Hohe Geldstrafe für Fahrraddieb

2 Min
Das Haßfurter Amtsgericht. Foto: FT-Archiv
Das Haßfurter Amtsgericht. Foto: FT-Archiv

Das Amtsgericht Haßfurt verurteilte einen 23-Jährigen, weil er einen Drahtesel geklaut hatte.

Kaum eine Meldung kommt im Polizeibericht häufiger vor und in manchen Großstädten ist diese Straftat eine Art Volkssport: Die Rede ist vom Fahrraddiebstahl. Aber die Aufklärungsquote ist sehr gering und so landen die Diebe eher selten auf der Anklagebank eines Gerichts. Im vergangenen Jahr aber erwischte die Polizei einen Langfinger, der ein Rad in der Kreisstadt geklaut hatte. Für den 23-Jährigen hat sich die Tat nicht gelohnt, denn er kassierte eine saftige Geldstrafe bei seinem Prozess am Amtsgericht in Haßfurt: 100 Tagessätze zu je 15 Euro, also insgesamt 1500 Euro. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Tatzeitpunkt war eine Nacht im September. Damals war ein 17-jähriger Schüler am Abend heimgekommen und hatte sein Fahrrad vor seiner Haustür abgestellt und mit einem vierstelligen Zahlenschloss abgeschlossen. Der Besitzer war sich im Zeugenstand sicher, tatsächlich das Schloss benutzt zu haben, weil man ihm, wie er schilderte, einige Zeit zuvor schon mal ein Rad entwendet hatte. Als er am nächsten Morgen mit seinem Zweirad zur Schule fahren wollte, war es verschwunden. Ohne sich große Hoffnungen zu machen, meldete er den Diebstahl der Polizei, wobei er auch die Rahmennummer angab.

Ohne die Aufmerksamkeit eines Streifenpolizisten wäre dieser alltägliche Diebstahlsfall wohl nie aufgeklärt worden. Aber dem 28-jährigen Beamten fiel zwei Wochen nach der Tat das merkwürdige Verhalten eines jungen Mannes am Haßfurter Bahnhof auf. Der Bursche war mit einem Fahrrad unterwegs, und als er die Uniformierten bemerkte, versuchte er, den Drahtesel möglichst schnell an dem überdachten Platz abzustellen. Rasch entschlossen sich die Polizisten zu einer Kontrolle und so ging ihnen der mutmaßliche Dieb ins Netz.

Von Amtsrichterin Ilona Conver nach dem Motiv gefragt, sagte der Fahrraddieb nach einigem Zögern, dass zur Tatzeit sein eigenes Rad defekt gewesen sei und er nicht genug Geld gehabt habe, um es reparieren zu lassen. Wie schon bei der polizeilichen Vernehmung behauptete er auch vor Gericht, dass das Rad herrenlos und unverschlossen am Main gestanden habe. Überdies habe er vorgehabt, es quasi nur "auszuleihen" - eben solange, bis sein eigenes wieder flott gewesen wäre.

Staatsanwalt Arno Ponnath nahm ihm diese Story nicht ab und wies ihn darauf hin, dass es sich um einen besonders schweren Fall des Diebstahls handelt, wenn jemand, wie es im Strafgesetzbuch heißt, "eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist." Das wird normalerweise mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zehn Jahre bestraft.
Nur ausnahmsweise, etwa bei einem umfassenden Geständnis eines reuigen Sünders, könne hier eine Geldstrafe ausgesprochen werden. Insofern gab er dem Angeklagten die Möglichkeit, nochmals in sich zu gehen und "reinen Tisch" zu machen.

Der junge Mann, der bereits eine beachtliche kleinkriminelle Karriere mit drei Verurteilungen wegen Diebstahls auf dem Kerbholz hat, nutzte tatsächlich diese Gelegenheit. Er gab zu, das Schloss aufgebrochen zu haben.
Als ihn die Gerichtsvorsitzende zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen befragte, wurde deutlich, dass der Beschuldigte in einem problematischen sozialen Milieu aufgewachsen war. Vom Stiefvater oft geprügelt, wurde er vom Jugendamt in verschiedenen Pflegefamilien und schließlich in einem Kinderheim untergebracht. Obwohl er 17 (!) Geschwister hat, hat er mit keinem einzigen und auch mit den Eltern keinerlei Kontakt, sondern lebt alleine.

In ihrer Urteilsbegründung wies die Richterin Ilona Conver darauf hin, dass es legale Wege gebe, um billig an ein gebrauchtes Rad zu kommen, und dass ein schwieriges Elternhaus keine Entschuldigung für strafrechtliches Fehlverhalten sei.