Wenn einer eine Reise macht, kann er viel berichten. Wenn man allerdings – wie Adrian Roßner – nicht dabei war und es auch schon recht lange her ist, ...
Wenn einer eine Reise macht, kann er viel berichten. Wenn man allerdings – wie Adrian Roßner – nicht dabei war und es auch schon recht lange her ist, muss man gewaltig nachrecherchieren. Der Historiker war mit seinem Vortrag „Aus der Heimat in die Neue Welt“ beim Kulturverein und der VHS Geroldsgrün zu Gast. Er erzählte dabei, wie die Auswanderungswelle Mitte des 19. Jahrhunderts vom Frankenwald und der Oberpfalz nach Amerika vonstatten ging.
Roßner beschäftigte sich dabei vor allem mit den Gründen für die Auswanderung. Viele suchten damals ihr Glück in Amerika, jenem Land, das bis heute die Sehnsucht nach Weite und Freiheit verkörpert wie kaum ein anderes auf dieser Welt. Doch wenngleich die Auswanderung mittlerweile nicht viel mehr als ein bloßes Freizeit-Abenteuer geworden ist, bei dem nicht selten gar Fernsehsender die ersten Schritte der Neuankömmlinge in ihrer neuen Heimat begleiten, waren es vor gut 150 Jahren einschneidende, teils gar überlebensnotwendige Entscheidungen, die die Menschen über den Atlantik trieben.
Die Frage, welche Gründe genau vorliegen mussten, um die angestammte Heimat – meist mitsamt der ganzen Familie – zu verlassen, beschäftigt die Geschichtsforschung bereits seit einigen Jahrzehnten. Und dennoch ist es nach wie vor unmöglich, den einen Moment herauszustellen, der den Ausschlag für tausende Menschen gab, gen Westen zu ziehen.
Im zweiten Teil ging Roßner auf die lange Übersiedlung ein. So siedelten um 1850 rund 3180 und um 1880 weitere 1417 Bürger nach Amerika über. So war es nicht überraschend, dass die meisten aus den Berufen der Landwirtschaft oder der textilverarbeitenden Industrie kamen. Da die hiesige Gegend im 19. Jahrhundert eine stark landwirtschaftlich geprägte Struktur aufwies, liegt es auf der Hand, allen voran für den Bauernstand negative Entwicklungen als Grund für die Auswanderung zu sehen, wobei verständlicherweise wetterbedingte Katastrophen in den Fokus rücken.
Die Kartoffeln verfaulten
Insbesondere ein Datum, das „Jahr ohne Sommer“, drängt sich in diesem Zusammenhang als mögliche Ursache für den rasanten Anstieg der Auswanderung aus Franken auf. 1816 brach der indonesische Vulkan Tambora aus und schleuderte Aschepartikel in die Atmosphäre, die einen Effekt ähnlich einer Haus-Isolierung hatten: Sie hielten die UV-Strahlen der Sonne zurück, sodass die Temperaturen auf der Erde um circa drei bis vier Grad Celsius sanken. Allen voran langanhaltende Regenfälle trugen dazu bei, dass die Kartoffeln – seit dem 17. Jahrhundert zum Grundnahrungsmittel der Bevölkerung avanciert – auf den Feldern verfaulten, was eine Hungerkrise unbekannten Ausmaßes mit sich brachte. Die Realteilung der meist sowieso kleinen Höfe mag zumindest teilweise dazu beigetragen haben, den Auswanderungswunsch zu bestärken.