Drogendealer standen vor dem Haßfurter Schöffengericht. Junge Käufer und Verkäufer von Rauschgift müssen ein Wochenende in den Arrest. Beim "Ameisenhandel" war es jeweils um wenige Gramm Rauschgift gegangen.
Nacheinander saßen ein Student (23) und ein 20-jähriger Arbeitsloser auf der Anklagebank. Der angehende Akademiker hatte dem Arbeitssuchenden 79 Gramm Marihuana für 950 Euro verkauft. Das Urteil des Schöffengerichts: Beide müssen für ein Wochenende einen so genannten Freizeitarrest absitzen und im Laufe des nächsten halben Jahres 60 Sozialstunden auf Weisung des Jugendamtes ableisten.
Der von Staatsanwalt Ralf Hofmann vorgetragene Tatvorwurf datiert vom 6. Oktober 2013. Damals trafen sich die beiden in der Flughafenstraße von Haßfurt, um das Geschäft miteinander abzuwickeln. In den darauffolgenden Wochen "verdealte" der inzwischen in Schweinfurt lebende Arbeitslose den Stoff an einige Dutzend Endverbraucher.
Bei diesem "Ameisenhandel", wie es im Fachjargon heißt, ging es jeweils um wenige Gramm Rauschgift.
Deal war nicht nachweisbar
Der größte Brocken in der Anklageschrift konnte den jungen Männern nicht nachgewiesen werden. Am 8. Dezember 2013 sollen 152 Gramm Cannabis für 1830 Euro übergeben worden sein. Ob es sich dabei nur um eine beabsichtigte Transaktion handelte oder ob der Deal tatsächlich zustande kam, blieb offen. Deshalb ließen die Juristen diesen schwerwiegenden Anklagepunkt fallen.
Als Zeuge schilderte ein Beamter der Kripo Schweinfurt, wie man den Burschen auf die Schliche gekommen war. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Auswertung der Daten, die sich auf dem Handy des arbeitslosen Kleindealers befanden.
Anhand von 35 000 Chat-Nachrichten ermittelten die Drogenspezialisten 44 Abnehmer. Meistens wurde ein spezieller Geheimcode verwendet.
"500 Liter Wasser verdünnen" etwa bedeutete so viel wie "der angebotene Stoff kostet 500 Euro."
Bei den beiden nicht vorbestraften Angeklagten handelt es sich um keine geistig zurückgebliebenen Versager, die schulisch und beruflich nichts zustande bringen.
Ganz im Gegenteil: Jugendgerichtshelfer Franz Heinrich erklärte, dass beide ein beachtliches intellektuelles Potenzial hätten. Nach seinem Abitur studierte der Student einige Semester Landwirtschaft in Triesdorf, seit kurzem hat er an der Hochschule in Bernburg (Sachsen-Anhalt) auf Ökotrophologie (Ernährungswissenschaft) umgesattelt. Immerhin hat auch der zweite Angeklagte seine Mittlere Reife geschafft, tut sich aber schwer damit, die passende berufliche Richtung zu finden.
In seinem Plädoyer forderte der Ankläger, zumindest den Studenten - bei dem er keine Reiferückstände erkennen konnte - nach dem wesentlich schärferen Erwachsenenstrafrecht zu einer Geldstrafe
von 130 Tagessätzen zu je 25 Euro, also zu insgesamt 3250 Euro, zu verurteilen. Der Pflichtverteidiger Maximilian Glabasnia argumentierte dagegen, dass die "Tatwurzeln" in familiären Problemen zu finden seien und beantragte Jugendrecht. In seinem rechtskräftigen Urteil schloss sich das Schöffengericht unter Vorsitz des Jugendrichters Martin Kober dieser Auffassung des Rechtsanwaltes an.