Konstantin Wecker las im Rahmen seiner Tour "Poesie und Widerstand" aus seinem literarischen Werk rund um Mystik und Rebellion. Doch auch Selbsthumor und Gesangseinlagen kamen nicht zu kurz.
"Jeder Mensch hat etwas zu erzählen, ob er berühmt ist oder nicht, ob er melancholisch ist oder ein Draufgänger" - so eröffnete der Liedermacher und Autor Konstantin Wecker den Sonntagabend im Bräustübl Loffeld im Rahmen seiner Tour "Poesie und Widerstand". Die Kulturreihe "Kunst im Brauereisaal" zog auch an diesem Abend viele Besucher an, jeder Platz im Saal war schon Stunden vor Beginn besetzt.
"Wir alle drehen am Rad der Geschichte. Wir sind alle an dem beteiligt, was in der Welt geschieht", so gaben die ersten Seiten seiner Autobiografie "Das ganze schrecklich schöne Leben" den Ton seines Schaffens an. Der Aufruf zu mehr Selbstwertgefühl begleitet durch den ganzen Abend. Doch auch die Portion Selbsthumor, für die Konstantin Wecker bekannt ist, fehlte nicht: "Eigentlich sind alle meine Texte schon klüger als ich gewesen", schmunzelte er.
Selbsthumor und Mystik
1947 in München geboren blickte er auf seine Kindheit und Jugendzeit zurück, dabei reflektierte er diese zwangsweise aus heutiger Sicht und bezog aber immer die Sichten damaliger Weggefährten mit ein. Es ging um Abenteuer des jungen Konstantin Wecker auf der Isar, frühe Schauspielerfahrungen in einer Garage oder um kurze Gefängnisaufenthalte, die ihn in vielerlei Hinsicht geprägt haben. Auch der Tag, an dem er mit zwölf Jahren zum ersten Mal - trotz eines wunderbaren Elternhauses - von zu Hause ausgezogen sei, kam zur Sprache. Ungeschönt berichtete er von Phasen seines Lebens, die er vollends im Nirvana verbracht habe, von Gedanken, die einen denken statt die Oberhand über sie zu haben. Offen sprach er auch seinen damaligen Drogenkonsum an, über den er selbst einst ebenso viel geschrieben habe wie die Presse, erst um sich zu rechtfertigen, später um sich zu entschuldigen, wie er sagte: "Aber hätte man es anders gemacht, hätte man die Erkenntnis nicht erlangt, dass es vergeudete Zeit gewesen war. [...] Es geht nicht darum, die Vergangenheit zu betrauern, sondern sie in der Gegenwart realistisch zu betrachten."
Immer wieder wird es beinahe mystisch. Als er beginnt aus seinem Werk "Auf der Suche nach dem Wunderbaren: Poesie ist Widerstand" zu lesen, legt sich Stille über den Brauereisaal. "Poesie lehrt uns, dass Worte nur Symbole sind", führte er ein. Jeder Mensch assoziiere mit einem Wort eigene Dinge und eine ganz eigene Geschichte damit, mit anderen kann man sich so nur vage verständigen.
Worte wandeln sich
Auch der Blick auf gleiche Worte zu verschiedenen Zeiten ändere sich im Laufe eines Menschenlebens: "Worte wandeln sich, wenn wir uns wandeln." Er möchte zum Nachdenken und Reflektieren anregen, zur Rebellion, nicht alles hinzunehmen und mutig zu sein. In einem Nachwort ging er zudem auf seine Inspiration ein: zwei Maulbeerbäume vor dem Fenster seines Arbeitszimmers in der Toskana, wo er die meiste Zeit seines Lebens verbringe. Zu diesen fast 300 Jahre alten Bäumen habe er eine ganz besondere Verbindung. Auch diesen Abschnitt rundete ein Sprechgesang ab, eindringlich und zur Spiritualität anregend.
Lächeln aus der Tiefe des Herzens
Welchen Auftrag er an diesem Abend seinen Zuschauern gab, klingt zunächst simpel: "Ein Lächeln aus der Tiefe des Herzens für alle, das sie erhebt und umarmt. Das geht nicht immer, aber es wäre doch wert, es zu versuchen." Zum Abschluss signierte der Autor und Liedermacher selbstverständlich noch seine Bücher und lud zum Gespräch ein - ganz ungezwungen, duzend und persönlich. "Der Abend war persönlich und sehr intim. Wir haben wie im Wirtshaus zusammen gesessen und haben uns etwas erzählt", beurteilt Konstantin Wecker selbst diese Lesung.
Wecker ist Oberfranken nicht unbekannt. Durch seine Auftritte bei "Songs an einem Sommerabend" oder in Schloss Eyrichshof ist er auch in der Gegend präsent. "Ich besuche viele Konzerte von Konstantin Wecker, aber es ist meine erste Lesung. Ich mag ihn, weil er zum Nachdenken anregt und spirituell ist. Aber es ist auch ein Rebell, genau das braucht unsere Zeit", so Gabriele Seyferth aus Coburg.