Das Amtsgericht in Haßfurt verurteilte einen 83-Jährigen wegen Nötigung zu einer geringen Geldstrafe.
Dass es zwischen den unter einem Dach lebenden Generationen Ärger und Verdruss gibt, ist gar nicht so selten. Aber dass eine solche Zwistigkeit zu einem strafrechtlichen Nachspiel führt, fällt doch etwas aus dem Rahmen. Am Freitag saß ein 83-jähriger Rentner auf der Anklagebank des Haßfurter Amtsgerichts. Weil er die Garagenausfahrt seines Schwiegersohnes blockiert hatte, wurde er wegen Nötigung zu einer kleinen Geldstrafe von zwölf Tagessätzen á 28 Euro, also zu insgesamt 336 Euro verurteilt.
Im Laufe der Verhandlung stellte sich heraus, dass die Familienverhältnisse bei dem Senior gegenüber seiner Tochter und deren Mann völlig zerrüttet sind. Der seit langem im Ruhestand befindliche Angeklagte lebt verwitwet in einer Einliegerwohnung des gemeinsam bewohnten Einfamilienhauses.
Zwischen den jungen Leuten und dem Rentner kommt es seit Jahren zu Knatsch und Reibereien. Am 3.
September letzten Jahres gab es wieder mal dicke Luft und die Situation eskalierte vollends, weil der Schwiegersohn die Polizei rief.
Am Abend zuvor, trug Ilker Özalp seitens der Staatsanwaltschaft vor, stellte der Angeklagte sein Auto so ungünstig vor der zu dem Anwesen gehörenden Garagenausfahrt ab, dass der Schwiegersohn mit seinem Wagen nicht herausfahren konnte. Zusätzlich versperrte er die Torausfahrt mit einem Fahrradschloss. Diese Aktion stritt der Ruheständler nicht ab, betonte aber mit Nachdruck, dass er die Vorgeschichte und die Hintergründe darstellen wolle.
Verbittert
So holte er weit aus und berichtete verbittert, dass man ihm vor geraumer Zeit den Strom zu seinem Elektroherd gekappt und seinen Telefonanschluss abgeklemmt habe. Schwiegersohn und Tochter hätten sich schamlos ihm gegenüber verhalten, behauptete er weiter.
"In zehn Jahren habe ich keine drei Löffel Wassersuppe von denen bekommen", beklagte er sich mit emotional aufgewühlter Stimme.
Immer wieder versuchten der Vertreter der Anklage sowie die Amtsrichterin Ilona Conver klarzumachen, dass für derartige Streitigkeiten das Zivil- und nicht das Strafgericht zuständig ist. Gegenstand des Strafverfahrens sei einzig und allein der Vorwurf der Nötigung.
Da die gesamte Immobilie mitsamt Garage und Tor bereits vor vielen Jahren an die Tochter und deren Mann überschrieben wurden, war klar, dass der Beschuldigte unrechtmäßig gehandelt und sich damit der Nötigung schuldig gemacht hatte. Zu der Verhandlung gegen den nicht vorbestraften Witwer war es nur gekommen, weil er gegen einen Strafbefehl von 20 Tagessätzen á 40 Euro Einspruch eingelegt hatte.
In seinem Plädoyer forderte Özalp erneut eine Geldstrafe in ähnlicher Höhe: 30 Tagessätze zu je 28 Euro.
Der Richterspruch lag mit lediglich zwölf Tagessätzen erheblich niedriger. Trotzdem betonte die Vorsitzende Richterin, dass der Rechtsstaat keine "Wildwest-Methoden" dulde, auch dann nicht, wenn das Verhältnis zwischen Familienmitgliedern "im Eimer" sei.
Ob der Verurteilte das, was er in seinem letzten Wort ankündigte, nämlich keine Geldstrafe zu akzeptieren, sondern die Tagessätze lieber im Knast abzusitzen, ob er das tatsächlich wahr macht, wird die Zukunft zeigen.