Freistaats, meint Hofmann, ist eher
positiv aufgenommen worden. "Unsere Bevölkerung geht ganz unverkrampft mit dem Thema um." Dass vor einem Jahr die Schüler am Haßfurter Gymnasium selbst Kreuze anfertigten für die Klassenzimmer, das begrüßt der Verwaltungschef schon: "Es ist schön, dass junge Leute sich für Werte interessieren."