Vorhang auf für die erste Premiere

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Pfarrer Len Clement (Rainer Dohlus) und seine Frau Griselda (Andrea Vießmann, rechts) mit Mrs. Price-Ridley (Hilde Volkmann) und Miss Marple (Sonja Bayer). Fotos: Dieter Hübner
Pfarrer Len Clement (Rainer Dohlus) und seine Frau Griselda (Andrea Vießmann, rechts) mit Mrs. Price-Ridley (Hilde Volkmann) und Miss Marple (Sonja Bayer). Fotos: Dieter Hübner
 
 
 

Miss Marple löst auf dem Wehlitzer Berg am Freitag ihren ersten Fall. Seit Februar wird in Trebgast geprobt.

Der Countdown läuft. Die Spannung bei den Aktiven steigt langsam an, denn am Freitag um 20.30 Uhr heißt es: Vorhang auf für die erste Premiere "Miss Marple - Mord im Pfarrhaus". Sonja Bayer, die als "Miss Marple" ihren ersten Fall lösen wird, spricht manchem Darsteller aus dem Herzen: "Jetzt wird es Zeit, dass ich endlich auf die Bühne komme", sagt sie und ist sichtlich ungeduldig. Auch heute noch, nach 15 Spieljahren auf der Naturbühne, kann sie ein gewisses Lampenfieber nicht verbergen. "Beim ersten Mal musste mich jemand richtig auf die Bühne schubsen, sonst wäre ich wieder ins Auto gestiegen und heimgefahren. So geschockt war ich von den 500 Leuten, die bereits bei der Generalprobe im Zuschauerraum saßen."
Patricia Wagner hat ebenfalls schon Bühnenerfahrung, Trotzdem bekennt sie vor der ersten Hauptprobe: Ich brauche jetzt ein Bier oder einen Sekt zur Beruhigung." Sie entscheidet sich dann aber doch für eine große Tasse Tee.
Das bewährte Ensemble wird immer wieder mal durch den einen oder die andere Neue ergänzt. Heidi Lehnert ist eine von den Neuen. Die Bambergerin absolvierte in München eine Schauspielausbildung mit besonderem Augenmerk auf Schauspiel, Regie und Sprecherziehung. Seit zehn Jahren arbeitet sie in diesen drei Bereichen freischaffend an verschiedenen Theatern bayernweit. Erfahrung mit Freilichtbühnen hat sie bereits. Unter anderem hat sie das "Theater im Gärtnerviertel" (TiG) in Bamberg mit gegründet, bei dem sie sowohl auf, als auch hinter der Bühne als Ensemblemitglied agiert. Bei der Landesbühne Oberfranken, dem "Fränkischen Theatersommer", inszeniert sie in diesem Jahr die Komödie "Verlorene Liebesmüh" von William Shakespeare.
"Das Schöne dabei ist: Wenn ich von der Schauspielerei mal genug habe, wechsle ich mal wieder, wie hier in Trebgast, in die Beobachterrolle. Dann wird es auch nicht langweilig." Wie sie nach Trebgast kam? Im Kollegenkreis habe man auch einmal über die Naturbühne gesprochen. "Da habe ich einfach mal eine Bewerbung abgeschickt, wurde eingeladen, und es hat gleich gefunkt." Auch für die Schauspielerinnen und Schauspieler bedeutet jeder neue Regisseur und jede neue Regisseurin eine Umstellung. Bei Heidi Lehnert mussten sie sich an gruppendynamische Atem-, Bewegungs- und Sprechübungen gewöhnen. Jeder hat eben so seine eigene Methode, die Truppe auf Betriebstemperatur und in Form zu bringen.
Die Vorbereitungen zu diesem Stück litten unter männlichem Personalmangel. Mit einem Hilferuf in der Bayerischen Rundschau ist es gelungen, zwei bis zum Probenbeginn vakante Stellen zu besetzen. Für Fabian Bütterich aus Kulmbach, der in der Schule schon mal Theater gespielt hatte, war es gleich klar: Da mache ich mit. Er hat es nicht bereut. "Die Truppe ist super. Ich kann mir gut vorstellen, nächstes Jahr wieder dabei zu sein."
Walter Lattner dagegen, ebenfalls aus Kulmbach, stieß auf Umwegen zum Ensemble. Seine Tochter hatte ihn einfach in Trebgast angemeldet. Mit Theater hatte Walter Lattner bisher noch nichts am Hut. "Aber es macht richtig Spaß." Seine Bedenken, ob er denn als Neuling gleich ernst genommen wird, waren völlig unbegründet. "Das war überhaupt kein Thema. Die ganze Mannschaft harmoniert prima zusammen.
Agatha Christie zählt zu den erfolgreichsten Autorinnen der Literaturgeschichte. Die ursprüngliche Fassung von "Mord im Pfarrhaus" stammt aus dem Anfang der 1930er und wurde 1952 erstmals in Deutschland veröffentlicht. Deshalb waren sich Regisseurin und Köstümbildner Wolfram Müller-Broeder beim ersten Treffen gleich einig, die Handlung in den 50er-Jahren anzusiedeln. Petticoats, bequeme, weite, romantische Kleider, und noch aus den 40ern entlehnte Knickerbocker, beherrschen die Szene. Heidi Lehnert hat einige Passagen überarbeitet und ist überzeugt, eine schöne Mischung gefunden zu haben, in der neben spannungsgeladenen, auch immer wieder komische Elemente Platz finden. "Dass man immer wieder schmunzeln und lachen kann, macht ja auch das Grundlegende bei Miss Marple aus.
Das Publikum erwartet feiner, subtiler Humor, "der zwischendurch auch mal etwas abdreht", wie es die Regisseurin ausdrückt. In der ländlichen Idylle Englands - wo hatten die bloß ihr fränkisches Au-pair-Mädchen her? - wird eine noch heile Welt vorgespielt. Aber der Schein trügt. Jeder beobachtet Jeden, ist neidisch und missgünstig. Überall wird an dieser vermeintlich heilen Welt gekratzt. Überall und mittendrin agiert Miss Marple, die von ihrem, neben dem Pfarrhaus gelegenen, Garten aus alles hört und sieht, weit über ihren weißen Gartenzaun hinaus.