Teile und Stoffe im Griff haben

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Jede angelieferte Rolle Stoff wird auf Leuchttischen noch einmal auf Fehler im Material geprüft.
Jede angelieferte Rolle Stoff wird auf Leuchttischen noch einmal auf Fehler im Material geprüft.
Oskar Jung
Oskar Jung
 
Zellner fertigt auch Metallteile in kleinen Serien. Foto: Zellner
Zellner fertigt auch Metallteile in kleinen Serien. Foto: Zellner
 

Die Firma Zellner in Michelau hat vom Förderprogramm "Bayern Digital" profitiert. Ein Blick ins Unternehmen zeigt, warum die digitalisierte Logistik so wichtig für den Erfolg ist.

Tobias Kindermann

Für die Ur-Großmutter von Oscar Jung war die Logistik noch ein einfaches Thema: Sie hatte ein Motorrad, um zu ihren Kunden zu kommen. Marga Zellner war nach dem Krieg die Erste, die ein motorisiertes Zweirad in der Gemeinde besaß. Damit war sie unterwegs bis in den Frankenwald, um ihre Kunden zu besuchen. Sie hatte eine Handelsagentur für Tischdecken und Unterwäsche gegründet. Wenn man will, ist die Firma Zellner im übertragenen Sinne zu den damaligen Wurzeln zurückgekehrt - nur ist das heute wesentlich komplexer als damals - und ohne stark digitalisierte Logistik ginge nichts mehr.
Es blieb nicht lange bei den Verkaufsfahrten der Urgroßmutter: In den 50er Jahren zog man in die Ortsmitte, um mit einer Weberei eine Eigenproduktion aufzuziehen. 1972 siedelte Zellner ins Industriegebiet um, baute aus, ein Fertigungsbetrieb für Metallteile für Möbel war schon 1963 entstanden - und existiert als Musterbau und Kleinserienhersteller heute in Kaltenbrunn im Itzgrund mit rund 70 Beschäftigten immer noch.
14 000 Quadratmeter Betriebs-Fläche gibt es in Michelau - nur stehen hier keine Webstühle mehr. 2009 gab Zellner seine Maschinen zu Kooperationspartnern - womit man Synergieeffekte nutzt und sie unter anderem besser auslasten kann.
Somit hat man sich auf die Belieferung von Betrieben aus seinem umfangreichen Sortiment spezialisiert, vom Handwerksbetrieb bis zum exklusiven Möbelhersteller. Diese greifen auch auf das Angebot von Zellner-Metallteilen zurück, die aus Kaltenbrunn in kleinen Serien geliefert werden.
"Wir haben verhältnismäßig kurze Reaktionszeiten und können relativ geringe Mindestmengen liefern", sagt technische Leiter des Unternehmens. Die Verwaltung der Formenmuster für den Metallbau ist sehr aufwändig - und reicht hinein bis in die Materialkontrolle im Rohwarenlager hinein. "Wir haben schon vor vielen Jahren ein Warenwirtschaftssystem implementiert."
Jetzt stand eine Erneuerung an: "Da kam der Bonus von Bayern Digital genau zum richtigen Zeitpunkt." Jetzt ist alles miteinander vernetzt - bis hin zur Personalverwaltung.
"Wir haben nun kürzere Reaktionszeiten und können die komplexen Zusammenhänge in der Warenwirtschaft wie in der Buchhaltung besser erfassen." Vor kurzem wurden die ersten neun Förderbescheide für oberfränkische Betriebe in Kloster Banz übergeben.


Mit Michelau gleichgezogen

Das war eine Investition von rund 50 000 Euro, Zellner konnte die Maximalförderung von 10 000 Euro in Anspruch nehmen. "Vor fünf Jahren haben wir das hier in Michelau gemacht. Beim Thema Textil ist das ja noch einmal umfangreicher. Da gibt es pro Stoff oft sieben oder mehr Farben."
In Michelau lagern heute 280 000 Meter Möbelbezugsstoffe, genug für 280 000 Stühle. Dazu kommen 30 000 Meter an technischen Textilien.
Die großen Möbelhersteller kaufen - begingt durch den großen Preisdruck - inzwischen selber ihre Stoffe containerweise in Fernost ein, sagt Jung. Deshalb hat man sich auf Polsterer und Kleinserien-Produzenten spezialisiert, die geringe Mengen abnehmen und im höherpreisigen Segment tätig sind.
Zellner hat dafür Ständer mit Musterproben konfektioniert, die der Kunde erwerben kann. Über den Umsatz bekommt er eine Rückvergütung, so dass sich der Ständer von selber finanziert.
"Das funktioniert über kürzeste Zeit und ist ein System, das gut angenommen wird. Wenn der Kunde bestellt, muss er den Stoff innerhalb von 24 Stunden haben. Das ist unser Anspruch." Deutschland, Österreich, Skandinavien, Südtirol werden beliefert, mehrere hundert Kunden. 14 Personen arbeiten dafür in Michelau.
Oskar Jung ist froh, dass nun auch der Betrieb in Kaltenbrunn beim Stand der digitalen Technik nachziehen konnte. Denn er ist ein wichtiges Standbein: 60 Prozent des Umsatzes werden dort erwirtschaftet.