Am zweiten Verhandlungstag schwimmen dem angeklagten Asylbewerber und seinen Anwälten allmählich die Felle davon.
Der zweite Verhandlungstag wegen eines blutigen Vorfalls im April 2018 in der Sandstraße vor dem Schwurgericht am Landgericht gehörte ganz den Zeugen. Dabei zeigte sich, dass dem Angeklagten und seinen beiden Verteidigern langsam die Felle davonschwimmen. Besonders ein Zeuge, der aus Angst vor dem Angeklagten nur mit Kapuze und Sonnenbrille auftreten wollte, brachte Licht ins Dunkel.
Dass ein einfacher Zeuge nur mit Vermummung vor dem Vorsitzenden Richter Manfred Schmidt aussagen will: Solch skurrile Situationen sind eher selten am Landgericht. Frank H. (Name geändert) hat sich alle Mühe gegeben, nicht erkannt zu werden. Mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze und großer Sonnenbrille beantwortet er in weitschweifigen Sätzen die Fragen. Im Gegensatz zu seinem komischen Aufzug sind seine Angaben allesamt klar, auch wenn er die Geschehnisse mehrfach erzählt. War er doch der einzige nüchterne Zeuge in der Sandstraße am frühen Morgen des 22. April 2018.
Flasche als Tatwaffe
Der Leergutsammler aus Fürth war "dienstlich" in Bamberg unterwegs und hatte gerade die Flaschen auf seinem Fahrrad verstaut, als ihm der Angeklagte auffiel. "Er ist total laut und total wahnsinnig herumgetänzelt und versuchte sämtliche Leute mit dem Fuß zu treten. Einige hat er auch erwischt." Er habe gedacht, es handle sich nur um einen ortsüblich Betrunkenen. Dann aber habe er beobachtet, wie der Angeklagte eine Wein- oder Whiskyflasche aufgeschlagen habe und damit auf Robert D. losgegangen sei. "Er rief dann noch: Nur weil ich Araber bin, und schon hat es gescheppert." Offenbar habe Robert D. noch die Hand vor den Oberkörper bekommen. Auf jeden Fall "hat sofort das Blut gespritzt." Das fand sich dann auf dem Trümmerfeld, wie es ein Streifenpolizist nannte. Es sei ganz klar gewesen, wer der Angreifer gewesen sei. "Der andere stand ganz ruhig da." Erst nach der Attacke hätte der die Arme zur Abwehr gehoben.
Auch wenn der 32-jährige Asylbewerber aus dem Irak sich bislang vor dem Schwurgericht nicht äußern mochte, kamen doch Bruchstücke seiner Aussage bei der Polizei zur Sprache. Demnach soll ihn sein späteres Opfer Robert D. mit "Scheißasylanten, verpisst euch aus dem Land!" ausländerfeindlich beleidigt haben. Dann sei der Angeklagte ausgetickt.
Auch war die Rede davon, Robert D. habe ihn mit einer Glasscherbe in der Hand angegangen und zweimal mit der Faust zugeschlagen, wofür sich allerdings kein weiterer Zeuge fand. Wenn man von einem Landsmann des Angeklagten absieht, der nicht sprechen wollte, um sich nicht selbst in Schwierigkeiten zu bringen.
Schließlich hatte Oberstaatsanwalt Otto Heyder angekündigt, ein Verfahren wegen versuchter Strafvereitelung einzuleiten, wenn sich herausstellte, dass der 35-jährige Begleiter des Angeklagten falsch ausgesagt habe, um die Strafverfolgung und Verurteilung des irakischen Asylbewerbers zu hintertreiben. "Ihre Angaben bei der Polizei passen überhaupt nicht zu allen anderen Zeugenaussagen." Die schweren Schnittwunden Robert D.s erklärte der Angeklagte damit, dieser habe sich selbst verletzt.
Wie andere Zeugen angaben, wurde das blutverschmierte Hemd des Angeklagten zerrissen, als umstehende Nachtschwärmer ihn von weiteren Angriffen abwehren wollten. Dabei kam ein Stützkorsett zum Vorschein, anhand dessen der Iraker ebenso identifiziert werden konnte. Wenige Wochen zuvor war er wegen eines Bandscheibenvorfalls operiert worden.