Die Caritas im Landkreis hat eine Anlaufstelle für Jugendliche eingerichtet. Hauptgeldgeber ist die "Aktion Mensch".
Kreis Haßberge — Suchtberatung, das gehört für die Caritas im Landkreis Haßberge seit Jahren zum Repertoire ihrer Beratungsangebote. Finanziert wird das Beratungsangebot allerdings nur für Erwachsene. Weil aber nicht nur die Psychosoziale Beratungsstelle, sondern auch die Schulsozialarbeiter und die Sozialarbeiter im Jugendamt einen Bedarf auch für eine Jugendsuchtberatung sahen, bemühten sich die Verantwortlichen im Kreis-Caritasverband um ein solches Angebot. Am 1. April nun ist es angelaufen.
Sozialpädagogin MA Dorothea Walter kann dank einer Finanzierungszusage der "Aktion Mensch" vier Jahre lang Kinder und Jugendliche begleiten, die entweder Suchtmittel konsumieren, aus der Sucht aussteigen möchten, straffällig wurden oder von Suchtverhalten in der Familie betroffen sind. Nach den ersten Wochen traf sich diese Redaktion mit der Sozialpädagogin zum Gespräch über ihre neue Aufgabe.
An der falschen Adresse
Dorothea Walter stammt aus Franken, nach ihrem Master arbeitete sie in der Kinder- und Jugendhilfe und in der Jugendsuchtberatung in Paderborn in Nordrhein-Westfalen. Im Gegensatz zu Bayern gibt es dort diese Beratung flächendeckend. "Bei uns wird gerne argumentiert, das könne alles in der Erziehungsberatung bearbeitet werden", erklärt Anke Schäflein, "aber bringen Sie mal einen 17-Jährigen in die Erziehungsberatung. Und schließlich geht es nicht um Erziehung", ergänzt sie. Mangels eigener Angebote landeten dann oftmals junge Menschen in der ohnehin überlasteten Kinder- und Jugendpsychiatrie, wo sie ebenfalls nicht hingehören.
Die Geschäftsführerin des Kreis-Caritasverbandes und ihr Stellvertreter Georg Wagner arbeiteten intensiv für die Finanzierung der neuen Beratungsstelle. "Die Zahlen von der Polizei, die Erfahrungen des Allgemeinen Sozialen Dienstes im Jugendamt und der Schulsozialarbeit sprechen für sich", sagt sie, doch politisch sei derzeit die Jugendsuchtberatung nicht zu organisieren. "Es gibt eine in Würzburg und eine Nürnberg, aber die sind aus besonderen Initiativen entstanden. Das ist es dann aber auch schon ziemlich für Bayern", bedauert sie.
Dass diese Stelle im reichen Bayern fehlt, musste sie ausführlich belegen, denn bei der "Aktion Mensch" wird genau darauf geschaut, wofür die Spendengelder ausgegeben werden.
Die Geldgeber
Nun ist es also gelungen. 193 000 Euro stellt die "Aktion Mensch" über vier Jahre verteilt zur Verfügung, die Caritas-Stiftung Würzburg beteiligt sich mit 30 000 Euro und der Kreiscaritasverband übernimmt den Rest, "von dem wir noch nicht genau wissen, wie groß er sein wird", so Schäflein. Ein Anteil ist schon mal das Büro für Dorothea Walter. Die Beratungsstelle wird in wenigen Wochen in das Haus St. Bruno umziehen, derzeit befindet sie sich noch in der Unteren Hauptstraße in Haßfurt. Hier erläuterte Walter gemeinsam mit ihrem "Chef" Andreas Waldenmeier im Pressegespräch die Problemlagen, in denen sie Ansprechpartner sein will. Viele der Jugendlichen kommen nicht aus eigenem Antrieb in eine solche Beratungsstelle, sondern weil ein Richter sie schickt. "Die haben aber eine hohe Motivation mitzumachen, weil sie damit einer Strafe entgehen können", so Walter.
Ihre erste Aufgabe sieht sie darin, mit ihren Klienten ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und die Vorgeschichte zu ergründen. Das Thema Sucht, seine Bewältigung oder wenigstens Beherrschung, kommt eigentlich erst später. Aus den Einzelgesprächen sehe man dann, ob sich eine Gruppenarbeit anbietet. So gibt es beispielsweise die Gruppe "Bin mal kurz weg".Zunächst müsse man bei den Konsumenten oft das Problembewusstsein wecken. "Erst mal beschert die Substanz den jungen Leuten ja ein Wohlgefühl, das sie dann immer wieder erleben möchten", so Waldenmeier. Dass beispielsweise Cannabis gerade bei Jugendlichen den Hirnstoffwechsel komplett verändert und der Konsum sehr viel folgenschwerer ist als bei Erwachsenen, das werde gerne ignoriert. Und der Joint habe auch nichts mit dem Cannabis zu tun, um dessen Legalisierung als Schmerzmittel derzeit diskutiert wird, erklärt der Fachmann.